Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
mich. Ungefähr um zwölf Uhr erfuhren wir die schreckliche Nachricht. Oh, Mr Holmes, er ist tot, aber wenn Sie nun doch wenigstens seine Ehre retten könnten! Seine Ehre ging ihm über alles.«
    Holmes schüttelte traurig den Kopf.
    »Kommen Sie, Watson«, sagte er. »Unsere Aufgabe liegt anderswo. Unsere nächste Station ist jetzt das Büro, aus dem die Zeichnungen entwendet worden sind.«
    »Es sah vorher schon schlimm genug aus für den jungen Mann, aber was wir inzwischen gehört haben, macht es noch schlimmer«, bemerkte er, als die Droschke mit uns fortrollte. »Seine beabsichtigte Verheiratung gibt ein Motiv für das Verbrechen. Er brauchte natürlich Geld. Der Gedanke saß ihm im Kopf, seit er davon sprach. Er machte das Mädchen beinahe zu seiner Helfershelferin bei dem schlechten Streich, indem er ihr von seinem Plan sprach. Es sieht alles sehr übel aus.«
    »Gewiss, Holmes, aber Charakter zähle ich auch unter die Tatsachen, und zwar unter die sichersten. Dann bitte, weshalb sollte er das Mädchen auf der Straße stehen lassen, von ihr weglaufen, um ein solches Verbrechen zu begehen?«
    »Ganz richtig! Man kann gewiss allerlei Einwendungen machen, aber sie wiegen leicht gegen die schweren Verdachtsmomente.«
    Mr Sidney Johnson, der Bürovorsteher, empfing uns mit jener Ehrerbietung, die meines Freundes Besuchskarte überall auslöste. Er war ein magerer, kurzangebundener Mann von mittlerem Alter mit einer goldenen Brille und etwas eingefallenen Backen. Seine Hände zuckten vor Erregung; dass der Vorfall gerade in seinem Büro passierte, hatte ihn sehr nahe berührt.
    »Eine schlimme Geschichte, Mr Holmes, eine ganz schlimme Geschichte! Haben Sie schon den Tod unseres Chefs vernommen?«
    »Wir kommen eben von seinem Haus.«
    »Das ganze Büro ist aus dem Leim. Der Chef tot, Cadogan West tot, irgendwo sind Nachschlüssel vorhanden, und unsere Zeichnungen sind gestohlen. Als wir unsere Türen am Montagabend schlossen, waren wir noch ein so tadelloses Büro, wie irgendeines im königlichen Dienst. O Gott, es ist so schrecklich, daran zu denken. Und dass gerade West von allen Menschen solch eine Tat begangen haben soll!«
    »Sie sind also auch überzeugt von seiner Schuld?«
    »Ich kann nicht anders, es spricht ja alles gegen ihn. Und doch würde ich ihm ebenso vertraut haben wie mir selbst.«
    »Wann wurde das Büro am Montag geschlossen?«
    »Um fünf Uhr.«
    »Haben Sie es geschlossen?«
    »Ich gehe immer als Letzter fort.«
    »Wo waren die Zeichnungen?«
    »In diesem Stahlschrank. Ich habe sie selbst dort eingeschlossen.«
    »Haben Sie keinen Nachtwächter im Haus?«
    »Doch, natürlich, aber er hat das ganze Gebäude und nicht nur unsere Abteilung zu überwachen. Er ist ein alter Soldat und ein absolut zuverlässiger Mann. Er hat nichts Verdächtiges in der bewussten Zeit bemerkt. Aber freilich – der Nebel war sehr dick.«
    »Angenommen, Cadogan West wollte nach Büroschluss in das Gebäude eindringen, würde er also drei Schlüssel benötigt haben, ehe er die Zeichnungen greifen konnte?«
    »Jawohl, den Schlüssel zu der äußeren Tür, den Schlüssel zum Büro und den Schlüssel zu dem Stahlschrank.«
    »Nur Sir James Walter und Sie besaßen diese drei Schlüssel? War Sir James ein Mann von Ordnung und Pünktlichkeit?«
    »Meines Wissens ja. Ich habe es nie anders gesehen, als dass er diese drei Schlüssel an einem Ring beisammen hatte.«
    »Und diesen Ring trug er stets bei sich?«
    »So sagte er wenigstens.«
    »Und Ihr Schlüssel kam nie aus Ihrer Hand?«
    »Niemals!«
    »Dann muss West, wenn er der Schuldige ist, einen Nachschlüssel gehabt haben. Man hat aber keinen bei ihm gefunden. Noch eine andere Frage: Wenn ein Beamter in diesem Büro die Absicht hatte, die Pläne zu verkaufen, wäre es da nicht einfacher gewesen, die Zeichnungen heimlich zu kopieren, statt die Originale mitzunehmen, wie das tatsächlich geschah?«
    »Man brauchte weitgehende technische Kenntnisse, um die Zeichnungen genau zu kopieren.«
    »Aber ich darf wohl annehmen, dass entweder Sir James oder Sie oder West über die technischen Kenntnisse verfügten.«
    »Allerdings, das ist richtig, aber ich bitte Sie sehr, Mr Holmes, unterlassen Sie es, mich in diese Sache hineinzuziehen. Was soll es für einen Zweck haben, solch theoretische Spekulationen anzustellen, wenn die Originalzeichnungen in Wests Taschen gefunden wurden?«
    »Nun, es ist jedenfalls eigentümlich, dass er es gewagt haben sollte, die Originale mitzunehmen,

Weitere Kostenlose Bücher