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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Bahnkörper gelangt war.«
    »Konnte er nicht auch von einem der vielen Brückenstege auf den Zug gefallen sein?«
    »Nach meiner Ansicht ist das unmöglich. Wenn Sie sich solch ein Wagendach ansehen, werden Sie finden, dass es leicht gewölbt ist. Wäre der Leichnam von einem Brückensteg auf das Dach gefallen, wäre er mit tausend Wahrscheinlichkeiten gegen eine sofort abgerutscht und zu Boden gefallen, deshalb können wir als sicher annehmen, dass irgendjemand Cadogan West tot auf das Dach gelegt hat.«
    »Aber wie soll das vor sich gegangen sein?«
    »Das ist natürlich die Frage, die ich mir zuerst zu beantworten hatte. Es gibt da nur eine Möglichkeit. Die Untergrundbahn fährt meistens in Tunneln mit Ausnahme von einigen Strecken im Westend. Ich erinnerte mich dunkel, dass ich bei gelegentlichen Fahrten schon beobachtet hatte, dass die Fenster der Häuser dort sich fast in der Höhe der Wagendächer befanden. Nun stellen Sie sich vor, ein Zug hält unter einem solchen Fenster – wäre es da nicht ganz einfach und leicht, den toten Mann auf ein Wagendach zu schieben?«
    »Die Einfachheit leuchtet mir nicht ohne Weiteres ein.«
    »Wir müssen auf den alten Lehrsatz zurückkommen, dass, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind, diejenigen, die bei aller Unwahrscheinlichkeit noch übrig bleiben, die Wahrheit enthalten. Hier sind alle anderen Möglichkeiten erschöpft. Als ich nun herausfand, dass einer der Spione, der eben erst London verlassen hat, in einer Straße wohnte, die hart an der Untergrundbahn liegt, war ich so erfreut darüber, dass Sie über meine plötzliche Lustigkeit erstaunten.«
    »Oh, deshalb waren Sie so ausgelassen!«
    »Ja, mein Lieber! Mr Hugo Oberstein, Caulfield Estates Nr. 13, war mein Mann. Ich begann meine Operationen in Gloucester Street Station, wo ein sehr hilfsbeflissener Beamter mit mir die Strecke ablief und mir nicht nur die Feststellung gestattete, dass die Rückfenster der Häuser in den Caulfield Estates auf die Bahnlinie hinausgehen, sondern mir auch noch die wichtige Tatsache mitteilte, dass infolge einer Kreuzung mit einer Hauptlinie hier die Untergrundzüge häufig für mehrere Minuten festgehalten werden.«
    »Glänzend, Holmes, Sie haben die Lösung des Rätsels gefunden.«
    »Noch nicht ganz, Watson, noch nicht ganz. Wir kommen vorwärts, aber das Ziel ist noch weit. Gut, nachdem ich also die Rückseite der Caulfield-Häuser gesehen hatte, besah ich sie mir auch von der Vorderseite und stellte fest, dass der Vogel in der Tat ausgeflogen war. Nummer 13 ist ein ziemlich großes Haus, die oberen Zimmer unmöbliert, soweit ich beurteilen kann. Oberstein lebte dort nur mit einem alten Diener, der wahrscheinlich ein vertrauter Helfershelfer war. Wir müssen im Auge behalten, dass Oberstein nur deshalb England verlassen hat, um seine Beute in Sicherheit zu bringen, aber keineswegs, um London für immer zu verlassen, zu einer Flucht lag für ihn keinerlei Anlass vor, und der Gedanke eines Amateureinbruchs in sein Haus ist ihm wahrscheinlich nie gekommen. Und gerade das ist es, was wir jetzt ins Werk setzen werden.«
    »Könnten wir nicht einen Haftbefehl erwirken und unser Vorgehen mit dem Gesetz in Einklang bringen?«
    »Das dürfte kaum möglich sein auf meine schwer zu beweisenden Angaben hin.«
    »Was versprechen Sie sich denn von dem Einbruch?«
    »Wir können gar nicht wissen, was für einen aufschlussreichen, wichtigen Briefwechsel wir dort zum Beispiel finden können.«
    »Die Sache gefällt mir nicht recht, Holmes.«
    »Mein bester Watson, Sie sollen ja auch nur Schmiere stehen, das eigentlich kriminelle Handwerk mit Stemmeisen und Schraubenzieher besorge ich. Denken Sie auch bitte an Mycrofts Brief, an die Admiralität, an das Kabinett, an die aufgeregte hochstehende Person, die auf Nachrichten von uns warten. Es ist jetzt wirklich nicht an der Zeit, sich durch legale Zwirnsfäden aufhalten zu lassen. Wir müssen auf unser eigenes Risiko und unsere guten Gewissen hin handeln.«
    Statt einer Antwort erhob ich mich.
    »Sie haben recht, Holmes, verzeihen Sie mir meine kleinen Bedenklichkeiten, wo es sich um eine so große Sache handelt.«
    Wortlos drückte mir Holmes die Hand.
    »Ich wusste, Sie würden nicht kneifen, wenn es darauf ankommt«, sagte er auf der Straße, und in seinen Augen sah ich etwas, das nur ganz selten dort zu sehen war: den Ausdruck eines herzlichen Gefühls. Im nächsten Augenblick aber schon war er wieder ganz der gewohnte nur aus

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