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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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still und regungslos da, die Augen halb geschlossen, aber mit allen Sinnen wach. Mit einer ruckartigen Bewegung hob er plötzlich den Kopf.
    »Er kommt«, sagte er leise.
    Ein verstohlener Schritt ging an der Haustür vorüber. Nun kam er zurück. Wir hörten zwei laute Schläge mit dem Türklopfer. Holmes stand auf und machte uns ein Zeichen, sitzen zu bleiben. Die Gasflamme im Flur war heruntergedreht und brannte fast nur wie ein Pünktchen. Er öffnete die Haustür, ließ den Fremden eintreten und schloss die Tür hinter ihm gleich wieder ab. »Hier, bitte«, hörten wir ihn sagen, und einen Augenblick später stand der Mann vor uns. Holmes war ihm dicht gefolgt, und als der andere mit einem Schrei des Staunens und Schreckens kehrtmachen wollte, fasste Holmes ihn am Kragen und stieß ihn wieder in das Zimmer hinein. Noch ehe unser Gefangener sein Gleichgewicht wieder hatte, hatte Holmes auch diese Tür abgeschlossen. Jetzt stand er mit dem Rücken vor ihr. Der Fremde sah verwirrt um sich, wankte und fiel bewusstlos zu Boden. Sein breitrandiger Hut, den er aufbehalten hatte, fiel ihm bei dem Fall vom Kopf, seine Krawatte rutschte ihm von den Lippen herunter, und da wurden die hübschen Gesichtszüge des Oberst Valentine Walter sichtbar.
    Holmes pfiff durch die Zähne vor Erstaunen.
    »Watson, diesmal können Sie mich in Ihrer Geschichte als einen Esel darstellen«, sagte er. »Das ist nicht der Vogel, den ich erwartet hatte.«
    »Wer ist es?«, fragte Mycroft gespannt.
    »Der jüngere Bruder des verstorbenen Sir James Walter, des Vorstehers der Unterseebootsabteilung. Ja, ja, nun ist mir alles klar. Da kommt er zu sich! Am besten beginne ich gleich mit dem Verhör.«
    Wir hatten die leblose Gestalt auf das Sofa gelegt. Jetzt setzte unser Gefangener sich müde in eine Ecke, sah sich mit schreckerfüllten Augen um und strich sich mit der Hand über die Stirn, wie jemand, der seinen Augen nicht traut.
    »Was ist das?«, fragte er. »Ich bin hergekommen, um einen Mr Oberstein zu besuchen.«
    »Wir wissen alles, Herr Oberst Walter«, sagte Holmes. »Wie ein englischer Gentleman eine solche Handlung begehen konnte, ist mir nicht verständlich. Aber Ihre Beziehungen zu Oberstein sind uns bekannt – und auch die Art dieser Beziehungen. Ebenso wissen wir die näheren Umstände, die Cadogan Wests Tod herbeigeführt haben. Ich gebe Ihnen den guten Rat, durch ein offenes Geständnis Ihre Seele zu erleichtern und Ihr großes Unrecht nicht durch das Gegenteil zu vergrößern. Einige Einzelheiten können wir nur aus Ihrem Mund erfahren.«
    Der Oberst stöhnte und vergrub sein Gesicht in seine Hände. Wir warteten, aber er blieb stumm.
    »Ich kann Sie versichern«, sagte endlich Holmes, »dass alles Wichtige uns bereits bekannt ist. Wir wissen, dass Sie dringend Geld nötig hatten. Dass Sie einen Abdruck von den Schlüsseln nahmen, die Ihr Bruder in Verwahrung hatte, und dass Sie in Beziehungen zu Oberstein traten, der Ihre Briefe mit Anzeigen im Daily Telegraph beantwortete. Es ist uns bekannt, dass Sie am Montagabend im Nebel zu dem Büro gingen, dass Cadogan West Sie sah und er Ihnen nachfolgte, weil er vermutlich schon von früher her Ursache hatte, Ihnen zu misstrauen. Er sah Sie die Pläne entwenden, konnte aber keinen Alarm schlagen, weil es immerhin möglich schien, dass Sie die Zeichnungen im Auftrag Ihres Bruders in London herausnahmen. Hinter Hintansetzung aller persönlichen Interessen folgte West Ihnen nach und blieb Ihnen im Nebel auf den Fersen bis zu diesem Haus hier. Da suchte er Ihr Verbrechen noch zu verhindern, aber Sie fügten zu dem des Hochverrats noch das schrecklichere des Mordes.«
    »Nein, nein, das habe ich nicht getan. Ich schwöre es vor Gott, das habe ich nicht getan!«, schrie der Elende.
    »Dann enthüllen Sie uns doch, wie Cadogan West seinen Tod fand, ehe Sie ihn auf das Dach eines Untergrundbahnwagens legten!«
    »Das will ich Ihnen sagen. Ich schwöre Ihnen, ich sage die lautere Wahrheit. Alles andere habe ich getan, wie Sie es sagten, das gestehe ich. Ich hatte Börsenschulden zu bezahlen; sie waren dringend, ich brauche das Geld so bitter notwendig. Oberstein bot mir fünftausend Pfund; die konnten mich vor dem Untergang retten. Aber was den Mord anbetrifft, an dem bin ich genauso unschuldig wie Sie!«
    »Das sollen Sie uns beweisen! Bitte fahren Sie fort.«
    »West misstraute mir und ist mir nachgefolgt, wie Sie es gesagt haben. Ich merkte das nicht früher, als bis ich hier unten vor der

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