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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Intellekt und Energie bestehende Mann.
    »Es ist fast eine halbe Meile, aber wir haben Zeit und können zu Fuß gehen. Verlieren Sie mir nur ja nichts aus Ihren Taschen! Wenn Sie als ein verdächtiges Individuum verhaftet würden, wäre das in diesem Augenblick geradezu verhängnisvoll – für mich.«
    Die Caulfield-Anlagen waren typisch für die Westend-Entwicklung Londons in den siebziger Jahren. Säulen, Karyatiden, Pfeiler, schwere Sandsteinfriese und dergleichen. Neben Nummer 13 schien eine Kindergesellschaft zu sein; man hörte viele helle Stimmen, Kreischen, Lachen und ein kindliches Geklimper auf dem Klavier. Nacht und Nebel schützten uns freundlich, wie schwere Vorhänge hing es um uns von allen Seiten. Holmes hatte die Blendlaterne angesteckt und beleuchtete die schwere Eingangstür.
    »Das ist keine leichte Arbeit«, sagte er. »Nicht nur verschlossen, sondern auch von innen verriegelt, nehme ich an. Versuchen wir es besser von der Hintertür. Hier ist ein ausgezeichneter Schlupf dort in dem Torbogen, für den Fall, dass ein übereifriger Schutzmann Interesse an uns nähme. Lassen Sie mich auf Ihre Hand treten, damit ich das Gitter oben fassen kann; ich ziehe Sie dann nach.«
    Eine Minute später standen wir beide im Hof. Kaum hatten wir das Gitter überklettert, als der regelmäßige Schritt eines Schutzmanns hörbar wurde. Er kam näher, ging vorüber, verhallte. Holmes nahm die Tür in Angriff. Ich sah ihn sich beugen, stemmen, und mit einem scharfen Krach sprang sie auf. Holmes trat sofort ein, ich folgte; wir stiegen eine enge Treppe hinauf. Holmes’ gelber Lichtkegel beleuchtete ein niedriges Fenster.
    »Hier, Watson, das muss es sein.«
    Er öffnete es, und im selben Augenblick vernahmen wir ein dumpfes, rollendes Geräusch, das näher kam und immer stärker wurde. Ein Zug rasselte vorüber. Holmes beleuchtete das Fenstergesims. Es war dick mit Ruß überzogen von den Lokomotiven, aber an einigen Stellen war der gleichförmig schwarze Belag zerkratzt und abgeschabt.
    »Hier können Sie sehen, wo sie den Leichnam hinausgeschoben haben. Holla, Watson! Was ist das? Kein Zweifel, das sind Blutspuren.« Er wies auf dunkle Flecken am untern Fensterrahmen. »Auch hier, auf dem Gesims, Watson. Der Beweis ist erbracht, es stimmt alles. Nun wollen wir hier warten, bis ein Zug hält.«
    Lange hatten wir nicht zu warten. Der übernächste Zug schon rasselte noch mit voller Fahrt aus dem Tunnel hervor, verlangsamte die Fahrt aber im Freien und dann, mit Knirschen und Schleifen hielt er unmittelbar unter uns. Es waren keine vier Fuß vom Fenstersims zum nächsten Wagendach. Leise schloss Holmes das Fenster.
    »Soweit bestätigt sich alles. Was meinen Sie Watson?«
    »Einfach wundervoll! Ein Meisterstück, Holmes, Sie haben sich selbst übertroffen.«
    »Darin kann ich Ihnen nicht beipflichten. Von dem Augenblick an, wo ich entschieden hatte, dass die Leiche auf dem Wagendach gelegen habe, war alles Folgende nur die logische Fortsetzung. Wären nicht so ungeheure Staatsinteressen mit dem Fall verknüpft, wäre er bis zu seiner jetzigen Entwicklung unbedeutend. Die eigentlichen Schwierigkeiten liegen noch vor uns. Aber vielleicht finden wir hier etwas, das uns hilft.«
    Wir waren die Hintertreppe hinaufgestiegen und betraten die Zimmer des ersten Stocks. Eines war ein Eßzimmer mit massiven Renaissancemöbeln; es bot nichts von Interesse. Das nächste war ein Schlafzimmer – ebenfalls eine Niete. Das dritte Zimmer dagegen versprach etwas, und mein Freund machte sich an eine methodische Untersuchung, überall lagen Bücher und Papiere umher, es schien eine Art Studierzimmer. Rasch und mit System durchging Holmes den Inhalt einer Schublade nach der anderen, und eines Schrankfaches nach dem anderen. Aber kein Aufleuchten seiner Züge verriet, dass er etwas Wichtiges gefunden habe. Nach einer guten Stunde peinlichst genauer Arbeit war er noch genauso weit wie am Anfang.
    »Der schlaue Fuchs hat alle Spuren hinter sich verwischt«, sagte er fast bewundernd. »Er hat nichts zurückgelassen, was ihn verdächtigen könnte. Sein gefährlicher Briefwechsel, auf den ich gerechnet hatte, ist entweder entfernt oder vernichtet worden. Das hier ist unsere letzte Hoffnung.«
    Er wies auf eine kleine Kassette, die auf dem Schreibtisch stand. Holmes zwängte den Deckel auf. Mehrere Rollen Papier, bedeckt mit Ziffern und Berechnungen, lagen darin, ohne jeden Hinweis, was sie zu bedeuten hatten. Nur die Worte »Wasserdruck« und

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