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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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muldenförmige Vertiefung, die mit verkümmerten, vom Sturm zerzausten und verbogenen Eichen und Kiefern verwachsen war. Zwei hohe, schlanke Türme hoben sich über die Bäume empor. Der Kutscher streckte seine Peitsche aus und sagte:
    »Baskerville Hall!«
    Sein Herr war aufgestanden und sah mit geröteten Wangen und blitzenden Augen auf die Türme. Ein paar Minuten später fuhren wir durch das Parktor, phantastische Gittertüren aus Schmiedeeisen zwischen zwei verwitterten, bemoosten Steinpfeilern, auf denen sich die Eberköpfe des Baskervilleschen Wappens erhoben. Das Torwärterhaus war eine Ruine von schwarzem Granit und nackten Dachsparren, aber dieser gegenüber erhob sich ein halb vollendetes neues Gebäude – die Erstlingsfrucht von Sir Charles’ südafrikanischem Gold. Durch das Parktor gelangten wir in die Schlossallee. Wieder rollten die Räder über gefallenes Laub, und über unseren Häuptern schlossen die alten Bäume ihre Zweige zu einem düsteren Gewölbe. Baskerville schauerte zusammen, als er am Ende der langen dunklen Allee das Haus erblickte, das geisterhaft durch die Bäume schimmerte.
    »War es hier?«, fragte er leise.
    »Nein, nein; der Taxusgang ist auf der anderen Seite.«
    Der junge Mann sah sich mit verdüstertem Gesicht um und sagte:
    »Es ist kein Wunder, wenn mein Onkel das Vorgefühl hatte, es werde ihm an diesem Ort ein Unglück zustoßen. Hier kann wohl jeden Mann ein unbehagliches Gefühl überschleichen. Ehe sechs Monate um sind, will ich eine Reihe von elektrischen Bogenlampen hier anbringen lassen, und Sie werden die Allee nicht wiedererkennen, und gerade hier dem Schlosstor gegenüber soll mir eine tausendkerzige
Swan und Edison
brennen.«
    Die Allee führte auf eine weite Rasenfläche, und vor uns lag das Haus. Im Dämmerlicht konnte ich sehen, dass das Mittelgebäude ein gewaltiger Steinblock war, aus welchem ein Portal vorsprang. Die ganze Vorderwand war mit Efeu überkleidet, in welchem hier und da ein Ausschnitt eine Stelle bezeichnete, wo sich ein Fenster oder ein Wappenschild befand. Über diesem Mittelbau erhoben sich die beiden alten zinnengekrönten, von Schießscharten durchbrochenen Türme. Rechts und links von den Türmen erstreckten sich modernere Flügel aus schwarzem Granit. Ein trübes Licht fiel aus einigen von den altertümlichen Fenstern nach außen und aus einem der hohen Kamine, die sich über dem steilen Giebeldach erhoben, stieg eine dunkle Rauchwolke gen Himmel.
    »Willkommen, Sir Henry! Willkommen auf Baskerville Hall!«
    Ein großer Mann war aus dem Dunkel des Portals hervorgetreten, um den Schlag des Jagdwagens zu öffnen. Die Gestalt einer Frau hob sich von dem gelben Licht der Halle ab. Sie trat heraus und half dem Mann, unsere Reisetaschen vom Wagen zu nehmen.
    »Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich gleich nach meinem Haus weiterfahre, Sir Henry?«, fragte Dr. Mortimer. »Meine Frau erwartet mich.«
    »Aber Sie bleiben doch, um ein paar Bissen mit uns zu essen?«
    »Nein, ich muss gehen. Wahrscheinlich werde ich allerlei Arbeit vorfinden. Ich würde sonst bleiben, um Ihnen das Haus zu zeigen, aber Barrymore wird ein besserer Führer sein als ich. Leben Sie wohl, und schicken Sie unbedenklich bei Tag oder bei Nacht zu mir, wenn ich irgendwie Ihnen zu Diensten sein kann.«
    Das Rasseln der Räder verhallte auf der Straße, während Sir Henry und ich die Halle betraten. Mit dumpfem Schlag fiel die Tür hinter uns zu. Wir befanden uns in einem schönen, weiten, hohen Raum mit einer schweren Decke aus altersgeschwärzten Eichenbalken. In dem großen altertümlichen Kamin prasselte und knisterte auf hohen eisernen Feuerböcken ein Holzfeuer. Sir Henry und ich streckten unsere Hände darüber aus, denn die lange Fahrt hatte uns völlig durchkältet. Dann sahen wir uns rund um: ein hohes schmales Fenster mit altem bunten Glas, eichenes Wandgetäfel, an den Wänden Hirschgeweihe und Wappenschilder, und dies alles trübe und dämmerig im gedämpften Licht der in der Mitte des Raumes herabhängenden Lampe.
    »Gerade so ist’s, wie ich’s mir vorgestellt hatte!«, rief Sir Henry. »Ist es nicht wie ein altes Gemälde von einem alten Geschlechterhaus? Wenn ich denke, dass dies die Halle ist, worin fünf Jahrhunderte lang meine Vorfahren gelebt haben! Mich stimmt’s ganz feierlich.«
    Ich sah, wie jugendliche Begeisterung sein dunkles Gesicht erhellte, als er sich so umsah. Er stand im vollen Schein des Lichtes, aber lange Schatten bedeckten die Wände

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