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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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und hingen wie ein schwarzes Gewölbe über ihm.
    Barrymore war wieder eingetreten, nachdem er das Gepäck auf unsere Zimmer befördert hatte. Er stand jetzt in der unterwürfigen Haltung eines gut erzogenen Dieners vor uns. Ein auffallend hübscher Mann, groß, stattlich, mit einem breit abgeschnittenen Kinnbart und blassen, edel geformten Zügen.
    »Wünschen Sie, dass das Essen sofort aufgetragen wird, Herr?«
    »Ist es fertig?«
    »In ein paar Minuten, Herr! Warmes Wasser finden Sie in Ihren Zimmern. Meine Frau und ich werden glücklich sein, Sir Henry, bei Ihnen zu bleiben, bis Sie Ihre Einrichtungen getroffen haben, aber Sie werden begreifen, dass unter den neuen Verhältnissen der Haushalt eine beträchtliche Dienerschaft erfordern wird.«
    »Was für neue Verhältnisse meinen Sie?«
    »Ich wollte nur sagen, Herr, dass Sir Charles sehr zurückgezogen lebte und dass wir ausreichten, um seine Ansprüche zu befriedigen. Sie werden natürlich größere Gesellschaft um sich haben, und deshalb werden Sie auch Veränderungen im Haushalt treffen müssen.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie und Ihre Frau Ihren Abschied wünschen?«
    »Nur, wenn es Ihnen völlig genehm ist, Herr!«
    »Aber Ihre Familie ist ja doch mehrere Generationen hindurch bei uns gewesen, nicht wahr? Es sollte mir leid tun, wenn ich meine Niederlassung an diesem Ort damit beginnen müsste, eine solche alte Verbindung zu lösen.«
    Es kam mir vor, als nähme ich auf dem blassen Gesicht des Kammerdieners einige Anzeichen von Rührung wahr.
    »Ich habe dasselbe Gefühl, Herr, und meine Frau auch«, antwortete dieser. »Aber um die Wahrheit zu sagen, Herr, wir hatten beide eine große Anhänglichkeit an Sir Charles; sein Tod ging uns sehr nahe, und seitdem weckt diese Umgebung nur noch schmerzliche Erinnerungen in uns. Ich fürchte, wir werden, solange wir auf Baskerville Hall sind, niemals unser frohes Gemüt wiederfinden.«
    »Aber was haben Sie denn vor?«
    »Ich zweifle nicht, Herr, dass es uns gelingen wird, irgendein Geschäft zu eröffnen. Sir Charles’ Freigiebigkeit hat uns die Mittel verschafft. Und nun, meine Herren, ist es wohl am besten, wenn ich Ihnen Ihre Zimmer zeige?«
    Eine breite, von Balustraden eingefasste Galerie lief dicht unter der Decke um die Halle herum; eine Doppeltreppe führte zu ihr hinauf. Von diesem Mittelpunkt aus erstreckten sich zwei lange Korridore, die die Türen zu allen Schlafzimmern enthielten, über die ganze Länge des Gebäudes hin. Mein Zimmer lag im selben Flügel wie das Sir Henrys, beinahe Tür an Tür. Diese Zimmer waren augenscheinlich viel moderner als der Mittelbau des Schlosses, und ihre hellen Tapeten sowie zahlreiche brennende Kerzen taten das ihre, um den düsteren Eindruck zu verscheuchen, der sich bei unserer Ankunft meines Geistes bemächtigt hatte.
    Aber der Speisesaal, in den man von der Halle aus gelangte, war wieder trübselig und düster. Ein langes Zimmer mit einem erhöhten Ende, wo die Familie gespeist hatte; eine Stufe führte zu dem für die Dienstleute bestimmten niedrigeren Teil des Raumes. An einem Ende befand sich in halber Höhe eine Galerie, von wo aus die Barden ihre Vorträge gehalten hatten. Altersgeschwärzte Balken zogen sich über unseren Häuptern unter der rauchdunklen Decke hin. Von brennenden Fackeln erhellt, von den bunten Farben und der derben Heiterkeit eines mittelalterlichen Gelages erfüllt, mochte der Saal nicht so übel ausgesehen haben. Nun aber saßen in dem riesigen Raum nur zwei schwarzbefrackte Herren in dem kleinen Lichtkreis, der vom Schirm der Tischlampe begrenzt wurde, und da sank die Stimme zum Flüstern herab, und die Stimmung wurde melancholisch. Eine Reihe von Ahnenbildern in allen möglichen Trachten, vom Ritter der Elisabethanischen Heldenzeit bis zum Dandy aus den Kreisen des Prinzregenten, starrten in der Halbdämmerung auf uns hernieder und bedrückten uns durch ihre schweigende Gesellschaft. Wir sprachen wenig, und ich für mein Teil war herzlich froh, als das Essen vorüber war und wir uns in das modern eingerichtete Billardzimmer zurückziehen konnten, um eine Zigarette zu rauchen.
    »’s ist wahrhaftig kein sehr lustiges Haus!«, begann Sir Henry. »Ich glaube wohl, dass man sich allmählich eingewöhnen kann, aber augenblicklich komme ich mir noch ein bisschen verwirrt vor. Ich wundere mich nicht, dass mein Onkel ein wenig absonderlich wurde, wenn er ganz allein in solch einem Haus wohnte ... Doch wenn es Ihnen recht ist, wollen wir

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