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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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interessant, aber ich empfand es doch als ein großes Glück, täglich mit dem jungen Volk zu verkehren, die Knabenseelen zu formen und sie mit meinen eigenen Idealen zu erfüllen. Leider war das Schicksal uns feindlich gesinnt. Eine gefährliche Epidemie brach in der Schule aus, und drei von den Knaben starben uns. Von diesem Schlag vermochte die Anstalt sich nicht wieder zu erholen, und der größte Teil meines Kapitals war unwiederbringlich verloren. Der Verlust des prächtigen Umgangs mit meinen Jungen war mir sehr schmerzlich; aber davon abgesehen möchte ich mich über mein Missgeschick beinahe freuen, denn ich finde hier ein unbegrenztes Arbeitsfeld für mein großes Interesse an Botanik und Zoologie, und meine Schwester liebt die Natur ebenso wie ich. Diese lange Rede, Herr Doktor Watson, hat sich nun über Ihrem Haupt entladen, weil sie mit so nachdenklicher Miene auf das Moor hinaussahen.«
    »Es ging mir allerdings durch den Sinn, es möchte hier wohl ein bisschen langweilig sein – weniger vielleicht für Sie als für Ihre Schwester.«
    »O nein, ich langweile mich niemals!«, rief sie schnell.
    »Wir haben unsere Bücher, unsere Studien, und wir haben interessante Nachbarn. Dr. Mortimer ist in seinem Fach ein sehr gelehrter Herr. Der arme Sir Charles war ebenfalls ein prächtiger Gesellschafter. Wir kannten ihn gut und vermissen ihn mehr, als ich Ihnen sagen kann. Glauben Sie, dass ich ungelegen käme, wenn ich schon heute Nachmittag nach Baskerville Hall ginge und Sir Henrys Bekanntschaft machte?«
    »Gewiss nicht; er wird im Gegenteil sich sehr freuen.«
    »Dann sind Sie vielleicht so gut, ihm zu sagen, dass ich die Absicht habe. Wir können vielleicht unser Teilchen dazu beitragen, ihm die Eingewöhnung in der neuen Umgebung zu erleichtern. Wollen Sie mit nach oben kommen, Herr Doktor, und sich meine Schmetterlingssammlung ansehen? Ich glaube, sie ist die vollständigste im südwestlichen England. Bis Sie damit fertig sind, wird das Essen wohl bereit sein.«
    Aber es trieb mich, wieder zu Sir Henry zu kommen. Die Melancholie der Moorlandschaft, der Tod des armen Pferdes, der geisterhafte Ton, der am hellen Mittag die grausige Sage von dem Höllenhund wieder heraufbeschworen hatte – dies alles gab meinen Gedanken einen traurigen Anstrich. Dann war zu allen diesen mehr oder weniger unbestimmten Eindrücken Miss Stapletons deutliche und gar nicht misszuverstehende Warnung gekommen; sie hatte mit so eindringlichem Ernst gesprochen, dass ohne Zweifel gewichtige Gründe dazu vorhanden waren. Ich lehnte deshalb trotz allem Drängen die Einladung zum Frühstück ab und machte mich sofort auf den Rückweg.
    Ich ging den grasbewachsenen Fußsteig, auf welchem wir gekommen waren; es musste aber doch wohl noch einen kürzeren Richtweg geben, der den Eingeweihten bekannt war; denn bevor ich die Landstraße wieder erreicht hatte, sah ich zu meinem Erstaunen Miss Stapleton auf einem großen Stein neben dem Fußweg sitzen. Ihr Gesicht war von eiligem Lauf gerötet, wodurch sie übrigens noch schöner erschien, und sie hielt ihre Hand auf das Herz gepresst.
    »Ich bin den ganzen Weg gelaufen, um Sie zu überholen, Herr Doktor«, sagte sie. »Ich hatte nicht mal so viel Zeit, um mir meinen Hut aufzusetzen. Lange darf ich mich nicht aufhalten, sonst würde mein Bruder meine Abwesenheit bemerken. Ich wollte Ihnen sagen, wie leid mir mein dummes Versehen tut, dass ich Sie für Sir Henry hielt. Bitte vergessen Sie meine Worte, die für Sie durchaus keine Bedeutung haben.«
    »Aber ich kann sie nicht vergessen, Miss Stapleton!«, antwortete ich. »Ich bin Sir Henrys Freund, und sein Wohlergehen liegt mir sehr am Herzen. Sagen Sie mir, warum Sie so dringend auf Sir Henrys Rückkehr nach London bestanden?«
    »Eine Weiberlaune, Herr Doktor! Wenn Sie mich näher kennen, werden Sie sehen, dass ich nicht immer imstande bin, für meine Worte oder Handlungen Gründe anzugeben.«
    »Nein, nein! Der Ton Ihrer Stimme klingt mir noch in den Ohren! Ihr Blick steht mir noch vor Augen! Bitte, bitte, seien Sie offen gegen mich, Miss Stapleton; denn seit meiner Ankunft hier fühle ich mich von seltsamen Schatten umgeben. Das Leben kommt mir vor wie das große Grimpener Moor mit seinen unzähligen grünen Morastfleckchen, in die man versinken kann. Und nirgends ein Führer, um uns den Pfad zu weisen! Bitte sagen Sie mir, was Ihre Worte bedeuteten, und ich verspreche Ihnen, Ihre Warnung an Sir Henry zu bestellen.«
    Ein Ausdruck von

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