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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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angeheirateten Verwandten. Sie werden meine Schwester bei ihm im Zimmer finden; sie pflegt ihn seit zwei Monaten ohne Rast und Ruhe. Gehen Sie lieber gleich zu ihm, ich weiß, mit welcher Ungeduld er auf Sie wartet.«
    Das Gemach, in das man uns wies, lag im nämlichen Stockwerk und diente zugleich als Wohn- und Schlafzimmer; zierlich geordnete Blumen, die auf Gesimsen und hier und da in den Ecken standen, gaben ihm ein freundliches Aussehen. Auf einem Sofa am offenen Fenster, durch das die laue Sommerluft und die Wohlgerüche des Gartens hereinströmten, lag ein junger Mann mit bleichen, eingefallenen Wangen. Ein Mädchen, das neben ihm saß, stand auf, als wir eintraten.
    »Soll ich fortgehen, Percy?«, fragte sie.
    Er hielt ihre Hand fest, so daß sie bleiben mußte, und begrüßte mich herzlich. »Wie geht’s dir, Watson?«, fragte er. »Du hast dich sehr verändert, das macht der Bart. Mich hattest du wohl auch kaum wiedererkannt. Der Herr ist vermutlich dein berühmter Freund Sherlock Holmes?«
    Ich stellte ihn mit kurzen Worten vor, und wir setzten uns beide. Der dicke junge Mann hatte sich entfernt, aber seine Schwester nahm neben dem Kranken Platz, der ihre Hand nicht losließ. Sie war eine ungewöhnliche Erscheinung mit den großen, dunkeln, italienischen Augen, der schönen Olivenfarbe des Gesichts und der reichen Fülle tiefschwarzen Haares, nur die Gestalt war etwas zu kurz und gedrungen. Ihre blühenden Farben machten die Blässe und Magerkeit des armen Phelps nur noch auffallender.
    »Um so wenig wie möglich von Ihrer Zeit in Anspruch zu nehmen, will ich Ihnen die Sache ohne alle Umschweife vortragen«, sagte er, sich auf dem Sofa in die Höhe richtend. »Ich war ein lebensfroher, vom Glück begünstigter Mann und stand im Begriff, mich zu verheiraten, als ein unerwartetes furchtbares Mißgeschick plötzlich meine ganze Zukunft zerstörte.
    Watson hat Ihnen vielleicht mitgeteilt, daß ich eine Stelle im Auswärtigen Amt bekleidete. Durch Lord Holdhursts, meines Onkels, Einfluß war ich rasch auf einen verantwortlichen Posten gestellt worden. Als mein Onkel Minister des Äußeren wurde, gab er mir verschiedene wichtige Aufträge, die ich stets so glücklich zum Abschluß brachte, daß er zuletzt ein unbegrenztes Vertrauen in meine Umsicht und Leistungsfähigkeit setzte.

    Vor etwa zehn Wochen – oder um ganz genau zu sein, am 23. Mai – rief er mich in sein Privatzimmer, lobte mich wegen der guten Dienste, die ich ihm bisher geleistet, und teilte mir mit, daß er mir wieder die Ausführung eines wichtigen Geschäfts anvertrauen wolle.
    ›Dies hier‹, sagte er und nahm eine graue Papierrolle aus seinem Schreibtisch, ›ist das Original eines geheimen Vertrages zwischen England und Italien. Zu meinem größten Bedauern sind schon Gerüchte über den Inhalt desselben durch die Presse an die Öffentlichkeit gedrungen, und es ist von ungeheurer Wichtigkeit, daß nichts Näheres bekannt wird. Die französische und russische Gesandtschaft würden gern große Summen bezahlen, um sich einen Einblick in diese Schrift zu verschaffen. Am liebsten behielte ich die Papiere ganz bei mir im Schreibtisch, wäre es nicht unumgänglich nötig, eine Kopie davon anfertigen zu lassen. Du hast doch ein Pult mit gutem Verschluß in deinem Büro?‹
    ›Jawohl.‹
    ›Dann nimm den Vertrag und schließe ihn sorgfältig ein. Ich werde es einzurichten wissen, daß du nach Schluß der Geschäftsstunden allein zurückbleiben und die Abschrift ungestört machen kannst, ohne zu fürchten, daß man dich dabei beobachtet. Wenn du fertig bist, schließe Original und Kopie wieder in das Pult und händige mir beides morgen früh persönlich ein.‹
    Ich nahm die Papiere –«
    »Bitte, einen Augenblick«, unterbrach ihn Holmes, »waren Sie beide allein während dieser Unterredung?«
    »Ganz allein.«
    »In einem großen Raum?«
    »Das Zimmer mag etwa dreißig Fuß lang sein und ebenso breit.«
    »Sie standen in der Mitte?«
    »Ja, ungefähr.«
    »Und sprachen nicht laut?«
    »Mein Onkel spricht gewöhnlich mit sehr leiser Stimme, und ich habe fast nichts gesagt.«
    »Danke sehr«, versetzte Holmes und schloß die Augen. »Bitte, fahren Sie fort.«
    »Ich tat alles, wie er es mir vorgeschrieben hatte, und wartete, bis die andern Angestellten sich entfernten. Einer von ihnen, Charles Gorot, der mit mir im selben Zimmer arbeitete, hatte noch einige Rückstände zu erledigen; ich ließ ihn da und ging zum Essen. Als ich zurückkam, war

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