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Sherlock Holmes und das Druidengrab

Sherlock Holmes und das Druidengrab

Titel: Sherlock Holmes und das Druidengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Kaum hatte Jacoby unsere Mäntel entgegengenommen, wurde ich bereits überschwänglich von Sir Roderik umarmt. Wie immer quittierte Jacoby diese Geste mit einer kaum sichtbar erhobenen Augenbraue.
    „Watson! Großartig, dass ihr kommen konntet!“ Ebenso herzlich drückte er meinem Freund die Hand: „Und Mr Holmes! Wunderbar, dass ich meinen Geburtstag nicht allein feiern muss.“ Er lachte. „Schließlich sagt man, dass man die Anzahl seiner Jahre an der kleiner gewordenen Zahl von Freunden abzählen kann. Vorsichtshalber habe ich sechzehn Zimmer herrichten lassen; man muss ja optimistisch sein, nicht wahr? So kann sich jeder aussuchen, wo er schlafen möchte.“
    In ähnlicher Form redete er auf uns ein, während er uns unsere Zimmer zeigte. Schließlich endete sein Redeschwall mit den Worten: „Wenn ihr euch soweit frisch gemacht habt, kommt doch bitte ins Kaminzimmer. Dort gibt es noch einen Scotch vor dem Essen, nicht wahr?“ Ohne, dass wir noch ein Wort zu dem Gespräch beitragen konnten, war Sir Roderik verschwunden. 
    Genau so kannte ich ihn.
    Nachdem ich die klamme Kleidung gegen einen trockenen Anzug getauscht hatte, erwachten meine Lebensgeister. Ich freute mich auf einen gemütlichen Abend am prasselnden Feuer. Auf dem Weg zum Kaminzimmer bewunderten wir die zahlreichen Kunstwerke, die Sir Roderik im Laufe seines Lebens gesammelt hatte. Er hatte eine seltsame Vorliebe für Schlangen – er hielt sogar einen lebenden Angolapython in seinem Speisesaal – was sich auch in seiner Sammlung widerspiegelte. Wir passierten Bilder, Statuetten, Schmuckschwerter und Gobelins mit Schlangenmotiven. Den Treppenabgang bewachte eine leibhaftige Medusa in Lebensgröße. 
    Auch wenn ich Sir Roderiks Begeisterung für die Kriechtiere nicht teilte, empfand ich jedes dieser Kunstwerke als außerordentlich ästhetisch. Und da ich diese Sammlung mittlerweile fast so gut wie ihren Besitzer kannte, wies ich Holmes auf die Geschichte des einen oder anderen Objektes hin. 
    Als wir den Gästetrakt hinter uns gelassen hatten, kamen wir jedoch an einem Kunstwerk vorbei, das ich noch nicht kannte. 
    Es handelte sich um eine riesige schwarze Bodenvase, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Bis auf ein faustgroßes Schlangenauge war das Kleinod vollkommen schmucklos. Das Auge hatte eine beunruhigende Eindringlichkeit an sich und wechselte seine Farbe je nach Lichteinfall von metallisch Grün bis metallisch Violett. Der Blick schien dem Beobachter zu folgen. Ein erstaunlicher Effekt, fand ich. 
    Weit unheimlicher war jedoch die Vase selbst. Sie reflektierte so wenig Licht, dass sie eher wie ein Schatten wirkte. Ohne das Auge hätte man sie vermutlich für einen Scherenschnitt gehalten.
    „Erstaunlich“, fand auch Holmes. „Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen.“
    „Ich bin sicher, zu diesem Stück gehört eine besondere Geschichte“, sagte ich und freute mich bereits darauf, sie zu hören.
    Im Kaminzimmer erwarteten uns noch drei weitere Gäste. Die angenehmste Überraschung war jedoch Sir Roderiks Tochter Grace. Sie war von einem Kind zu einer schüchternen jungen Dame erblüht und trug ihren Namen wahrlich zu Recht. Ihr seidiges schwarzes Haar fiel ihr bis weit unter die Schulterblätter und bildete einen reizvollen Kontrast zu ihrer vornehmen Blässe. Ihre leuchtend blauen Augen strahlten vor aufrichtiger Freude, mich wiederzusehen.
    „Meine Tochter Grace kennst du ja bereits“, begann Sir Roderik an mich gewandt die Vorstellung der Anwesenden. Holmes ließ es sich nicht nehmen, das  Mädchen mit einer charmanten Begrüßung zum Erröten zu bringen. Da ich die junge Dame selbst auf die Welt gebracht hatte, berührte mich diese Szene unangenehm. 
    Unser Gastgeber schien jedoch nichts zu bemerken. „Und dies ist mein alter Freund Stanley Higgs aus den Kolonien.“ 
    Mit gespieltem Groll warf der rundlich gebaute Amerikaner Sir Roderik einen düsteren Blick zu. „Ich komme aus Boston“, erklärte Higgs mit einem breiten Akzent, der mich schaudern ließ. Sein fester Händedruck glich die Vergewaltigung meiner Muttersprache aber beinahe wieder aus.
    „Genau das ist vermutlich der Grund, warum er sich als Abenteurer in der ganzen Welt herumtreibt“, meinte Sir Roderik augenzwinkernd.
    „Ich bin Archäologe“, stellte Higgs mit diesem unmöglichen Akzent richtig. „Und ich glaube, das habe ich heute bewiesen, oder?“
    „Ja, mein Freund, das hast du“, stimmte Sir Roderik lächelnd zu. „Stanley hat

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