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Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Titel: Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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Eingeweide der Maschine. »Diese Lokomotive wurde von der Firma von Leinsdorf gebaut, und wer hat jemals von einem Von-Leinsdorf-Kessel gehört, der explodiert ist. Ha! Hören Sie nicht auf ihn, Herr Holmes. Das ist die junge Generation: keine Courage, kein Unternehmungsgeist – und kein Respekt vor der älteren Generation!« Und er schwang seine Faust gegen den eingeschüchterten Lokomotivführer.
    »Einen Augenblick«, unterbrach ihn Holmes. »Wollen Sie damit sagen, daß diese Lokomotive aus der Fabrik des Baron von Leinsdorf stammt?«
    »Ja, mein Herr, allerdings. Sehen Sie diese Platte?« Er häufte noch eine Schaufel voll auf das weißglühende Feuer, dann wischte er mit seinem rußigen Taschentuch an einer verschmutzten Plakette über meinem Kopf herum.
    »Sehen Sie?« brüllte er.
    Holmes betrachtete die Platte neugierig und lächelte.
    »Was ist, Herr Holmes?«
    »Ironie, mein Freund, Ironie. Gehen wir wieder an die Arbeit.«
    Und so brausten wir durch die Nacht. Der Stationsvorsteher ließ uns wissen, daß der Zug des Barons zwei Wagen mehr hatte und die Lokomotive, die in wenigen Stunden hatte aufgetrieben werden müssen, nicht so stark war wie unsere. Diese Nachrichten hoben unsere Lebensgeister. Wir passierten St. Polan, eine größere Stadt, in der eine Weiche gewechselt werden mußte, und Melk, letzteres in einer Geschwindigkeit, die ich nicht zu schätzen wagte.
    »Wir müssen eine Entscheidung treffen«, brüllte der Stationsvorsteher durch den Maschinenlärm, nachdem wir Melk hinter uns gelassen hatten. »Wollen Sie durch Linz fahren?«
    »Was gibt es für Alternativen?« rief Holmes dem Stationsvorsteher ins Ohr.
    »Linz liegt an der kürzeren Route nach Salzburg«, erklärte uns der brave Mann und formte dieses Mal die Hände zu einem Sprachrohr, um sich besser verständlich zu machen, »aber Linz selbst wird uns aufhalten. Es sind viele Weichen zu wechseln. Die südliche Route bringt uns durch Amstetten und Steyr, das bedeutet weniger Weichen und weniger Eisenbahner, die uns beobachten könnten. Sie müssen sich entscheiden, bevor wir Pöchlarn erreichen. Die südliche Strecke ist wohl nicht so gut instand«, fügte er noch hinzu.
    »Aber befahrbar?«
    Der Stationsvorsteher drehte sich zum Lokomotivführer um, der die Schultern hob und nickte. Holmes blickte mit fragendem Gesicht zu mir und Freud hinunter.
    »Woher wissen wir, daß der Baron in Richtung Salzburg fährt?« fragte Freud. »Vielleicht fährt er über Braunau.«
    »Nein, das kann ich Ihnen versichern«, antwortete der Mann. »Wenn ein Extrazug bestellt wird, dann wird die Route festgelegt und der Weichenwechsel im voraus telegraphisch veranlaßt. Ich habe selbst die Strecke für den Baron frei gemacht, ich kennen also seine Route.«
    »Das trifft sich glücklich«, warf Holmes ein. »Was schlagen Sie vor?«
    Der Stationsvorsteher dachte einen Augenblick nach, wobei er an seinem Schnurrbart zerrte und ihn mit Ruß bestaubte.
    »Ich bin für die Südstrecke.«
    »Also gut.«
    Und so verlangsamten wir unsere Fahrt im Städtchen Pöchlarn, und Holmes selbst stieg aus dem Zug, um die Weiche zu stellen.
    Dr. Freud und ich waren inzwischen ausgeruht und bereit, die Arbeit wieder aufzunehmen, was wir auch taten, als wir auf Anstetten zufuhren. Ich stellte fest, daß unser Kohlenvorrat rapide abnahm, und teilte es Holmes mit, als ich mit einer Ladung aus dem Tender zurückkam. Freud blieb zurück und scharrte die Reste zusammen. Holmes nickte, sagte aber nichts, da er das Streichholz, mit dem er sich gerade eine Pfeife anzündete, vor dem Wind abschirmen mußte.
    »Wieviel haben wir noch übrig?« fragte er schließlich den Stationsvorsteher. Dieser kehrte mit mir zum Tender zurück, dann inspizierte er die Meßinstrumente des Fahrers.
    »Wenn wir es bis Steyr schaffen, haben wir Glück.«
    Holmes nickte erneut, stand auf, ergriff das Eisengeländer des Tenders und wand sich außen daran entlang zu dem einsamen Weg hin, den wir hinter uns herzogen. Ich unterbrach mein Schaufeln und hielt den Atem an. Ich fürchtete, er könnte bei der schnellen Fahrt den Halt verlieren und hinuntergeschleudert werden. Seine Pelerine, die ich ihm zurückgegeben hatte, blähte sich um ihn wie ein Segel, und der Wind entriß ihm die Reisekappe mit den Ohrenklappen.
    Für eine Weile geriet er außer Sichtweite, und ich kehrte zu Freud und meiner Kohlenschaufel zurück, aber seine anhaltende Abwesenheit beunruhigte mich. Ich wollte das gerade dem Doktor

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