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Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud

Titel: Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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gewesen, jetzt aber, angefeuert vom Anblick unserer Beute, befolgten wir willig Holmes’ Anordnungen und rasten herum wie die Wilden, um mehr und mehr Überreste eines einstmals stolzen Eisenbahnwaggons auf das Feuer zu häufen. Als wir Salzburg näher kamen, begannen sich die Gleise vor uns in einem Labyrinth zu verzweigen, das so komplex war wie der menschliche Blutkreislauf. Wäre nur eine dieser Weichen schon zurückgestellt gewesen, wir wären alle nicht mehr am Leben. Der Lokomotivführer verlor gänzlich die Nerven. Sein Platz wurde sogleich von dem vitalen Stationsvorsteher Berger eingenommen, während der verängstigte Mensch sich darauf beschränkte, vorsichtig Holzstücke aufs Feuer zu werfen. Er wagte nicht mehr hinauszusehen.
    Wieder näherten wir uns dem Zug des Barons, und Holmes feuerte den Revolver in die Luft, um die Aufmerksamkeit der Insassen auf uns zu lenken. Es war überflüssig, denn sie hatten uns bereits gesehen. Ich konnte zwei Köpfe im Lokomotivfenster erkennen, und gleich darauf beschleunigte der Zug seine Fahrt.
    Die Stadt Salzburg flog wie im Wirbel an uns vorüber. Ich fand – genau wie der unselige Lokomotivführer –, daß es besser war, nicht die Gleise anzusehen. Allerdings war es unmöglich, den Bahnhof und die entsetzt starrenden Leute darin zu ignorieren. Der Zug des Barons überschritt bei weitem die vorgeschriebene Geschwindigkeit, aber noch ein zweiter Zug, der ebenso raste – das war nicht nur erstaunlich, sondern auch gefährlich! Ich vernahm unscharf das Gellen verschiedener Pfeifen (eine davon war unsere, von Berger betätigt) und lautes Geschrei.
    Nachdem der Bahnhof passiert war, ging es nur noch um Minuten, bis der Baron die Salzach erreichen und die Grenze nach Bayern überqueren würde. Blind und taub für alles andere,, warfen wir jetzt die Reste des Waggons mit unglaublicher Eile aufs Feuer.
    »Die Schranken sind geschlossen!« rief Freud und wies auf die Grenzbarrieren, die der Extrazug des Barons soeben passiert hatte.
    »Wir müssen sie rammen«, gebot Holmes, und wir durchbrachen die Barriere und ließen Holzstücke und -splitter in alle Himmelsrichtungen fliegen.
    Jetzt, in Bayern, begann unsere Lokomotive sich zu bewähren, und wir begannen ernstlich, unseren Flüchtling einzuholen. Während einer unserer Atempausen konnten wir jemanden seine Fäuste gegen uns schütteln sehen, und kurz darauf hörten wir Schüsse.
    »Runter!« kommandierte Holmes, und wir ließen uns zu Boden fallen – alle, außer dem unbedarften Lokomotivführer, der ausgerechnet diesen Moment wählte, um einen Blick hinauszuwerfen, und eine Kugel in die Schulter erhielt. Er drehte sich wie eine am Faden gezogene Marionette und wurde gegen den Tender geschleudert. Holmes winkte mir, ihn zu betreuen, während er und Freud mehr Brennstoff holten. Ich kroch zu dem unglückseligen Mann hinüber und stellte fest, daß die Wunde nicht gefährlich, wenn auch schmerzhaft war. Ich stillte das Blut und verband ihn, denn ich hatte das Nötigste in der Reisetasche. Die Kugel zu entfernen, war mir im Moment nicht möglich. Unsere Lokomotive zitterte fürchterlich, und meine Skalpelle waren alle stumpf, nachdem wir sie zum Aufschlitzen der Sitze benutzt hatten.
    Freud und Holmes kehrten mit einer letzten Ladung improvisierten Brennmaterials zurück und teilten mit, daß nun nichts Verwendbares mehr von dem Waggon übrig sei. Es war eine Frage von jetzt oder nie. Ging das Feuer aus – und es sah ganz so aus, als müßte es das –, war unser Spiel verloren.
    »Hängen Sie den Rest des Wagens ab«, schlug der Stationsvorsteher vor, »das wird unser Tempo beschleunigen.«
    Holmes nickte und bat mich, mitzukommen. Freud kümmerte sich um den Lokomotivführer. Wir kletterten durch den leeren Tender und standen über der Kupplung, die ihn mit dem Wagen verband. Unter uns sausten die Schienen in beängstigendem Tempo vorbei. Holmes grätschte über den riesigen Eisenklammern, während ich, auf dem Bauche liegend, seine Mitte umklammert hielt.
    Erst entfernte er die schweren Ringe, die für den Notfall angebracht waren, und dann löste er die drehbaren Bolzen, die Wagen und Tender aneinanderketteten. Bei der hohen Geschwindigkeit und dem markerschütternden Getöse war das eine schwierige Arbeit, wie ich an seinen anstrengenden Bewegungen erkennen konnte. Ich konnte in meiner Stellung nicht genau sehen, was er tat, und meine Arme begannen langsam zu schmerzen, als ich eine plötzliche Entlastung

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