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Sherlock Holmes und die Theatermorde

Sherlock Holmes und die Theatermorde

Titel: Sherlock Holmes und die Theatermorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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Herzens, und hatte ausgiebig geblutet. Die tödliche Waffe war nirgendwo zu sehen. Ich kniete nieder, untersuchte die Leiche und kam zu dem Schluß, daß das Blut auf der seidenen Weste und auf dem Orientteppich getrocknet war. Der Leichnam war kalt und zum Teil bereits erstarrt.
    »Die anderen Zimmer sind wohl unangetastet?« erkundigte sich Holmes hinter mir. »Keine Schrift an der Wand?«
    »Bei Gott, Sir, Sie haben ein gutes Gedächtnis.« * Lestrade lachte. »Nein, die einzige Schrift an der Wand ist auf diesen Bildern. Es hat sich alles hier drinnen abgespielt, das steht fest.«
    »Was sind die Tatsachen?«
    »Er wurde vor etwa zweieinhalb Stunden in diesem Zustand aufgefunden. Das Mädchen kam mit seinem Frühstück herauf, klopfte an die Tür und nahm sich, als sie keine Antwort erhielt, die Freiheit, einzutreten. Er hat, wie es scheint, schon mehr als einmal die Zeit verschlafen. Was den Ablauf der Geschehnisse angeht, so wissen wir darüber weitestgehend Bescheid. Er hat gestern abend Besuch gehabt – allerdings kam er spät nach Hause und benutzte seinen eigenen Schlüssel, so daß niemand seine Begleitung gesehen hat. Sie setzten sich zu Brandy und Zigarren hier an den Tisch, wo sich dann ein Wortwechsel entwickelt haben muß – wer immer es auch war, er langte hinter sich nach dem Schreibtisch und ergriff das hier.« Lestrade machte eine Pause und streckte seine Hand aus. Der junge Wachtmeister, der auf dieses Stichwort nur gelauert hatte, reichte ihm ein in ein Taschentuch gewickeltes Objekt. Lestrade legte es vorsichtig auf den Tisch, faltete das Tuch auseinander und enthüllte einen Brieföffner aus Elfenbein; auf der gelblichen Klinge und dem schön gearbeiteten Silbergriff waren braunrote Spritzer.
    »Javanisch«, murmelte Holmes, während er den Öffner durch sein Vergrößerungsglas begutachtete. »Sie sagen, es lag auf dem Schreibtisch? Ah, ja, hier ist die Hülle. Ich bitte, fahren Sie fort.«
    »Wer immer es war«, stellte Lestrade mit gewichtiger Miene fest, »ergriff den Brieföffner und erstach seinen Gastgeber, wobei er sein Kognakglas umwarf. McCarthy brach am Fuß des Tisches zusammen, während der andere seine brennende Zigarre zurückließ und floh. McCarthy blieb für eine geraume Zeit unter dem Tisch liegen – Sie können die beträchtliche Blutlache sehen – und kroch dann mit letzter Kraft zu diesen Bücherregalen –«
    »Soviel ist offensichtlich«, bemerkte Holmes trocken und wies auf die grauenhafte, scharlachfarbene Spur, die unmittelbar zur Leiche führte. Er trat vor, nahm vorsichtig die Zigarre auf und hielt sie mit leichtem Griff um die Mitte. »Diese Zigarre ist es weniger. Ich kann mich nicht entsinnen, so etwas je gesehen zu haben. Sie vielleicht, Lestrade?«
    »Jetzt werden Sie mir von all den Aschensorten erzählen, die Sie erkennen können«, höhnte der Inspector.
    »Im Gegenteil, ich versuche, Ihnen von einer zu erzählen, die ich nicht kenne. Kann ich ein wenig davon behalten?« Er hielt die Zigarre hoch.
    »Wie Sie wünschen.«
    Holmes neigte zum Dank leicht den Kopf. Er zog sein Taschenmesser, lehnte sich auf die Tischkante und schnitt sorgfältig ein zentimeterlanges Stück von der Zigarre ab; dann legte er den Stummel an seinen Platz zurück und verstaute die Probe so, daß sie nicht zerdrückt werden konnte. Er richtete sich auf, um eine neue Frage zu stellen, als von unten Lärm zu hören war, dem ein donnernder Eilschritt treppaufwärts folgte. Shaw erschien, atemlos, aber triumphierend.
    »Na, Mensch«, rief er, »Ihr Name ist so gut wie ein Freipaß! Also, wo ist der Kadaver?«
    »Und wer ist dieser Herr?« schnarrte Lestrade und blickte furchtlos zu Shaws Bart empor.
    »Es ist in Ordnung, Inspector Lestrade. Er ist ein Kollege des Verstorbenen, Mr. Bernard Shaw von der Saturday Review .« Die beiden Männer verbeugten sich leicht.
    »Unten ist ein Polizeiwagen mit einer Bahre eingetroffen«, teilte Shaw Lestrade mit.
    »Sehr gut. Nun, meine Herren, wie Sie sehen –«
    »Sie haben ihm noch nichts von dem Buch gesagt, Inspector«, unterbrach der junge Wachtmeister schüchtern. Er war jeder Bewegung Holmes’ mit eifrigem Interesse gefolgt, beinahe als versuche er, sich seine Handlungen einzuprägen.
    »Ich war ja gerade dabei!« erwiderte Lestrade, der immer gereizter wurde. »Bleiben Sie nur schön im Hintergrund, junger Mann. Halten Sie die Augen offen, und Sie werden etwas lernen.«
    »Jawohl, Sir. Entschuldigen Sie, Sir.«
    Sein Vorgesetzter

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