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Sherlock Holmes und die Theatermorde

Sherlock Holmes und die Theatermorde

Titel: Sherlock Holmes und die Theatermorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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zur offenstehenden Haustür versperrten.
    »Mir schwant, daß wir in Bälde einen alten Freund treffen werden«, murmelte Holmes, während wir die Droschke verließen. Es war nicht schwierig, Einlaß zu Nummer vierundzwanzig zu erlangen, da Holmes den Polizisten wohlbekannt war. Sie glaubten, er sei als beratender Detektiv hinzugezogen worden, und er machte keine Anstrengungen, ihnen diesen Glauben zu nehmen.
    Die Wohnung des Ermordeten bestand aus einer den Park überblickenden Suite von Räumen im ersten Stock, die von der Treppe aus schnell erreicht war. Wir hatten die (angelehnte) Tür noch nicht geöffnet, als unsere Ohren bereits eine vertraute Stimme vernahmen:
    »Nun, wenn das nicht meine alten Freunde Mr. Holmes und Dr. Watson sind! Was bringt die Herren zum South Crescent? Als wenn ich es nicht wüßte! Treten Sie ein, treten Sie ein!«
    »Einen schönen guten Morgen, Inspector Lestrade. Dürfen wir uns das Durcheinander ansehen?«
    »Woher wissen Sie, daß es welches gibt?« Der dürre, frettchenhafte kleine Mann ließ seine Blicke zwischen uns hin- und hergleiten. »Es war doch wohl nicht Gregson * , der Sie hergeschickt hat, oder? Dieser unverschämte Kerl wird von mir etwas zu –«
    »Er war es nicht, ich gebe Ihnen mein Wort«, besänftigte ihn Holmes. »Ich habe meine eigenen Quellen, und sie scheinen zuverlässig genug. Dürfen wir uns ein wenig umsehen?«
    »Ich habe nichts dagegen«, war die hochtrabende Antwort, »aber Sie beeilen sich besser. Brownlow und seine Jungs können jede Minute hier sein, um die Leiche abzuholen.«
    »Wir werden uns bemühen, Ihnen nicht in die Quere zu kommen«, erwiderte der Detektiv und begann von seinem Standort aus eine flüchtige Untersuchung der Wohnung.
    »Übrigens hatte ich daran gedacht, etwas später bei Ihnen vorbeizuschauen«, bekannte der Scotland-Yard-Mann, ohne Holmes aus den Augen zu lassen. »Auf eine Tasse Tee«, fügte er nachdrücklich hinzu, offenbar mit Rücksicht auf einen jungen Wachtmeister mit sandfarbigem Haar, der sich als einziger noch im Zimmer befand.
    »Sie können wohl nicht schlau werden aus der Sache, wie?« Holmes trat ins Zimmer und schüttelte den Kopf über den Zustand, in den Inspector Lestrade und seine Leute den Teppich versetzt hatten. »Werden sie es denn nie lernen?« hörte ich ihn murmeln, während er sich umschaute.
    Das Zimmer war zugleich Bibliothek und Wohnraum. Mit Büchern reich ausgestattet, fand sich auch ein Teetisch darin, auf dem jetzt zwei Gläser standen, die offenbar Kognak enthielten. Ein Glas war umgefallen, aber nicht zerbrochen, und die bernsteinfarbene Flüssigkeit war nicht ausgelaufen. Daneben lag eine lange, sonderbar geformte Zigarre in einem Messingaschenbecher, in dem sie ungeraucht erloschen war.
    Hinter dem Tisch stand eine Chaiselongue und hinter dieser, dem Fenster gegenüber, der Schreibtisch des Toten. Er war mit Papieren bedeckt, die – soweit ich mit einem schnellen Blick feststellen konnte – alle mit seinem Beruf zusammenhingen. Es waren Programmhefte, Theaterkarten, Bekanntmachungen von Umbesetzungen, außerdem eine für schnelles Nachschlagen übersichtlich angeordnete Sammlung seiner eigenen Besprechungen. Neben den Papieren lag eine gedruckte Einladung zur zwei Tage später im Savoy stattfindenden Premiere eines Stückes mit dem Titel Der Großherzog .
    Alle von Bücherregalen freien Wände waren mit Porträts diverser Theaterleute geradezu tapeziert. Einige waren Fotografien, andere Bleistift- oder Tintenzeichnungen, aber alle trugen die Signatur der Dargestellten. Man wurde überflutet von den Beweisen allseitiger Zuneigung und eingeschüchtert von den Abbildungen von Forbes-Robertson, Marion und Ellen Terry, Beerbohm-Tree und Henry Irving, die mit düsteren oder starren Blicken theatralisch auf den Besucher hinuntersahen.
    All dies aber – die Bücher, der Schreibtisch, die Bilder und der Tisch – waren nichts als die Kulissen für das ›pièce de théâtre‹. Jonathan McCarthys Leichnam lag auf dem Rücken, zu Füßen einer Gruppe von Regalen, die Augen offen und starr, das schwarzbärtige Kinn herabgesunken, den Mund weit geöffnet in einem entsetzlichen, lautlosen Aufschrei. McCarthys dunkelhäutige Erscheinung war schon als solche nicht anziehend, aber zusammen mit seinem Ausdruck im Tode ergab sich ein wahrhaft grauenvolles Bild. Mir ist selten ein so entnervender Anblick zuteil geworden. Der Mann hatte eine Stichwunde in der linken Seite, etwas unterhalb des

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