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Sherlock Holmes und die Theatermorde

Sherlock Holmes und die Theatermorde

Titel: Sherlock Holmes und die Theatermorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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Verschiedene Todesarten schaffen unterschiedliche Gefahren für die Überlebenden. Alle Leichen werden zu Infektionsquellen, wenn man sie nicht beseitigt, aber ein Körper, der eines natürlichen Todes stirbt, ja, selbst einer, der erstochen wird, ist für andere weniger bedrohlich als einer, der einer bösartigen Krankheit zum. Opfer fällt.«
    »Sie wollen sagen, daß diese beiden gewalttätig ermordet wurden, um die verheerenden Auswirkungen irgendeiner Krankheit zu vermeiden?« rief Shaw aus.
    »So ist es. Einer bösartigen Krankheit, die sie mit der Zeit so sicher getötet hätte wie eine Kugel. Ihre Leichen wurden aus dem Labor gestohlen, um weitere Infektionen zu verhindern, und wir drei, die wir der Gefahr am stärksten ausgesetzt waren, wurden gezwungen, ein Gegengift einzunehmen.«
    »Gegengift!« kreischte der Kritiker, und seine Stimme stieg unversehens um eine Oktave. »Dann hat der Scherz vor Simpson’s –«
    »– uns das Leben gerettet. Das sollte mich nicht wundern.«
    »Wenn Ihre Theorie zutrifft«, brummte Shaw. »Aber von was für einer Krankheit sprechen wir?«
    »Ich habe keine Ahnung und wage es nicht, eine Vermutung zu äußern. Da alles Beweismaterial auf jemanden deutet, der kürzlich aus Indien zurückgekehrt ist, erlaube ich mir, von einer Tropenkrankheit zu sprechen, aber mehr kann ich aus so spärlichen Informationen nicht schließen.«
    »Zweifellos wurden die Leichen auch gestohlen, um eine Autopsie zu vermeiden, die den Krankheitszustand enthüllt hätte.«
    »Und Brownlow? Hat er Jack Point geholfen?«
    »Er hat ihm die Tür geöffnet, soviel scheint sicher. Wir müssen annehmen, daß er die Wahrheit herausgefunden hat – warum hätte er sonst das Labor gescheuert und die Bahrenträger gezwungen, zu duschen und ihre Kleider zu verbrennen?«
    »Und wo ist er jetzt?«
    Holmes zögerte. »Ich habe die große Befürchtung daß Mr. Brownlow tot ist. Die Absicht des Mörders war es, eine Epidemie zu verhindern, und der Polizeiarzt war aufgrund seines Berufs der Ansteckung stärker ausgesetzt als wir.«
    Ich konnte bemerken, wie Holmes’ Kiefer sich anspannten, und in seinem Gesichtsausdruck entdeckte ich etwas, das ich in allen Jahren unserer Bekanntschaft nie gesehen hatte. Es war Furcht.
    Es war beinahe zwei Uhr, als die Droschke uns vor Dr. Moore Agars imposantem Haus in Harley Street absetzte. Holmes verkündete, daß Warten nicht dazu beitragen würde, Dr. Agar unseren späten Besuch erquicklicher zu gestalten, begab sich die Stufen hinauf und zog mehrere Male kräftig an der Klingel. Es dauerte eine Weile, bis erst in einem Fenster, dann in dem darüber, Lichter erschienen. Kurz darauf wurde die Tür von der Haushälterin geöffnet, einer älteren Frau, die halb schlafend in Nachtmütze und Schlafrock auf der Schwelle stand.
    »Es tut mir außerordentlich leid Sie stören zu müssen«, erklärte der Detektiv energisch, »aber es ist von äußerster Dringlichkeit, daß ich sofort mit Dr. Agar spreche. Mein Name ist Sherlock Holmes.« Er reichte ihr seine Karte. Sie blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und starrte uns an.
    »Einen Augenblick bitte. Wollen die Herren bitte in den Flur treten?«
    Dort mußten wir stehenbleiben, während sie die Tür schloß und sich auf den Weg machte. Sherlock Holmes wanderte aufgeregt in dem kleinen Vestibül auf und ab und biß sich auf die Knöchel.
    »Es ist mit Händen zu greifen, ich weiß es«, rief er verzweifelt, »aber ich kann es nicht ergründen, ums Leben nicht!«
    Die innere Flurtür öffnete sich, und die Haushälterin, die jetzt etwas munterer war, ließ uns ein und führte uns in Dr. Moore Agars Praxis, wo sie das Gas andrehte und die Tür schloß. Dieses Mal brauchten wir nicht lange zu warten. Der Doktor selbst – groß, schmal und distinguiert – eilte sofort ins Zimmer. Er war dabei, den Gürtel seines rotseidenen Schlafrocks zu binden, schien aber hellwach. *
    »Mr. Holmes, was bedeutet dies? Sind Sie krank?«
    »Nicht, daß ich wüßte, Doktor. Aber ich komme in einer verzweifelten Situation zu Ihnen, um eine Auskunft zu erhalten, von der das Leben vieler abhängen kann. Entschuldigen Sie, daß ich keine Zeit an Vorstellungszeremonien verschwende. Immerhin glaube ich, daß Sie Dr. Watson bereits kennen.«
    »Sagen Sie mir, was Sie wissen wollen, und ich werde versuchen, Ihnen zu helfen«, erwiderte Agar ohne weitere Umschweife. Sollte unser unangekündigter Besuch zu so später Stunde ihn gestört haben, so gab er es

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