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Sherlock Holmes und die Theatermorde

Sherlock Holmes und die Theatermorde

Titel: Sherlock Holmes und die Theatermorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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Wachtmeisters auf dem Bürgersteig von Nummer 221b. Ich sah im Schein der Laternen eine vertraute Gestalt die Straße herunter auf uns zutanzen.
    »Haben Sie schon die neueste Schandtat gehört?« rief Bernard Shaw, ohne uns auch nur die Hand zu geben. »Sie haben die ganze Sache einem Parsen angehängt!«
    Sherlock Holmes wollte den sprunghaften Iren davon unterrichten, daß wir von der neuesten Entwicklung wußten, aber im selben Moment erkannte Shaw den jungen Hopkins und richtete die ganze Fülle seines beißenden Sarkasmus gegen diesen bedauernswerten jungen Mann.
    »Nicht in Uniform, wie?« hub er an. »Und das empfiehlt sich auch, wenn man einen Mord plant. Ich bin erstaunt, saß Sie mit Ihren blutigen Händen es überhaupt wagen, sich öffentlich zu zeigen! Glauben Sie denn im Ernst, Wachtmeister, daß das britische Publikum, so gutgläubig es auch manchmal ist, dieses Komplott einfach hinnehmen wird? Es wird sich das nicht bieten lassen, Wachtmeister, glauben Sie mir. Das ist zu stark, das entbehrt jeder Glaubwürdigkeit. Wir sind nicht in Frankreich, das machen Sie sich besser klar. * Uns könnt ihr nicht mit einer xenophobischen Scharade ablenken!«
    Hopkins bemühte sich, während wir weiter nach einer Droschke Ausschau hielten, die auf ihn niederprasselnde Wortflut einzudämmen. Er wies darauf hin, daß nicht er den Inder verhaftet hatte.
    »Aha!« Der andere bemächtigte sich eifrig der Gelegenheit zu einem literarischen Vergleich. »Sie waschen also Ihre Hände wie Pontius Pilatus in Unschuld? Ich frage mich, wie genug Platz am Trog für so viele schmutzige Hände sein kann. Wenn Sie denken –«
    »Mein lieber Shaw«, protestierte Holmes mit Nachdruck, »ich weiß nicht, woher Sie von Mr. Singhs Festnahme wissen – wahrscheinlich wird die Nachricht von den Zeitungsjungen verhökert –, aber wenn Sie nichts Besseres zu tun haben, als um Viertel nach zwölf meine biederen Nachbarn aus dem Schlummer zu schrecken, dann schlage ich Ihnen vor, uns zu begleiten. Droschke!«
    »Wohin?« wollte Shaw wissen, als die Droschke anhielt. Es klang nicht im geringsten reumütig.
    »Zur Leichenhalle. Jemand hat sich offenbar mit unseren Leichen davongemacht!«
    »Davongemacht?« wiederholte Shaw beim Einsteigen. Die Auskunft bewirkte, was Sergeant Hopkins nicht gelungen war, und der Kritiker verfiel in Schweigen, während er über ihre Bedeutung nachsann. Auf dem Weg zum Hinterhof der Leichenhalle wichen seine schrillen Verwünschungen einem nachdenklichen Gemurmel. Ein paar Straßen von unserem Ziel entfernt ließ Holmes den Kutscher anhalten, und wir stiegen aus. Der Fahrer wurde im Flüsterton angewiesen, auf unsere Rückkehr zu warten. Der Hof war bei unserer Ankunft verlassen, obwohl die Stimmen der Pferdeknechte von den gegenüberliegenden Ställen zu hören waren. Wir schlichen uns, vom gelben Lichtschein aus den Fenstern geleitet, verstohlen voran. Sergeant Hopkins, der aus einleuchtenden Gründen mehr Angst davor hatte, erwischt zu werden, als wir selbst, blickte sich ständig um.
    »Diese Tür führt zum Labor?« fragte Holmes leise und zeigte auf ein breites, hölzernes, verliesartiges Tor, das etwa zwei Meter über dem Boden endete.
    Hopkins nickte und warf einen unruhigen Blick über die Schulter. »Das ist sie, Mr. Holmes.«
    »Man kann die Radspuren da erkennen, wo der Wagen rückwärts eingefahren ist.« Der Detektiv kniete nieder und zeigte uns die Doppelspur, die in dem kärglichen Licht klar zu erkennen war. »Natürlich hat die Polizei ihre Nachforschungen angestellt«, fügte er seufzend hinzu und zeigte uns die überall sichtbaren Fußabdrücke.
    »Es sieht aus, als hätten sie einen schottischen Rundtanz veranstaltet«, bemerkte ich, voll Verständnis für seinen Verdruß.
    Er grunzte zustimmend und verfolgte die Radspuren von der Erde zum Kopfsteinpflaster, auf dem sie nicht mehr sichtbar waren. »Er bog nach links ein, mehr ist nicht festzustellen«, ließ er uns wissen, als er zur Tür zurückkehrte, an der wir warteten. »Es ist unmöglich, zu sagen, wohin er nach Verlassen des Hofes gefahren ist.«
    »Vielleicht sollten wir Toby holen«, schlug ich vor.
    »Die Zeit reicht nicht, um nach Lambeth und zurück zu fahren, und was hätten wir dann, um ihn auf die Spur zu bringen? Er ist nicht mehr der Jüngste, wie Sie wissen, und der Karbolgestank würde nicht ausreichen. Verdammt! Jede Sekunde gibt dieser Seuche – oder was immer es ist – mehr Gelegenheit, sich auszubreiten. Hallo,

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