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Shevchenko, A.K.

Shevchenko, A.K.

Titel: Shevchenko, A.K. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein fatales Erbe
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mag, zu entnehmen, und seien Sie mit diesem Schreiben
dazu ermächtigt.
     
    Gezeichnet - Sofia Polubotok
     
    Kate verlässt die Bank, den Blick fest auf den Boden
geheftet. Vorbei an der Urlaubsreifenfrau, an Jolly Roger, am Wachtpersonal - hinaus,
um Luft zu holen, wegzulaufen. Als ob alle bereits
wüssten, was sie jetzt weiß. Sie hat den klassischen Fehler einer Studentin im
ersten Semester begangen und Schlüsse gezogen, bevor sie sämtliche Fakten
überprüft hatte. Töricht und unverzeihlich. Das Geld war vor zweihundertfünfzig
Jahren abgehoben worden, um eine große politische Mission zu finanzieren. Wurde
dieses Darlehen jemals zurückgezahlt? Graf Orly fiel 1752 im Kampf,
und was aus Sofia geworden ist, weiß sie nicht. Der Versuch, das Erbe jetzt
zurückzufordern, auf allerhöchster Ebene, wäre wie die Wiederholung von Guy
Fawkes' Versuch, das englische Parlament in die Luft zu jagen. Nur würde das
Pulverfass diesmal ganz offen durch die Stadt getragen, im Blitzlichtgewitter
der Pressekameras, vorbei an den Wachposten am Eingang und dennoch voller
Hoffnung auf Erfolg.
    Sie sieht das Szenario förmlich vor sich: die Ankündigung
des Präsidenten, die Erwiderung Großbritanniens, irgendeine abgeklärte,
neutrale Formulierung, in der versteckt Folgendes mitschwingen würde: »Was für
Idioten! Das Geld ist seit Jahrhunderten verschwunden! Und übrigens, Sir, wie
hieß noch mal jene britische Anwältin, die Ihnen diese Story verkauft hat? Wie viel, hat sie
gesagt, sei das wert?« Einfach so. Ein diplomatischer Skandal riesigen
Ausmaßes. Die Presse würde sich auf die Details stürzen, besonders auf die
Summen, um die es ging, und der Präsident würde den Gesichtsverlust
unerträglich finden. Zweifellos würde man auch ihren Namen nennen, weitere
Fragen stellen. Sie erinnert sich an das Schachbrett, das sie im Lawra-Museum
bewundert hat, kleiner als ein Stecknadelkopf. So sieht sie sich selbst - als
Schachfigur, ein Bauer auf einem Stecknadelkopf, umzingelt von der
feindseligen Welt der Geschichte. Die gigantische Maschinerie frisst sich durch
die Jahrhunderte, hält immer wieder Ausschau nach neuen Opfern ... Sie muss
etwas tun, um die Katastrophe aufzuhalten, die sie ins Rollen gebracht hat.
Sie betritt das Büro. Auf ihrem Schreibtisch steht zum Empfang eine geprägte
Karte. Der Präsident der Ukraine erbittet Ihr Kommen. Sie ist
zu dem Bankett mit britischen Wirtschaftsvertretern geladen, das der Präsident
morgen Abend besucht. Sie wird ihm präsentiert werden, nachdem sie in der
langen Reihe der Botschafter und Minister gewartet hat, und dann wird sie nur
noch Sekunden von Schande und Schmach entfernt sein. Sie wird nur wenige
Sekunden Zeit haben, um ihm mitzuteilen: »Legen Sie die Dokumente morgen nicht
vor! Es ist alles falsch, sogar gefährlich. Ich habe jetzt keine Zeit für
Erklärungen. Aber bitte, tun Sie es nicht.«
     
    28
     
    London, Donnerstag, 12. April 2001, 16.55 Uhr
    Macht ist wichtiger als Reichtum. Das weiß er jetzt. Er
sitzt auf dem Fensterbrett der Präsidentensuite, blickt auf die grüne Oase des
Hyde Park hinaus und denkt über die bizarren Entwicklungen des letzten Monats
nach.
    Erst vor vierzehn Tagen hat ihn der Metropolit überzeugt,
diesem komischen Mädchen mit dem ukrainischen Namen eine Audienz zu gewähren.
»Ich bitte Sie nicht oft, Leute zu treffen, aber dieses Treffen könnte wichtig
sein, für Sie und für das Land. Widmen Sie ihr
fünf Minuten.« Dem Präsidenten gefällt es nicht, wie der Metropolit dieses
»für Sie« betont. Da er eine Provokation befürchtete, bat er zwei seiner
Wachleute, an dem Treffen teilzunehmen. Man hätte das Mädchen hübsch nennen
können, wäre da nicht der gequälte Blick gewesen und die beiden Kummerlinien,
die von der Nase zu den Mundwinkeln verliefen. Sie sprach nicht viel, überreichte
ihm einfach nur die Dokumente. Die schienen echt zu sein, aber sie verweigerte
jede Auskunft, wie sie in ihren Besitz gelangt waren.
    Es gefiel ihm nicht, dass sie weder lächelte noch ihn
ansah. Als er sie nach ihren Beweggründen fragte, schwieg sie erst lange, bevor
sie schließlich sagte: »Ich folge den Anweisungen meines Klienten.« Die
Antwort klang professionell und sachlich, völlig angemessen. Aber war das wirklich ihr
Motiv?
    Als sie ging, wandte er sich an seinen Sicherheitschef.
»Ich will alles über dieses Mädchen wissen. Woher sie kommt, ihre Adresse,
ihre Interessen, jeden ihrer Schritte in den nächsten zwei Wochen.
       Wenn

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