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Shevchenko, A.K.

Shevchenko, A.K.

Titel: Shevchenko, A.K. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein fatales Erbe
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musst warten, Sofia, denkt er. Entschuldige, aber
ich muss mich erst mit Oxana treffen. Das wird kein leichtes Treffen. Wirklich
nicht.
     
    16
     
    Dillepropetrowsk, Ostukraine, April 2001
    Er hätte den Zug nehmen sollen. Eine unkomfortable
Nachtreise, ja, aber wenigstens ohne den donnernden Lärm dieser schäbigen AN -24 -Maschine.
Eine neue Airline, hatte er gedacht - toll! -, mit raschen, billigen
Anschlüssen. Jetzt erfährt er am eigenen Leib, was mit »billigen Anschlüssen«
gemeint war. Eine neue Airline mit Turbopropmaschinen, die regelrecht
schrottreif wirken. Ein Flugzeugabsturz passt heute wirklich nicht in seine
Planung. Nun hofft er, dass sich wenigstens die »raschen Anschlüsse«
bewahrheiten und er in einer Stunde da sein wird. Der Sitz neben ihm ist leer.
Er zieht die kopierten Seiten heraus.
     
    Bericht über die Befragung von Oxana Polubotok
    Seit zwei Jahren Studentin an der historischen Fakultät
der Universität Kiew, März 1962
    »Ihr Name.«
    »Oxana Polubotok.«
    »Geburtsdatum?«
    » 23. März 1943.«
     
    Taras überspringt Informationen, die er schon kennt, und
geht zur letzten Seite.
     
    »Was wissen Sie über das Erbe?«
    »Dass Gold in London deponiert wurde. Die Nachkommen
konnten Anspruch auf das Erbe erheben, egal in welcher Generation.«
    »Hat Ihr Vater versucht, Anspruch auf das Erbe zu erheben?«
    »Ja. 1953, kurz vor
seiner Verhaftung. Er hat gesagt, er tue dies, um den Namen meines Großvaters
zu rehabilitieren.«
    »Haben Sie versucht, Anspruch auf das Erbe zu erheben?«
    »Ja. Ich habe vor drei Monaten einen Brief an die Injurcollegia geschickt.«
    »Was sind Ihre Gründe, gerade jetzt Anspruch auf das Erbe
zu erheben?«
    »Nun ja, es gab letztes Jahr so viele Artikel darüber, was
in den dreißiger Jahren unter Stalin wirklich passiert ist, dass ich dachte ...
Ich wollte nur beweisen, dass es das Geld wirklich gibt, dass mein Großvater
kein englischer Spion war und dass mein Vater nicht versucht hat, Dokumente zu
fälschen, um an das Erbe zu gelangen. Warum sollte ich nicht versuchen, ihre
Namen reinzuwaschen? Um meiner Mutter willen, um meiner künftigen Kinder
willen. Es ist wichtig, sie ...«
    »Genug. Besitzen Sie irgendwelche Dokumente, die bestätigen,
dass Sie Anspruch auf das Erbe haben?«
    »Nein. Mein Vater sagte, das Testament selbst liege bei
der Bank of England und wir müssten nur unsere Abstammung nachweisen.«
    »Womit können Sie die nachweisen?«
    »Wir besitzen ein Porträt des kosakischen Hetmans, seine
Briefe, die Briefe seines Sohnes und einen silbernen Kandelaber, in den Pawlo
Polutbotkos Name eingraviert ist. Mein Vater hat einen detaillierten Stammbaum
erarbeitet, der bewies, dass wir direkte Nachkommen sind. Der ältere Sohn des
Hetmans war mein Ururur...«
    »Haben Sie je versucht, mit anderen Nachkommen in Kontakt
zu treten?«
    »Nein.«
    »Besitzen Sie andere Dokumente, die das Erbe betreffen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie jemals Briefe oder Dokumente aus London empfangen?«
    »Nein.«
     
    Taras weiß, was als Nächstes passieren wird. Er sieht es
förmlich vor sich.
     
    Der Fisch schrieb etwas auf. Keine Fragen mehr. Sie war
fast froh, andere Leute im Raum zu sehen. Man sagte ihr, sie brauche jetzt eine
Injektion, zur Entspannung.
    Sie spürte ein kribbelndes Brennen im Arm. Und dann schoss
ihr das Blut in die Ohren, und eine Lawine zermalmte sie, zerrte und riss an
ihr. Sie wollte schreien, aber ihre aufgequollene Zunge war zu groß für ihren
Mund und fiel heraus, und sie beobachtete entsetzt, wie die Zunge immer länger
wurde, immer dünner und sich in ein Tentakel verwandelte. Auch ihre Arme wurden
zu Tentakeln, biegsam, beweglich. Sie erstreckten sich bis in die dunkle Ecke
des Raums, umschlangen den Fisch, würgten ihn. Der Fisch zappelte, sein
glitschiges Maul zu einem verkniffenen Lächeln verzerrt.
    Zum Dröhnen des Ventilators kam jetzt noch Sirenengeheul.
Sie war jetzt nicht mehr in dem Raum, sondern in einem dunklen Lift, der in
unerträglichem Tempo in die Tiefe raste. Neonlampen um sie herum flackerten
immer hektischer und schneller, bis sie zu einem gleißenden Kaleidoskop
verschmolzen. Und dann fiel sie in tiefe, stumme, stumpfe Dunkelheit. Nie würde
sie das Gesicht des Mannes sehen, der sie verhört hatte, nie würde sie
erfahren, was er geschrieben hatte.
     
    Taras jedoch weiß es. Er sieht ihn ganz klar vor sich: die
schlankere Version eines Mannes, den er gut kennt; eine jüngere Version ohne
Doppelkinn. Er beugt sich

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