Sheylah und die Zwillingsschluessel
stolz verkündete. Sie kamen an Wäschereien, Vorratslagern, Jagdhütten, Gerbereien und hunderten von Wohnhütten vorbei. Die meisten Basa erledigten ihre Angelegenheiten direkt vor ihren Hütten. Hühner wurden gerupft, Fleisch gekocht, Babys in Schüsseln gewaschen, Tiere gemolken und vieles mehr. Ihr Kommen wurde schnell bemerkt und die Straßen füllten sich zunehmend mit Menschen, die sie beglückwünschten oder einfach nur sehen wollten. Kinder rannten ihnen hinterher und riefen Wörter in einer fremden Sprache und Frauen und Männer winkten ihnen strahlend zu und sie winkten zurück. Na ja, nicht alle. Berger zum Beispiel schaute stur geradeaus und ignorierte die Dorfbewohner. Seine Männer taten es ihm gleich. Ein kleiner Junge rannte auf Sheylah zu und streckte ihr seine Arme entgegen. Er war vielleicht vier Jahre alt und so rabenschwarz, dass er Isaak Konkurrenz machen konnte. Sheylah hob ihn hoch und knuddelte ihn. „Na, mein Kleiner, wolltest du mich kennenlernen?“ Er sagte etwas in Basa, das sie jedoch nicht verstand. „Er nennt dich mi Basa , weiße Kriegerin“, erklärte Neela. Sheylah lachte. „Und was heißt schwarzer Krieger?“ „Mu Basa.“ Als Sheylah den Kleinen so nannte, kicherte er verlegen. Sie begegnete Andreys Blick und erstarrte. Er hatte zwar ein Lächeln aufgesetzt, doch es erreichte seine Augen nicht. Ob er gerade an seine Familie dachte? Sie ließ den Jungen runter und sah zu, wie er in der Menschenmenge verschwand, die sich mittlerweile um sie gebildet hatte. Sie gingen weiter und als sie die Hütten hinter sich gelassen hatten, kamen sie zu einem Zelt, das von der Größe her einem Einfamilienhaus gleichkam. Es hatte Platz genug, um dort mindestens einhundert Menschen unterzubringen und war so prachtvoll, dass es nur einer Person gehören konnte. Die Farbe des Zeltes war größtenteils rot, aber an manchen Stellen auch violett und mit Verzierungen und Stickereien aufgewertet. Der Eingang war golden eingerahmt und an jeder Seite stand ein goldenes geflügeltes Wesen. „Da sind wir“, sagte Neela überflüssigerweise. Sie legte ihre Waffen ab und deutete auf Sheylah, Andrey und Djego.
„Ihr drei werdet mich begleiten, aber ihr müsst eure Waffen ablegen. Wir betreten jetzt heiligen Boden.“ „ Ich bestehe darauf, euch ebenfalls zu begleiten“, sagte Berger und trat vor. Neela hob die Augenbrauen. „Meine Meisterin wünscht nur bestimmte Personen zu sehen und ich kann mich nicht erinnern, dass dein Name gefallen ist.“
DER GREISIN GEHEIMNIS
Zu Sheylahs Erleichterung beließ er es bei einem hasserfüllten Blick, doch dann mischte sich Sou ein. „Das sieht Berger aber anders“, sagte er. Neela, die sich schon zum Eingang gewandt hatte, drehte sich um. „Wie bitte?“ „Berger ist der Meinung, dass er sein Leben für Sheylah riskiert hat und dafür verantwortlich ist, sie sicher nach Guanell zu geleiten. Er hat also ein Recht darauf“. „Das reicht, ich kann für mich selbst sprechen, Dämon“, knurrte Berger. „Das denkst du also, ja?“, fragte Neela und Wut flammte in ihren Augen auf. „Dann wird dich die Erkenntnis wohl schwer treffen, wenn ich dir sage, dass du nicht der Einzige bist, der hier sein Leben aufs Spiel setzt. Du kannst deiner Herrin ausrichten, dass wir für ihre Hilfe sehr dankbar sind, gleichwohl wir sie aber nicht länger benötigen.“ Berger starrte sie fassungslos an. „Ihr könnt mich nicht so einfach entlassen“, sagte er, doch es klang wie eine Frage. „Er hat recht, Neela. Ich habe Lisa versprochen, dass er uns begleitet“, sagte Andrey. Neela kniff die Augen zusammen. „Meinetwegen, aber er kommt nicht mit hinein.“ Sie stampfte ins Zelt und gebot ihnen, ihr zu folgen. Auch Sou ging mit, doch weil man ohnehin nichts vor ihm verheimlichen konnte, erhob niemand Einwände. Als sie das Zelt betraten, verschlug es Sheylah den Atem. Am Boden lagen verzierte Teppiche in allen möglichen Farben. Vasen, Truhen, Stühle und Tische standen kreuz und quer herum. Kerzen brannten in großen bunten Gestellen, sämtliche Regale waren mit Gefäßen, Schriftrollen und Schnitzereien vollgestopft und Tücher in prachtvollen Farben spannten sich über ihren Köpfen. Sheylah entdeckte sogar Käfige, in denen sonderbare Tiere hausten. So fiel ihr ein Käfig ins Auge, der groß genug war, um mehrere Menschen unterzubringen. Dieser beherbergte zwei gigantische Schlangen. In einem anderen Käfig hauste ein zweiköpfiger Hund mit jeweils nur einem
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