Sheylah und die Zwillingsschluessel
empfindlich, wenn es um das Basavolk geht?“ Er schaute sie fragend an. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ „Vorhin, als Aros so herablassend von ihnen gesprochen hat, hast du deine Fäuste geballt.“
Djego seufzte und schaute sich um. „Ich erzähle es dir, aber nicht hier, komm mit“, sagte er und stand auf. Er half ihr hoch und führte sie aus dem Garten wieder ins Schloss hinein. „Aros sagte, dass Morthon nichts von Alice wusste. Also weiß er auch nichts von mir, was uns einen riesigen Vorteil einbringt“, stellte sie fest. Vielleicht konnte man ihn doch besiegen, wenn man ihn überraschte. Doch Djego verdarb ihr gleich wieder die Stimmung. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Morthon kann dich spüren, genauso wie du ihn spüren kannst.“ „Ich spüre nichts“, widersprach sie sofort. „Ja, aber nur, weil du es noch nicht versucht hast“, gab er zurück. „Es sind Zwillingsschlüssel. Sie können sich über jede Entfernung spüren und werden voneinander angezogen. Früher oder später werdet ihr also aufeinandertreffen und ich an deiner Stelle würde zu ihm gehen, als abzuwarten, dass er kommt. Wir brauchen den Überraschungsmoment auf unserer Seite.“ Sheylah sah ihn schief an. „Überraschungsmoment? Wie soll das gehen, wenn wir uns spüren können?“ Djego sah sie an, als habe er mit der Frage gerechnet. „Genau da wird es interessant. Er weiß, dass der Schlüssel in unserer Welt ist, jedoch nicht, wer der Träger ist. Stell dir vor, eine riesige Armee dringt in sein Land ein, es würde eine Weile dauern, den Träger zu finden.“ Sheylahs Augen leuchteten auf. „Genial – in der Theorie. Die Praxis sieht leider meist anders aus.“ Er pflichtete ihr nickend bei. Djego führte sie zur Rückseite des Schlosses, wo sie eine Hintertür passierten und im Freien landeten. Sheylah verschlug es den Atem, denn vor ihnen erstreckte sich eine endlos weite Wiese. „Wo sind wir?“, fragte sie und drehte sich noch einmal um. Hinter ihr befand sich die Rückseite des Schlosses, die Mauern so hoch, dass man meinen konnte, sie reichten bis zum Himmel.
„Wir befinden uns auf dem Übungsplatz“, verkündete Djego feierlich. „Hier werden unsere Soldaten trainiert und ausgebildet. Ein geheimer Ort, abgeschnitten von der Stadt.“ „Aha“, sagte Sheylah und weidete sich an dem überwältigenden Anblick. Etwa zweihundert Meter weiter standen Bäume in einer geraden Linie, nebeneinander. Auf den dicken Baumstämmen waren grün-weiße Markierungen wie bei einem Dartspiel, gezeichnet. Dort wurden Schießübungen gemacht. Weitere hundert Meter weiter befanden sich die Stallungen der Pferde. Sheylah konnte aus dieser Entfernung leises Wiehern und Hufschläge hören. Und auf der ganzen Wiese verteilt, standen Gerätschaften und Holzpuppen zum Üben herum.
„Hier wirst du den nächsten Monat trainieren“, sagte Djego und machte eine einladende Geste. Plötzlich überkam Sheylah ein kalter Schauer. Sie hatte Angst. „Djego, glaubst du wirklich, dass ein Monat intensives Training reichen wird, um Morthon zu besiegen?“ Sie zweifelte sehr stark daran. Sein Blick wurde ernst und seine Stimme belegt. „Andrey und ich werden jedenfalls unser Bestes dafür tun. Wenn es nach uns ginge, hättest du so viel Zeit, wie du benötigst, aber der Graf ist alt und ungeduldig. Er wird nicht länger warten.“ „Ja, dasselbe hat auch Neela gesagt. Wo wir gerade von ihr sprechen, was ist das zwischen euch?“, fragte sie neckend und stupste ihm den Ellenbogen in die Rippen. Er versuchte eine ernste Miene zu behalten, schaffte es aber nicht ganz. „Ich schätze, da ich auch über dich und Andrey Bescheid weiß, ist es nur recht und billig, wenn ich dir auch etwas über mich erzähle.“ Sheylah ließ sich erwartungsvoll im Gras nieder und Djego tat es ihr gleich. „Vor ungefähr zehn Jahren, als Andrey und ich noch etwas jünger waren, na ja, eigentlich nur ich, waren wir mit einer kleinen Truppe zu weit in Guanell eingedrungen.“ Etwas an dem eben Gesagten machte Sheylah stutzig, doch bevor sie den Gedanken richtig erfassen konnte, sprach Djego weiter. „In weiter Ferne sahen wir Rauch aufsteigen und dachten zuerst, dass es sich um ein Lagerfeuer handelte. Doch etwas viel Entsetzlicheres war der Fall. Es war eine kleine Gruppe von Skintii, die sich um einen qualmenden Haufen tummelten. Es waren Menschen, Sheylah. Die Skintii haben Menschen bei lebendigem Leibe verbrannt, der Anblick war schrecklich. Nachdem wir
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