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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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zurechtzufinden!«
    »Ich werde jetzt meinen Tee austrinken und mich auf den Weg machen. Wenn ich zurückkomme, werde ich dir von der Höhle erzählen.«
    »Na schön.« Wütend arbeitete sich Le Cagot aus dem Schlafsack und hockte, finster über seinem Tee brütend, neben Hel auf der Felsplatte. »Jesus, Maria, Joseph und der Esel! Was für ein Tee ist denn das?«
    »Gebirgs- cha .«
    »Schmeckt wie Pferdepisse.«
    »Da muss ich mich auf dein Wort verlassen. Leider habe ich keine so gründlichen kulinarischen Erfahrungen wie du.«
    Hel leerte seine Tasse, dann wog er die beiden Rucksäcke und wählte den leichteren. Er nahm seine Rolle Edelrid-Seil und einen dicken Karabinerhaken, an dem er einen Ring kleinerer Karabiner befestigte. Dann kontrollierte er rasch die Seitentasche seines Rucksacks, um sich zu vergewissern, dass er auch das Standardsortiment von Kletterhaken für die verschiedenen Gesteinsformationen dabeihatte. Zuletzt wechselte er die Batterien seiner Helmlampe. Diese Lampe war ebenfalls eine seiner Erfindungen und beruhte auf der experimentellen Gerard/Simon-Batterie, klein, aber von großer Kapazität, von denen acht Stück zwischen Kopfteil und Futter des Helms passten. Es gehörte zu Hels Hobbys, in seiner Werkstatt Ausrüstungsgegenstände für die Höhlenforschung zu entwerfen und anzufertigen. Zwar dachte er nicht daran, sich diese Erfindungen patentieren oder sie fabrikmäßig herstellen zu lassen, doch alte Höhlenforscherfreunde beschenkte er oft mit Prototypen.
    Hel blickte auf Le Cagot hinab, der immer noch schmollend vor seinem Tee hockte. »Du findest mich am Ende des Höhlensystems. Ich werde leicht zu erkennen sein: Ich bin der mit dem Siegerblick.« Damit betrat er den langen Korridor, der das Flussbett bildete.
    »Bei den felsigen Eiern von Sankt Peter, du hast die Seele eines Sklaventreibers! Wusstest du das?«, rief Le Cagot ihm nach, während er hastig seine Gerätschaften zusammensuchte und dabei vor sich hin murmelte: »Ich könnte schwören, er hat Falangeblut in den Adern!«
    Kurz nachdem er die Galerie betreten hatte, blieb Hel stehen, um auf Le Cagot zu warten. Das ganze Theater des Ermahnens und Schimpfens war Teil des Zeremoniells ihrer Freundschaft. Hel war durch seine Persönlichkeit, seine Geschicklichkeit als Pfadfinder, die auf seinem Proximitätssinn beruhte, und seine körperliche Geschmeidigkeit zum Führer prädestiniert. Le Cagots bullige Kraft und Ausdauer bestimmten ihn zum Schlussmann beim Höhlenklettern. Von Anfang an hatten sie ein Schema eingeführt, das es Le Cagot gestattete, sein Gesicht und seine Selbstachtung zu wahren. Er war es, der die Geschichten erzählte, wenn sie aus den Höhlen herauskamen. Er war es, der ununterbrochen fluchte, tyrannisierte und maulte wie ein verzogenes Kind. Der Dichter in Le Cagot hatte für sich die Rolle des miles gloriosus, des falstaffischen Clowns zurechtgezimmert – allerdings mit einem schwerwiegenden Unterschied zum wirklichen Prahlhans: Seine Aufschneiderei stützte sich auf eine lange Vorgeschichte verwegenen, lachenden Mutes bei zahllosen Guerillaaktionen gegen die Faschisten, die sein Volk in Spanien unterdrückten.
    Als Le Cagot Hel eingeholt hatte, stiegen sie gemeinsam den schrägen, sich rasch verengenden Einschnitt hinab, dessen Boden und Wände durch die Arbeit des unterirdischen Flusses glattgerieben worden waren und die Formationsstruktur des Höhlensystems verrieten. Der Fels über ihnen war reiner Kalkstein, der Boden, über den das Wasser strömte, uralter Schiefer. Seit Äonen war Sickerwasser durch den porösen Kalk bis auf den undurchlässigen Schiefer gedrungen, über den es abfloss, um sich in der Tiefe einen Auslass zu suchen. Allmählich hatte das leicht säurehaltige Sickerwasser den Kalkstein unmittelbar über dem Schiefer aufgelöst und sich eine Art Wasserleitung geschaffen. Und mit der Zeit hatte es auch die Ränder dieser Röhre angenagt, bis sie instabil geworden war und Einbrüche entstanden, deren Trümmer das Wasser geduldig durch Abschleifen und Lösen erodierte; auch das Geröll selbst wirkte als Schleifmittel, wenn es mit der Strömung davongetragen wurde, half beim Unterhöhlen, löste weitere Einbrüche aus und vervielfachte damit die Wirkung: So hatte sich über Hunderttausende von Jahren durch eine geometrische Progression, bei der die Wirkung zugleich Ursache war, dieses große Höhlensystem entwickelt. Die Hauptarbeit geschah durch das lautlose, allmähliche, doch

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