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Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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wäre es der Erosion der Außenwelt ausgesetzt gewesen. Nach dem Fluss konnte er sich jetzt nicht richten, denn der verlor sich tief unter dem Chaos des Verbruchs, aufgelöst in Tausende von Rinnsalen, die sich einen Weg über den Schieferboden der Höhle suchten. Dreimal verlor er vor Ermattung und Müdigkeit die Richtung, und das Furchtbare daran war, dass er mit blindem Herumstolpern kostbare Energie verschwendete. Jedes Mal zwang er sich, stehen zu bleiben und sich zu beruhigen, bis ihm sein Proximitätssinn den Weg zum nächsten Durchgang wies.
    Endlich aber gab es ein Geräusch, nach dem er sich richten konnte. Als er sich dem Ende der Steigenden Höhle näherte, vereinten sich die Wasserrinnsale tief unten wieder, und er wurde sich ganz allmählich des Rauschens und Donnerns bewusst, das der große Wasserfall verursachte, der in die Kristallhöhle hinabstürzte. Vor ihm senkte sich die Höhlendecke und vereinte sich mit einer Sperrmauer aus zerklüftetem frischem Verbruch. Diese Wand emporzuklettern, durch das irrwitzige Netzwerk der Risse und Kamine, dann wieder auf der anderen Seite hinab durch den tosenden Wasserfall, und das alles, ohne von Le Cagot gesichert zu werden – das war der gefährlichste und schwierigste Teil des Unternehmens. Davor musste er sich ausruhen.
    Hier hatte Hel die Gurte seiner Pressluftflasche abgestreift und sich schwer auf einen Stein niedergelassen, das Kinn auf die Brust gepresst, nach Atem ringend, während der Schweiß ihm aus den Haaren in die Augen rann.
    Er hatte einen großen Schluck aus seinem xahako getrunken und sich dann lang auf der Felsplatte ausgestreckt.
    Sein ganzer Körper schrie nach Ruhe. Aber er durfte nicht einschlafen. Schlaf ist Tod. Nur einen Moment ausruhen. Nicht einschlafen. Nur einen Moment die Augen schließen. Nur die Augen … schließen …
    »Ahh!« Er fuhr hoch, aus dem leichten qualvollen Schlaf gerissen durch das Bild von Le Cagots Helmlampe, die von der Höhlendecke auf ihn herabgestürzt kam. Er richtete sich auf, fröstelnd und schwitzend zugleich. Der Schlaf hatte ihm keine Erholung gebracht; in seinem Körper akkumulierten sich die Giftstoffe der Müdigkeit, seine Hände glichen zwei steifen Paddeln, seine Schultermuskeln hatten sich verknotet, seine Kehle war von der Übelkeit wiederholter Adrenalinschocks zugeschnürt.
    Er saß in sich zusammengesunken da; es war ihm gleichgültig, ob er jetzt weiterging oder nicht. Doch dann brach zum ersten Mal die furchtbare Bedeutung dessen, was Diamond am Feldtelefon gesagt hatte, über ihn herein. Sein Château existierte nicht mehr? Was hatten sie damit gemacht? War Hana ihnen entkommen?
    Die Sorge um sie und das Bedürfnis, Le Cagot zu rächen, übten auf seinen Körper die gleiche Wirkung aus, wie Nahrung und Ruhe es getan hätten. Er klaubte die letzten Traubenzuckerwürfel aus der Tüte, kaute sie und spülte sie mit dem Rest seines Wasser-Wein-Gemischs herunter. Es würde einige Minuten dauern, bis der Zucker vom Blutstrom aufgenommen wurde. Er biss die Zähne zusammen und begann mit der Aufgabe, seine Hände wieder geschmeidig zu machen, den frischen Schorf aufzubrechen, den stechenden Schmerz der Bewegung zu ertragen.
    Als er wieder zupacken konnte, schnallte er sich die Pressluftflasche um und begann die mühselige Kletterpartie den Berg von Verbruch empor, der den Eingang zur Kristallhöhle blockierte. Ihm fiel ein, wie Le Cagot ihm beim letzten Mal gesagt hatte, er solle es ein bisschen weiter links versuchen, weil er genau in seiner Falllinie säße und sich zu wohlfühle, um weiterzurücken.
    Zweimal musste er sich aus den Gurten der Pressluftflasche herauskämpfen, während er sich an prekäre Halte klammerte, weil der Spalt, durch den er sich zwängte, sonst zu eng gewesen wäre, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, die auf seiner Brust baumelnde Maske zu beschädigen. Jedes Mal achtete er sorgsam darauf, dass die Flasche sicher gelagert war, denn beim Fallen wäre vielleicht der Verschluss beschädigt worden oder gar der Zylinder explodiert, und ohne Sauerstoff hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, die letzte Strecke zu durchschwimmen, so dass die ganze bisherige Mühe und Qual umsonst gewesen wäre.
    Als er den schmalen Sims unmittelbar oberhalb des tosenden Wasserfalls erreichte, lenkte er den Strahl seiner Lampe in die Tiefe, aus der feiner Sprühnebel aufstieg und in der windstillen Luft wogte. Er machte nur eben lange genug halt, um wieder ein wenig zu Atem zu kommen und

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