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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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um sie in ihrer Trauer zu trösten, sondern auch, um ihre Träume zu erfüllen.
    Anjika kam in die Küche, ein Handy am Ohr. Sie antwortete dem Anrufer nur einsilbig. Vermutlich rief schon New York nach ihr, mutmaßte Sam, und nahm an, dass sie schnellstmöglich dorthin zurückwollte, egal wie sehr sie ihre Familie liebte. Und wer konnte ihr das übel nehmen?
    »Tut mir leid.« Barun hatte sich wieder unter Kontrolle.
    »Sie müssen sich nicht entschuldigen«, sagte Sam. »Wir haben ohnehin nur ein paar Fragen.«
    Anjika, die noch immer telefonierte, huschte wieder in den Flur.
    »Sie haben gesagt, Sie hätten Sanjiv zum letzten Mal vor zwei Wochen gesehen«, begann Sam. »Welchen Eindruck hat er da auf Sie gemacht?«
    »Er schien vollkommen in Ordnung zu sein, glücklich sogar.«
    »Haben Sie seitdem noch einmal mit ihm gesprochen?«, fragte Martinez.
    Barun nickte. »Drei, vier Mal. Wir haben regelmäßig telefoniert.«
    »Wissen Sie von irgendetwas Ungewöhnlichem in seinem Leben? Oder ob er etwas Besonderes vorhatte?«, fragte Sam. »Hat er mit Ihnen über Privates oder Geschäftliches geredet?«
    »Manchmal.« Barun schüttelte den Kopf. »Ich habe versucht, mich an irgendetwas zu erinnern, das nützlich für Sie sein könnte, aber unsere Gespräche waren meist sehr kurz. Wir haben bloß die Verbindung aufrechterhalten.«
    »Dann hat er also nicht erwähnt«, sagte Martinez, »wohin er Mittwoch oder Donnerstag gegangen ist oder mit wem er sich getroffen hat?«
    Ermittler betrachteten die letzten vierundzwanzig Stunden im Leben eines Opfers stets als besonders wichtig – wie auch die ersten achtundvierzig Stunden nach Auffinden der Leiche.
    »So ist es, Sir«, antwortete Barun.
    In diesem Fall fehlte zu viel Zeit.
    »Wir haben gehört, dass Ihr Bruder einen Freund gehabt hat«, sagte Sam.
    »Ja, aber die beiden haben sich vor einiger Zeit getrennt. Der Mann hieß Eddie Lopéz.« Ein Zucken in Baruns Mundwinkel verriet seine Missbilligung. »Ein Tänzer. Ich habe ihn nur ein Mal getroffen. Sanjiv hat mir gesagt, Eddie habe bei ›Cats‹ mitgespielt und in ein paar anderen, kleineren Shows. Aber in der Zeit, da sie zusammen waren, hat Eddie nur als Nachtclubtänzer gearbeitet.«
    »Wir haben gehört, die beiden hätten zusammengelebt«, sagte Martinez.
    »Das stimmt. Ungefähr drei Monate.« Barun senkte die Stimme. »Aber sie haben nicht zusammengepasst. Ich glaube, Sanjiv wusste das, auch wenn er es nie gesagt hat.«
    »Wissen Sie, wer von beiden die Beziehung beendet hat?«, fragte Sam.
    »Eddie hat meinen Bruder verlassen.«
    »Wissen Sie, ob die beiden sich gestritten haben?«, fragte Martinez.
    »Falls ja, hat Sanjiv mir nichts davon erzählt. Mein Bruder hat immer hart gearbeitet. Er wollte Karriere machen und hat davon geträumt, eines Tages sein eigenes Boutique-Hotel zu eröffnen.« Baruns dunkle Augen waren trauriger denn je. »Er war ein Romantiker. Einmal hat er zu mir gesagt, dass er gerne jemanden hätte, um den er sich kümmern könne, und ich glaube, er hat immer für Eddie gekocht, sogar geputzt.« Er hielt kurz inne. »Sanjiv hat einmal gesagt, wenn er hundemüde nach Hause kam und nichts mehr tun konnte, habe das Eddie überhaupt nicht gefallen.«
    »Welchen Eindruck hat Sanjiv auf Sie gemacht, nachdem Lopéz ihn verlassen hatte?«, fragte Martinez.
    »Er war unglücklich«, sagte Barun. »Dann aber schien er sich zusammenzureißen. Er hat gesagt, er wolle sich nun umso mehr auf die Arbeit konzentrieren. Mein Bruder hatte viel Ehrgeiz.«
    Anjika, die ihr Telefonat beendet hatte, kehrte in die Küche zurück und legte ihrem Bruder die Hand auf die Schulter. Dann drehte sie sich wortlos um und ging wieder zu ihren Eltern ins Wohnzimmer.
    »Haben Sanjiv und Ihr Vater sich wegen seines Lebensstils gestritten?«, fragte Martinez.
    Barun rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Ist das wirklich von Bedeutung, Detective?«
    »Wahrscheinlich nicht«, antwortete Sam.
    Barun seufzte. »Sicher, sie haben sich manchmal gestritten. Dad wollte, dass Sanjiv Arzt oder Anwalt wird – oder wenigstens ein kleiner Buchhalter wie ich.«
    »Und was ist passiert, als Sanjiv sich für das Hotelgewerbe entschieden hat?«, fragte Sam.
    »Unser Vater weiß mit Enttäuschungen umzugehen. Ich meine, er weiß, wie er sie zeigen kann.« Ein schiefes Lächeln erschien auf Baruns Gesicht. »Das kann er noch besser als unsere Mutter, und ich bin sicher, Sie haben schon von indischen Müttern gehört.«
    »Ich hatte eine

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