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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
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globale Reichweite und Macht der Presse. Das ist ein romantisches Ideal, das schon seit Charles Dickens nicht mehr gestimmt hat. Oder jedenfalls seit der Erfindung des Fernsehens.»
    Kirby starrt den Queue entlang, versucht, die Kugel mit reiner Willenskraft dorthin zu lenken, wo sie hinsoll. Es funktioniert nicht. Genervt richtet sie sich auf. «Wie sind sie überhaupt an einen Stein von der Cheopspyramide gekommen? Ist das kein illegaler Schmuggel von Artefakten? Wieso hat das keinen internationalen Skandal auf diplomatischer Ebene provoziert?»
    «Darum geht es auch nicht!» Matt beschreibt zur Bekräftigung mit seinem Glas einen Halbkreis, und Kirby erkennt, dass er ziemlich betrunken ist. «Der
Punkt
ist, dass die
Tribune
Touristen anzieht. Und
wir
ziehen durchgeknallte Irre an.»
    «Das liegt daran, dass sie dort eine richtige Security haben. Wenn man reinwill, muss man sich an der Rezeption eintragen. Die Leute kommen zu uns, weil sie einfach aus dem Aufzug direkt in unser Großraumbüro spazieren können.»
    «Wir sind die Zeitung für die einfachen Leute, Chet. Wir müssen zugänglich sein. Das ist die Hauptsache.»
    «Du bist betrunken, Matt.» Victoria steuert den Chefredakteur zu einer Sitzecke. «Komm, ich besorg dir eine Cola. Lass die jungen Leute in Ruhe.»
    Chet wedelt mit seinem Queue zu dem verlassenen Billardtisch. «Willst du weiterspielen?»
    «Nö, scheiß drauf. Kommst du mit raus an die frische Luft? Der Rauch hier macht mich fertig.»
     
    Sie stehen unbehaglich nebeneinander am Bordstein. Downtown leert sich, die letzten Büromenschen sind auf dem Nachhauseweg, werden durch die Überschwemmung zu Gott weiß welchen Umwegen gezwungen. Chet spielt an seinem Vogelschädel-Ring herum. Plötzlich ist er schüchtern geworden.
    «Also, na ja», fängt er an, «man lernt, sie zu erkennen. Die Irren. Egal wie, aber du musst Blickkontakt vermeiden, und falls du den Fehler machst, ein Gespräch mit ihnen anzufangen, schieb sie so bald wie möglich an jemand anderen ab.»
    «Das merk ich mir», sagt Kirby.
    «Rauchst du?», fragt Chet hoffnungsvoll.
    «Nein, deshalb musste ich ja aus der Bar gehen. Ich kann nicht mehr rauchen. Es tut mir zu weh im Bauch, wenn ich husten muss.»
    «Oh. Stimmt. Ich habe darüber gelesen. Ich meine, ich habe mir einiges über dich angelesen.»
    «Hab ich mir schon gedacht.»
    «Na ja, nachdem ich bei uns im Archiv arbeite …»
    «Verstehe.» Sie fragt so beiläufig wie möglich, versucht, keine Hoffnung durchschimmern zu lassen: «Irgendwas mitbekommen, das ich noch nicht weiß?»
    «Nein, das glaube ich nicht.» Er lacht nervös. «Ich meine, du bist schließlich diejenige, die
dabei
war.»
    Sie erkennt den Hauch von Ehrfurcht in seiner Stimme, und die altvertraute Verzweiflung steigt wieder in ihr auf.
    «Klar war ich das», sagt sie munter. Sie macht es ihm nicht leicht, das weiß sie, aber sie ist angepisst, weil ihm das, was ihr passiert ist, Ehrfurcht einflößt. So großartig ist es nun auch wieder nicht, will sie sagen. Schließlich werden die ganze verdammte Zeit Frauen umgebracht.
    «Ich habe gedacht …», sagt er in einem hilflosen Versuch, die Distanz zu überbrücken. Zu spät, denkt Kirby.
    «Ja?»
    Er stürzt sich kopfüber in seinen Satz. «Da gibt es so einen Comicroman, den du lesen solltest, finde ich. Es geht um ein Mädchen, eine junge Frau, der etwas Schreckliches passiert, und sie erschafft eine riesige magische Traumwelt in ihrem Kopf, und dann ist da dieser obdachlose Typ, der ihr Beschützer-Superheld wird, und Tiergeister. Es ist der Hammer. Echt der Hammer.»
    «Das klingt … super.» Sie hatte gedacht, er könnte es gelassener sehen. Aber das ist ihr Problem, nicht seins. Es ist nicht sein Fehler. Sie hätte es schon aus meilenweiter Entfernung kommen sehen müssen.
    «Ich meine, ich habe gedacht, du würdest es interessant finden.» Er sieht sie kläglich an. «Oder nützlich. Es klingt wirklich total bescheuert, wenn ich es jetzt sage.»
    «Vielleicht kannst du ihn mir ja ausleihen, wenn du damit fertig bist», sagt sie auf eine Art, die sagt:
Bitte nicht. Bitte vergiss es einfach und bring es nie mehr zur Sprache, weil mein Leben nämlich kein verdammter Comic ist.
Sie wechselt das Thema in dem Versuch, sie beide vor sich selbst zu retten, und vor dem saugenden Loch aus Unbehaglichkeit, das sich zwischen ihnen auftut. «Also, Victoria und Matt?»
    «Oh Gott!», er wird wieder fröhlicher. «Das geht mit gelegentlichen Unterbrechungen

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