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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dass er sich das Gerät doch sehr wünschte. Aber dann hatte er wieder Angst. Er machte sich ganz krank dabei und mich auch. Mommy unterhielt sich gerade mit dem Schuhverkäufer, und ich ging hinüber und sagte: ›Junge, nimm das Radio nicht. Geh raus.‹ Und er bekam richtig Angst und ging schnell weg.«
    Hallorann grinste breit. »Das kann ich mir vorstellen. Kannst du sonst noch etwas, Danny? Sind es nur Gedanken und Gefühle oder gibt es da mehr?«
    Vorsichtig: »Gibt es denn bei Ihnen mehr?«
    »Manchmal«, sagte Hallorann. »Nicht oft, nur manchmal … manchmal habe ich Träume. Träumst du auch, Danny?«
    »Manchmal«, sagte Danny, »träume ich, wenn ich wach bin. Wenn Tony gekommen ist.« Und wieder wollte der Daumen in den Mund. Bisher hatte er nur Mommy und Daddy darüber erzählt. Er ließ die Hand sinken.
    »Wer ist Tony?«
    Und plötzlich hatte Danny eine jener blitzartigen Einsichten, die ihm am meisten Angst machten; es war, als sähe er eine fremdartige Maschine vor sich, die vielleicht harmlos war, vielleicht aber auch tödliche Gefahr barg. Er war zu jung, das zu unterscheiden. Er war zu jung, es zu begreifen.
    »Was ist los?« rief er. »Sie fragen mich das alles, weil Sie sich Sorgen machen, nicht wahr? Warum sollten Sie sich meinetwegen Sorgen machen? Warum sollten Sie sich unsertwegen Sorgen machen?«
    Hallorann legte seine großen, dunklen Hände auf die schmalen Schultern des Jungen. »Beruhige dich«, sagte er. »Wahrscheinlich ist es nichts. Wenn es aber etwas ist … nun, in deinem Kopf liegen enorme Kräfte. Du wirst noch viel älter werden müssen, um wirklich mit ihnen fertigzuwerden. Du musst ganz tapfer sein.«
    »Aber ich verstehe die Dinge nicht«, brach es aus Danny hervor. »Ich kann und kann sie nicht verstehen. Die Leute … haben Gefühle, und ich spüre diese Gefühle, aber ich verstehe sie nicht.« Er schlug traurig die Augen nieder. »Wenn ich doch nur lesen könnte. Manchmal zeigt Tony mir Worte, und ich kann kaum eins von ihnen lesen.«
    »Wer ist Tony?« fragte Hallorann zum zweiten Mal.
    »Mommy und Daddy nennen ihn meinen unsichtbaren Spielgefährten«, sagte Danny und brachte das Zitat sehr sorgfältig. »Aber er ist wirklich da. Wenigstens glaube ich das. Manchmal, wenn ich mich sehr anstrenge, die Dinge zu begreifen, kommt er. Er sagt: ›Danny, ich will dir etwas zeigen.‹ Und dann ist es, als ob ich in Ohnmacht falle. Nur … dann habe ich Träume, wie Sie schon sagten.« Er sah Hallorann an und schluckte. »Früher waren es schöne Träume. Aber jetzt … ich weiß nicht mehr das Wort für Träume, die einen so erschrecken, dass man weint.«
    »Alpträume?« fragte Hallorann.
    »Ja. Das stimmt. Alpträume.«
    »Haben sie mit diesem Ort zu tun? Mit dem Overlook?«
    Danny betrachtete die Hand, deren Daumen er vorhin im Mund gehabt hatte. »Ja«, flüsterte er. Dann klang seine Stimme plötzlich schrill, und er sah Hallorann ins Gesicht. »Aber das kann ich Daddy nicht erzählen, und Sie dürfen das auch nicht. Er braucht diesen Job hier, denn es ist der einzige, den Onkel Al ihm besorgen konnte, und er muss sein Stück fertigschreiben, denn sonst tut er wieder das Schlimme, und ich weiß, was es ist. Er wird dann betrunken. Früher war er immer betrunken, und das ist etwas ganz Schlimmes!« Er schwieg und kämpfte mit den Tränen.
    »Schscht«, sagte Hallorann und drückte Dannys Gesicht an den blauen Sergestoff seiner Jacke. Er roch leicht nach Mottenkugeln. »Ist ja schon gut, mein Sohn. Und wenn du gern am Daumen lutschst, tu’s ruhig.« Aber er machte ein sehr besorgtes Gesicht.
    Dann sagte er: »Was du bist, mein Sohn, nenne ich hellsichtig. Die Bibel nennt es Visionen, und einige Wissenschaftler nennen es die Fähigkeit, etwas im voraus zu erkennen. Ich habe darüber gelesen. Ich habe es studiert. Es bedeutet, in die Zukunft zu sehen. Verstehst du das?«
    Danny nickte gegen Halloranns Jacke.
    »Ich erinnere mich an die stärkste Vorahnung, die ich je hatte … ich werde es nie vergessen. Es war 1955. Ich war noch in der Armee, und wir waren in Westdeutschland stationiert. Es war eine Stunde vor dem Abendessen, und ich stand an der Spüle und mistete einen der Küchenhelfer an, weil er die Kartoffeln zu dick schälte. Ich sag noch: ›Komm, ich zeig dir, wie man es macht‹, und plötzlich war die ganze Küche verschwunden. Peng, einfach weg. Du sagst doch, dass du immer diesen Tony siehst, bevor … du deine Träume hast?« Danny nickte.
    Hallorann legte

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