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Shining

Shining

Titel: Shining Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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niemand mehr am Eingang. Sie waren hineingegangen. Es war, als hätte das Overlook sie verschluckt.

 
12
     
    DER GROSSE RUNDGANG
     
    »Worüber habt ihr gesprochen, Honey?« fragte Wendy, als sie wieder hineingingen.
    »Ach, über nichts weiter.«
    »Für ›nichts weiter‹ war es eine recht lange Unterhaltung.«
    Er zuckte die Achseln, und Wendy erkannte etwas männlich Herablassendes in der Geste; Jack selbst hätte es kaum besser machen können. Sie würde aus Danny nichts herausbekommen. Sie empfand große Verbitterung, gemischt mit einer noch stärkeren Zuneigung: für diese Zuneigung konnte sie nichts, und die Verbitterung entstand aus dem Gefühl, dass man sie absichtlich ausschloss. Bei den beiden fühlte sie sich manchmal wie ein Außenseiter, ein Statist, der versehentlich auf die Bühne zurückgekommen war, während dort die Haupthandlung ablief. Nun, in diesem Winter würden ihre beiden schwierigen Männer sie wohl kaum ausschließen können; dafür würden sie hier zu dicht aufeinander hocken.
    Plötzlich wusste sie, dass sie auf die enge Verbundenheit zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn eifersüchtig war, und sie schämte sich. Sie war der Empfindung zu nahe, die ihre Mutter gehabt haben könnte … zu nahe, um nicht beunruhigt zu sein.
    Das Foyer war jetzt leer. Nur Ullman und der Empfangschef waren noch da (sie standen an der Kasse und machten die Abrechnung), und am Vordereingang standen zwei Stubenmädchen, die sich bequeme Hosen und Pullover angezogen hatten, zwischen ihren Gepäckstücken und schauten nach draußen. Außerdem war da noch Watson, der Monteur. Er merkte, dass eins der Mädchen ihn ansah, und zwinkerte ihr zu … ein entschieden wollüstiges Zwinkern. Rasch sah das Mädchen weg. Jack stand in der Nähe des Restaurants am Fenster und betrachtete die Aussicht. Er wirkte wie in Träume versunken.
    Die Abrechnung schien erledigt zu sein, denn Ullman warf mit gebieterischer Geste und lautem Knall die Lade zu. Er unterschrieb den Kassenstreifen und legte ihn in seine Tasche mit Reißverschluss. Wendy empfand Verständnis für den Empfangschef, der sehr erleichtert aussah. Ullman war genau der Mann, der dem Angestellten ein etwaiges Defizit auf der Stelle aus der Haut geschnitten hätte … und das ohne Blutvergießen. Wendy mochte Ullman und seine geschäftige, angeberische Art nicht sehr. Er war wie alle Bosse, die sie kannte. Den Gästen gegenüber zuckersüß, allein mit seinen Angestellten ein kleinlicher Tyrann. Aber nun war die Schule aus, und die Freude darüber stand dem Empfangschef im Gesicht geschrieben. Sie war für alle aus, nur nicht für sie, Jack und Danny.
    »Mr. Torrance«, rief Ullman in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. »Würden Sie bitte herkommen?«
    Jack ging zu ihm und bedeutete Wendy und Danny mit einem Kopfnicken, dass sie auch kommen sollten.
    Der Angestellte, der nach hinten gegangen war, kam jetzt mit einem Mantel bekleidet wieder zum Vorschein. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Winter, Mr. Ullman.«
    »Den wünschen Sie mir vergebens«, sagte Ullman abweisend. »Am zwölften Mai, Braddock. Keinen Tag früher. Keinen Tag später.«
    »Yes, Sir.«
    Braddock kam um den Schreibtisch herum, und sein Gesicht strahlte die Würde aus, die seiner Position entsprach, aber als er Ullman ganz den Rücken zugekehrt hatte, grinste er wie ein Schuljunge. Er sprach kurz mit den beiden Mädchen, die immer noch an der Tür auf ihren Wagen warteten. Dann ging er, und ihr unterdrücktes Lachen folgte ihm.
    Jetzt erst bemerkte Wendy, wie still es geworden war. Das Schweigen hatte sich über das Hotel gebreitet wie eine Decke, die alles einhüllte, nur nicht das schwache Geräusch des Windes, der am Nachmittag ein wenig stärker wehte. Sie konnte in das Büro hineinsehen, dessen leere Schreibtische zusammen mit den grauen Aktenschränken eine geradezu sterile Ordnung verrieten. Weiter hinten erkannte sie Halloranns makellose Küche, deren mit runden Fenstern versehene Doppeltür von Gummikeilen offengehalten wurde.
    »Ich denke, ich nehme mir noch die Zeit, Sie durch das Hotel zu führen«, sagte Ullman, und Wendy überlegte, dass das große H sogar in Ullmans Stimme zu hören war. Das war auch beabsichtigt. »Ihr Mann wird das Hotel schon bald gründlich kennen, Mrs. Torrance, aber Sie und Ihr Sohn werden sich wohl hauptsächlich unten aufhalten. Außerdem im ersten Stock, wo Sie wohnen werden.«
    »Gewiss«, sagte Wendy höflich, und Jack warf ihr einen

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