Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen
fragte Montoya, ergriff einen Pappbecher und ließ den dünnen Strahl Kaffee hineinfließen.
»Ich nicht, aber mein Freund«, stellte sie richtig.
»Moment mal – wohnt Pomeroy nicht in Cambrai?«
»Außerhalb des Stadtgebiets. Im Niemandsland, sozusagen.«
Montoyas Magen machte einen Satz. Er erinnerte sich, an dem kunstvollen schmiedeeisernen Tor vorbeigefahren zu sein, das Pomeroys Grundstück sicherte. »Er wohnt in der Nähe von Abby Chastain!«
»Tatsächlich?«, fragte Zaroster und warf den benutzten Teebeutel in den Müll.
Das Gefühl, das Montoya beschlich, behagte ihm nicht. Ganz und gar nicht. »Was ist mit ihm?«
»Weiß ich nicht. Ich habe auf der Toilette Vera von der Vermisstenabteilung getroffen, und sie sagte, seine Frau sei verreist gewesen und heute Morgen zurückgekommen. Asa war nicht zuhause. Das Bett war gemacht, und offenbar zieht er für gewöhnlich nicht mal die Bettdecke glatt. Wie auch immer, das Mädchen und der Gärtner konnten nicht ins Haus, das automatische Schloss am Tor ist wohl kaputt. Sieht so aus, als hätte jemand den Code geändert, meint der Typ vom Sicherheitsdienst, der es nachgeprüft hat. Also ruft die Frau Asa auf seinem Handy an, aber er meldet sich nicht. Allmählich beginnt sie, sich Sorgen zu machen, und dann ruft Asas Sekretärin aus seinem Büro an: Asa sei noch nicht erschienen, dabei habe er eine wichtige Konferenz. Sie telefoniert herum, aber weder seine Kumpels noch Angehörige oder sonst wer hat eine Ahnung, wo er stecken könnte. Daraufhin ruft die Frau die Polizei an und will kommen, um ihre Vermisstenmeldung zu Protokoll zu geben. Die vierundzwanzig Stunden sind noch nicht um, aber es sieht nicht gut aus.«
»Wo ist er zuletzt gesehen worden?«
Zaroster kostete ihren Tee, hob in einer fragenden Geste die freie Hand und schüttelte den Kopf. »Ich sagte doch, ichweiß nichts. Bisher brodelt nur die Gerüchteküche. Und es ist nicht unser Fall.«
Noch nicht, ging es Montoya durch den Kopf voller Unbehagen bei dem Gedanken, dass das Grundstück der Pomeroys an Abbys grenzte. War es Zufall, dass ihr Exmann in derselben Woche ermordet wurde, in der ihr nächster Nachbar verschwand?
»Ach ja«, sagte Zaroster und schlürfte ihren Tee. »Ich habe meinen Onkel am All Saints angerufen.«
»Und was sagt er?«, fragte Brinkman, der gerade in die Küche kam, nach der Kaffeekanne griff und sich den letzten Rest einschenkte. »Sag bloß, der Hexenorden trifft sich jeden Sonntagabend um sieben Uhr, wie die Bingo-Runde meiner Tante.«
»Ja, genau.«
»Und an Stelle von selbst gebackenen Plätzchen und Punsch bringen sie alle Phiolen mit Blut für einen kleinen Cocktail mit?«
»Ist Courtneys Zimmergenossin wirklich
so
schlimm, oder ist er einfach ein Spießer?«, wandte sich Zaroster an Montoya.
»Entscheide du.«
»Ich weiß nur, dass meinem Onkel zufolge die Gothic-Bewegung am All Saints College ziemlich angesagt ist. Nichts Gefährliches, sondern ein paar Kids, die auf schwarzes Haar, schwarze Stiefel, schwarzen Lippenstift und weiß geschminkte Gesichter stehen. Keine große Sache.«
Brinkman schnaubte verächtlich.
»Aber ein paar von denen nehmen die Sache wohl etwas ernster.«
»Wie die kleine Miss O, möchte ich wetten«, versetzte Brinkman.
»Mag sein. Natürlich wird immer geklatscht, und es kursieren Gerüchte über Vampir-Verehrung und Bluttrinken – der übliche Studenten-Kram.«
Montoya lachte.
»Was hab ich gesagt?« Brinkman nahm einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht. »Als Nächstes opfern sie dann Jungfrauen. Allerdings ist Mary LaBelle ja schon tot, also werden sie wohl keine mehr finden. Sie war bestimmt die einzige Jungfrau am ganzen College.«
»Du würdest dich wundern«, sagte Zaroster sichtlich gereizt.
»Ja, natürlich.« Brinkman trank noch einen Schluck Kaffee und zog eine Grimasse, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. »Der schmeckt beschissen.«
»Dann brüh frischen auf«, riet Zaroster ihm, und als er den Mund zu einer Antwort öffnen wollte, fuhr sie fort: »Und erzähl mir bloß nicht, du wüsstest nicht, wie das geht, oder Frauen könnten das besser, okay?«
»Aber es ist nun mal so.«
»Ich habe keine Lust.«
Er zuckte mit den Schultern.
»Was bist du doch für ein Baby! Sieh mal, der Kaffee ist portionsweise abgepackt.«
Sie nahm einen Kaffeepad aus einem Korb voller Teepackungen, Kaffee und kleiner Süßstoffpäckchen. Dann hielt sie Brinkman das Päckchen unter die Nase. »Ist verdammt
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