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Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Geräusche, den Ruf ihres Vaters, die Schreie und die eiligen Schritte, mit denen andere zur Hilfe herbeistürmten.
    Zu spät.
    Dann die Sirene des Krankenwagens – überflüssiger Lärm, Teil der Dissonanz, die der Welt verkünden zu wollen schien, dass Faith Chastain ihrer Qual endlich entronnen war.
    Abby trat zurück, fort von der Stelle, wo sie wieder das Blut fließen sah, das Gesicht ihrer Mutter, ihr in einem unrealistischen Winkel zugewandt. Es schaute zu ihr auf … wie aus weiter Ferne … als stünde Abby auf einem Berggipfel. Wie immer spielte ihre Einbildung ihr Streiche.
    Abbys Fersen stießen gegen die Stufen, die zum Haupteingang führten. Sie riss sich endlich los von der Stelle, an dem Faith ihr Leben ausgehaucht hatte, drehte sich um und stieg die Stufen zur Tür hinauf, drückte die Klinke und lehnte sich mit der Schulter dagegen.
    Abgeschlossen.
    Natürlich.
    Der Himmel öffnete seine Schleusen jetzt noch weiter, die Regentropfen prasselten nieder, es war dunkel wie zur Abenddämmerung. Abby hätte zurückfahren, das Unterfangen aufgeben und hoffen können, dass diese Besichtigung des Tatorts ausreichte, um ihrer Seele Frieden zu bringen,um mit dem Tod ihrer Mutter abzuschließen. Doch als sie noch einmal einen Blick hinauf zum Fenster von Faiths Zimmer warf, wusste sie, dass immer Fragen offen bleiben, Zweifel sie plagen würden, wenn sie nicht bis in das Schlafzimmer vordrang, in dem der Wahn ihrer Mutter zum Selbstmord eskalierte.
    Und nun war sie schon einmal hier, nicht wahr?
    Sie ging um das Gebäude herum, rüttelte an Türen und fand sie alle verriegelt, die Flügeltüren zur Veranda ebenso wie die Küchentür, vor der die Lebensmittel angeliefert worden waren.
    Sie war schon im Begriff aufzugeben, einzusehen, dass sich das Schicksal gegen sie verschworen hatte, da entdeckte sie in der Nähe eines Lieferantenparkplatzes ein Fenster, dessen Scheibe zertrümmert war, das man jedoch nicht mit Brettern vernagelt hatte.
    Vielleicht hatte sich das Schicksal doch noch eines Besseren besonnen.
    Abby stieg auf den bröckelnden Absatz und versuchte, das Fenster hochzuschieben. Es gab ein wenig nach. Sie legte die Kamera beiseite und schob mit beiden Händen noch einmal etwas kräftiger. Nichts passierte. Das Fenster rührte sich nicht. »Mach schon, mach schon«, bat sie und fragte sich unwillkürlich, wie viele Gesetze sie eigentlich gerade übertrat, stellte sich vor, wie sie Detective Montoya den Grund für ihr unerlaubtes Eindringen erklären musste. Nicht unbedingt ein angenehmer Gedanke. Sie atmete ein paarmal tief durch und versuchte es erneut. Ihre Armmuskeln, die Schultern und der obere Rücken schmerzten von der Kraftanstrengung. Sie biss die Zähne zusammen. Strengte sich noch mehr an.
    Plötzlich glitt das Fenster nach oben und Abby wäre beinahegestürzt. Abgestandene Luft wehte ihr entgegen und einen Augenblick lang war sie unentschlossen. Doch dann hob sie die Minolta auf und ließ sie am Trageriemen vorsichtig auf der anderen Seite des Fensters in den Raum hinab. Jetzt war sie selbst an der Reihe. Bedeutend beweglicher, als sie sich selbst eingeschätzt hatte, stemmte sie sich hoch, kroch durch die Fensteröffnung und fing sich nach dem Sprung mit den Händen auf dem staubigen Boden eines vormaligen Speisesaals ab. Jetzt war der Raum leer und der Boden fleckig von dem Wasser, das durchs Fenster und an der Wand hinab in die Ritzen zwischen den Dielen gelaufen war.
    Es war dunkel im Haus, doch sie wagte es nicht, Licht zu machen. Vermutlich war der Strom sowieso schon vor vielen Jahren abgestellt worden. Während sie durch den alten Speisesaal schlich, versuchte sie, sich so leise wie möglich zu bewegen, als könnte sie, wenn sie Lärm verursachte, die Geister wecken, die hier hausten.
    Was natürlich Blödsinn war.
    Sie glaubte ja auch nicht an Geister.
    Warum lief sie dann nicht laut rufend durch die alten Flure? Fürchtete sie, jemand könnte sie hören? Wer? Die in ihrem Kloster eingesperrten Nonnen? Oder verspürte sie aus Ehrfurcht vor den Toten das Bedürfnis, leise zu sein? Oder aus Angst? Wovor? Dass sie womöglich eine Schlange aufschreckte, die sich hier eine Wohnstatt gesucht hatte und nun zusammengerollt in einer finsteren Ecke lag? Dass sie eine Ratte über den staubigen Boden huschen sah?
    Oder einfach, weil ihr klar war, dass sie sich hier nicht aufhalten durfte? Nein, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, hatte sie tatsächlich Angst.
    Vor dem, was sie finden

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