Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
würde.
    In ihrem Inneren.
    Man wächst mit seinen Aufgaben
… Die Worte ihres Vaters hallten wieder einmal durch ihr Bewusstsein, wiederholten sich wie ein Mantra. Sie ließ den Speisesaal hinter sich und trat durch eine Vorratskammer in die Küche. Sie erinnerte sich, als Kind in diesem Raum gewesen zu sein, sah vor ihrem inneren Auge das glänzende Porzellan und funkelndes Kristall, das Gäste und Patienten, sofern sie vertrauenswürdig waren, benutzen durften.
    In der Küche war es schmuddelig, der Herd, bedeckt mit dem Schmutz eines ganzen Jahrzehnts, bot – dem Kot nach zu urteilen, den Abby bemerkte – allen möglichen Nagetieren eine Heimstatt. Sie versuchte, die Tür zum Kellergeschoss zu öffnen, aber die war fest verschlossen, und unwillkürlich überkam sie Erleichterung, dass es wenigstens einen Ort gab, den zu inspizieren sie sich nicht gezwungen fühlte.
    Jetzt hast du dich hier in der Küche lange genug deinen Dämonen gestellt, dachte sie und ging weiter in die Eingangshalle, wo, wie sie sich erinnerte, am Fuß der Treppe eine alte Standuhr ihren Platz gehabt hatte. Sie war nicht mehr da, das Empfangspult war unbesetzt, die dahinter liegenden Büros kamen ihr vor wie kleine, luftleere Grabkammern.
    Der Salon mit seiner hohen Decke war ihr einst elegant und prachtvoll erschienen. Jetzt roch es hier nach Moder und Verfall, die verblichenen Samtvorhänge waren verschlissen und hingen in Fetzen, der einzig verbliebene, einst tiefbraune Sessel zeigte ein stumpfes Orange, die Füllung war aus den Polstern gequollen und bedeckte ringsum den Boden.
    Das ganze verdammte Haus war einfach nur deprimierend. Falls ihre Seele hier eine bedeutsame Offenbarung erfahren sollte, stand sie ihr noch bevor.
    Aber du warst ja auch noch nicht in ihrem Zimmer, nicht wahr, Abby?
    Alles andere ist doch gar nicht wichtig
.
    Du musst das Zimmer sehen, in dem sie gelebt hat, das Zimmer, in dem sie ihre schlaflosen Nächte verbrachte, das Zimmer, in dem sie sich schließlich durchs geschlossene Fenster gestürzt und so das Leben genommen hat
.
    »Verdammt«, flüsterte Abby und ging zur Treppe. Langsam stieg sie hinauf, wie damals als Kind, als Schwester Rebecca darauf bestanden hatte, dass »Laufen, Hüpfen und Herumtollen wie wilde Gassenjungen« verboten war.
    Im ersten Stock hielt sie inne und spähte den dunklen Korridor entlang. Die Türen sämtlicher Privatzimmer standen offen, hingen schief in ihren alten Scharnieren.
    Die Hand auf dem Geländer, ging sie weiter hoch zur zweiten Etage und hielt inne, als sie glaubte, etwas gehört zu haben – Schritte? Im unteren Stockwerk? Oder oben? Sie wartete mit angehaltenem Atem. Horchte. Doch sie hörte nichts außer dem Prasseln des Regens auf dem Dach und dem Rauschen des Wassers in den Regenrinnen. Ansonsten blieb alles still, abgesehen von ihren eigenen Schritten auf der knarrenden Treppe.
    Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich stumm. Ihr Herz hämmerte, als sie auf dem letzten Treppenabsatz das Bleiglasfenster betrachtete und sich fragte, wie es den Verfall hatte überstehen können. Warum war es nicht verkauft worden? Was hatte es vor der Zerstörung bewahrt? Sie erinnerte sich, früher das Madonnenbild betrachtet zu haben, wenn helles Sommerlicht durch die Scheibe fiel und den goldenen Heiligenschein der Jungfrau Maria leuchten ließ, als käme er geradewegs aus dem Himmel.
    Abby wandte sich ab, stieg die letzten paar Stufen zum zweitenStock hinauf und blieb dann wie angewurzelt stehen. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Alle Türen waren geschlossen, nicht eine stand offen wie im Stockwerk darunter.
    »Wie merkwürdig«, flüsterte sie und wünschte sich, die Taschenlampe mitgenommen zu haben, statt sie im Handschuhfach des Wagens zurückzulassen.
Nun tu’s einfach. Bring es hinter dich
. Sie ging den Flur entlang geradewegs zur Tür des Zimmers ihrer Mutter. Die Ziffern der Zimmernummer 207 waren unversehrt, und erst, als ihr Blick die Tür nebenan streifte, erschien ihr dies merkwürdig. Auf der Tür zum Nachbarzimmer war überhaupt keine Nummer mehr zu sehen, und bei der gegenüberliegenden fehlte die Null, so dass die Nummer aussah wie 26 mit einer Lücke zwischen den Ziffern.
    Na und?
    Los, Abby, sei nicht solch ein Angsthase! Was glaubst du eigentlich, in dem Zimmer zu finden?
    Sie straffte sich innerlich, griff nach dem Türknauf und versuchte, ihn zu drehen.
    Nichts rührte sich.
    Sie probierte es noch einmal. Die Tür klemmte vermutlich nur, war mit den

Weitere Kostenlose Bücher