Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Stimme. »Faiths Tochter.« Die Gestalt kam näher, trat aus den Schatten heraus, und Abby starrte in das Gesicht einer alten Nonne, ein Gesicht, das sie zu kennen glaubte.
    »Ja …«
    »Was tun Sie hier?«
    Wenn ich das nur wüsste!
»Mein Psychiater hat mir geraten, hierher zurückzukehren. Um ein paar von meinen Problemen zu lösen, verstehen Sie?«
    »Hat er Ihnen auch geraten, verbotenerweise das Grundstück zu betreten und in das Haus einzubrechen?«
    Heiße Röte kroch an Abbys Hals empor. »Das war meine eigene Idee.«
    »Sie hätten fragen können.«
    »Hätte mich denn jemand hereingelassen?«
    Die Nonne lächelte und schüttelte kurz den Kopf. »Wahrscheinlich nicht. Ich bin übrigens Schwester Maria.«
    Schwester Maria. Natürlich. Abby stellte sie sich vor, wie sie vor zwanzig Jahren mit glatterer Haut und kräftigerer Gestalt ausgesehen hatte …
    »Ich glaubte, gesehen zu haben, wie jemand vom Kloster ausin Richtung Krankenhaus lief, deshalb bin ich Ihnen gefolgt«, fuhr Schwester Maria fort. »Ich bin nicht mehr so gut zu Fuß wie früher, und so hat es eine Weile gedauert, bis ich hier angekommen bin.« Sie neigte den Kopf zur Seite. »Nun, Faith, ich nehme an, du hast gefunden, was du gesucht hast?«
    »Ich heiße Abby. Faith war meine Mutter.«
    »Oh … Ja, natürlich. Das meinte ich doch.« Sie blinzelte, als könne sie so ihre Gedanken ordnen.
    Abby fragte: »Warum ist die Tür zum Zimmer meiner Mutter verschlossen?«
    »Verschlossen?«, wiederholte die alte Frau. »Das kann nicht sein. Als wir das Krankenhaus aufgegeben haben, war keine der Türen verschlossen. Die Eingangstüren, ja, natürlich, die sind gesichert, aber nicht die Türen im Hausinneren.«
    »Ich konnte sie nicht öffnen.«
    »Vermutlich ist das Holz aufgequollen …«
    »Das glaube ich nicht.«
    Sie überquerten den Flur zur Tür mit der Nummer 207.
    »Auf dieser Etage waren alle Türen geschlossen, aber, wie Sie sagten, nicht abgesperrt.«
    »Tatsächlich?«
    »Die Türen im ersten Stock dagegen stehen weit offen.«
    »Tja, merkwürdig«, murmelte Schwester Maria geistesabwesend.
    Sie drehte den Türknauf. Die Tür ließ sich nicht öffnen. Sie versuchte es erneut. Nichts regte sich. Noch einmal versuchte sie es, dann gab sie auf. »Sie haben völlig Recht«, sagte sie schließlich. »Sie ist eindeutig abgeschlossen. Wie seltsam.«
    Sie seufzte.
    Abby warf ihr einen Blick zu. Plötzlich erkannte sie in derSchwester eine jüngere Frau wieder, die mit wehenden Röcken an ihr vorüberhastete …
    »Sie waren dabei«, sagte sie, und ihr wurde bewusst, dass diese Nonne diejenige gewesen war, die zu ihrer Mutter eilte und nach dem nicht mehr vorhandenen Puls an ihrer Halsschlagader tastete. »Sie waren dabei, als meine Mutter starb. Ich habe Sie gesehen.«
    »Damals habe ich hier im Krankenhaus gearbeitet, ja.«
    »Ich wollte sie besuchen … Es war ihr Geburtstag«, stammelte Abby. »Ich … ich wollte ihr ein Geschenk bringen.«
    Die alte Nonne runzelte verwirrt die Stirn. »Sie?« Sie betrachtete Abbys Haar, dann ihre Augen. »Sie waren das Mädchen, das die goldene Schachtel mit der pinkfarbenen Schleife trug?«
    »Ja. Ich hatte ebenfalls Geburtstag«, erklärte Abby und spürte wieder diese alte Traurigkeit in ihrem Inneren. »Ich hatte in einem kleinen Laden an der Toulouse Street eine Wolldecke gefunden. Sie war weiß und mit Silberfaden durchzogen, und ich wusste, dass sie meiner Mutter gefallen würde …« Bruchstückhafte Bilder jenes lange vergangenen Tages schossen ihr durch den Kopf. Das Päckchen. Die zarte Schleife. Der markerschütternde Schrei. Der zerschundene Körper ihrer Mutter …
    »Tut mir Leid, dass ich Sie nicht erkannt habe. Ich dachte, es wäre Ihre Schwester gewesen, das Mädchen mit dem schwarzen Haar, das die Schachtel trug.« Die Nonne war sichtlich verwirrt. »Sind Sie nicht auf der Treppe an mir vorbeigelaufen, kurz vor dem Absatz? Sie rannten hinauf, und ich lief hinunter, war auf dem Weg ins Kloster. Ich bin ganz sicher.«
    »Nein.« Abby schüttelte den Kopf, spürte aber etwas Dunkles, Heimtückisches, das in ihr Bewusstsein vordringenwollte. »Das kann nicht sein.« Oder etwa doch? Trotzdem wiederholte sie beharrlich ihre Geschichte, die Geschichte, die ihrer Überzeugung nach wahr sein musste. »Ich war gerade aus dem Auto gestiegen, als es passierte.« Eine Gänsehaut überzog ihre Arme.
    Als hätte sie eine böse Vorahnung.
    Aber wovon?
    Warum starrte die alte Nonne sie so eindringlich an?

Weitere Kostenlose Bücher