Shkarr (German Edition)
dreizehn Jahre alt. Sie bewegten sich mit einer natürlichen Unbekümmertheit zwischen den Bäumen hindurch, die ihn neidisch machte. Wenn er sie sah, dachte er daran, wie er sich selbst steif und langsam von Ast zu Ast bewegte. Wut stieg in diesem Moment in seinen Gedanken auf. Kalte Wut, die er nur zu gern an einem Menschen abreagieren wollte.
‚Du hast viel gelernt. Urteile nicht härter über dich, als andere es tun. Wenn die Jungen dich sehen, dann erfüllt sie Ehrfurcht. Kaum einer der Verlorenen, die zurückkamen, waren so bei Verstand und Kraft, wie du es bist. Du bist jung genug, alles zu erlernen, was du wünschst und du bist auf dem besten Weg dahin.’
Shkarr nahm die Worte, die sich wie kristallklares Wasser durch seinen Geist bewegten, nur langsam und zögernd wahr. Unverwandt sah er Qrusch an, der ihre kleine Gruppe anführte.
‚Erzähl mir von den Menschen!’, bat Qrusch. Er nahm den Blick aus den grünen Augen offen auf und ließ Shkarr teilhaben an seinen Gefühlen, die ruhig dahinplätscherten und die Tiefe, die sie verschleierten, erahnen ließ. Shkarr setzte sich auf seine Hinterläufe.
‚Was willst du wissen?’, fragte er immer noch ein wenig verblüfft.
‚Mhm, du scheinst einen bestimmten Menschen zu vermissen. Wenn du willst, dann erzähl mir von ihm.’
Shkarr schüttelte sich. ‚Ich soll erzählen! Aber niemand beantwortet mir meine Fragen.’ Noch immer von den Ausläufern seiner Wut aufgewühlt, erhob sich Shkarr wieder.
Qrusch sah ihn ruhig an. ‚Ich spüre, da ist mehr als nur einfaches Interesse. Ich spüre die Spuren eines Menschen in deinem Geist’, erklärte er.
‚Raus aus meinen Gedanken!’, fuhr Shkarr Qrusch an.
Dieser wich keinen Deut von seiner Stelle zurück. Nicht einmal die Lider senkten sich über die geschlitzten Pupillen der Augen. ‚Weißt du, was es mit der Verschmelzung auf sich hat?’, fragte er stattdessen.
Shkarr hatte jeden Muskel gespannt und blitzte den Älteren warnend an. Doch der fuhr ungerührt fort und wirkte vollkommen unbeeindruckt. ‚Wenn die Zeit der Paarung da ist’, erzählte er in dem ihm eigenen Rhythmus, dann ruft der Faden der Vereinigung den Partner, mit dem man sich zuvor verbunden hat. Wenn beide es wollen, dann beginnt die Verschmelzung. Zerstörerisch ist jedoch, wenn die Verschmelzung verweigert wird oder nicht möglich ist.’ Qrusch erhob sich. Langsamen Schrittes ging er in das dichte Unterholz, überwand einen Baumstamm mit einem Sprung und entfernte sich. Die Jungen hielten in ihrem tollkühnen Spiel an und folgten dem erfahrenen Jäger.
Shkarr brach auf der Stelle, an der er wie angewurzelt gestanden hatte, zusammen. Er war noch immer mit Krischan verbunden, auch wenn er ihn nicht zu fühlen vermochte. Der SkarraSHrá hatte so etwas angedeutet, aber die Verbindung selbst nicht zerstört. Sehnte er sich deshalb immer noch nach Krischan? Was würde geschehen, wenn er die letzte Verbindung zu seiner Vergangenheit abbrach?
Die Aussicht auf Ruhe und das Zurücklassen jeglichen emotionalen Ballasts war verlockend. Shkarr zitterte aufgrund der inneren Anspannung. Ein gequälter Ton entfloh ihm.
‚Hör auf!’, befahl jemand in seinem Kopf. Seine vibrierenden Ohren wurden fachmännisch mit rauen Zungenschlägen nach hinten gekämmt. Mit einem Mal war der Bann gebrochen. Müde schaute Shkarr auf.
‚Es bringt nichts, sich so zu quälen’, riet Qrusch. Er war zurückgekommen, als er Shkarrs Schwäche bemerkt hatte. ‚Ich denke’, fuhr er fort, ,ich bin der Einzige, der weiß, was auf dich zukommen wird. Kein anderer hat bemerkt, dass du nicht mehr frei bist. Doch das gilt nicht nur für die Verbindung. Du hasst die Menschen, ohne Zweifel. Aber es gibt eine Ausnahme. Er wird es merken, selbst mit der Blockade, die wahrscheinlich auch ihm implantiert wurde. Du solltest dich trennen, zu deinem und seinem Wohl. Und du solltest es auch deshalb tun, weil du hier nie wirklich ankommen wirst, da ein Teil von dir nicht hier auf Kesz, sondern immer noch auf der Erde ist.’ Qrusch schaute Shkarr eindringlich an.
‚Ich kann nicht. Ich weiß nicht warum. Aber ich kann nicht’, wisperte Shkarr fast kraftlos.
Qrusch senkte den Kopf und stupste ihm sanft auf die Nase. ‚Niemand wird dich zwingen. Doch an mir liegt es, dich zu warnen.’ Ohne Umstände platzierte er sich neben die ausgestreckte Gestalt und schmiegte sich an. ‚Ich werde dir von deiner Familie erzählen, wenn du willst.’
Shkarr nahm die offerierte Schulter
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