Shoal 01 - Lichtkrieg
über die neurale Brücke ihrer Implantate, die meisten davon unverständlich; doch tief in ihnen verborgen lag ein sehr menschlich wirkendes Gefühl von Zufriedenheit und Triumph. Die Shoal hatten seit jeher mit den Menschen gespielt, als seien sie Marionetten.
Und dann wusste sie, was ihr so merkwürdig vorkam.
Hier ist nur dieses eine Shoal-Mitglied, aber wo stecken all die anderen? Wieso schicken sie bloß einen einzigen Vertreter ihrer Rasse wie eine Art Software-Gespenst los, anstatt ein Schiff auszurüsten oder gar eine ganze Armada auf uns anzusetzen?
Es sei denn, natürlich, die Shoal waren so mächtig, dass sie nur einen einzigen Angehörigen ihrer Spezies zu delegieren brauchten, um die Belange und Ziele einer ganzen Zivilisation zu verteidigen. Aber es war nicht einmal das, was ihr solches Kopfzerbrechen bereitete.
Alles, was dieser Alien unternommen hatte, war im Verborgenen geschehen. Er hatte sich ihrer bedient, um sich in die Hype-Hon einzuschleusen. Ihr drängte sich die Frage auf, wieso dieses Shoal-Mitglied überhaupt hatte wissen können, dass sie irgendwann einmal – obendrein mit größtem Widerstreben – als Pilotin für die Freistaatler arbeiten würde. Und während der gesamten Reise zum Nova-Arctis-System hatte sich dieser Spion, der die Datenspeicher der Hyperion infiltrierte, bis auf wenige Gelegenheiten still verhalten.
Warum bestand der Alien so hartnäckig darauf, sie in seine Sabotagepläne einzubeziehen?
Eines stand für sie fest – er versuchte mit äußerster Akribie, etwas vor ihr zu verbergen. Doch was konnte das sein?
Der digitalisierte Schatten, der sich selbst als »Der-mit-tierischen-Fäkalien-handelt« bezeichnete, beobachtete Dakota mit nicht gerade geringem Vergnügen. Er konnte aus dieser Situation nur als Sieger hervorgehen, denn selbst wenn sie – vermutlich durch einen puren Zufall – über die Wahrheit stolpern sollte, bliebe ihr gar nichts anderes übrig, als sich dennoch seinen Wünschen zu fügen.
Der Händler hatte seine Software-Umgebung so gestaltet, dass sie die Illusion eines grenzenlosen Ozeans vermittelte, eine ewige Finsternis, die das Gefühl wiedergab, von der Großen Allmutter, der See, sanft geschaukelt zu werden. Das Wesen, das mit Dakota gesprochen hatte, war ein fast akkurates Modell des echten Händlers; jeder Schaltkreis, jede Subroutine und jedes Protokoll an Bord der Hyperion – zusätzlich ein paar gut versteckte, quasi nicht auffindbare Neuralprozessoren, Wunderwerke der Shoal-Technik, ohne die die Computersysteme der Menschen nicht ausreichend Energie für die vorgenommenen Manipulationen erzeugt hätten – waren dahingehend abgewandelt worden, dass sie sein Selbstbild und sein Bewusstsein kreierten.
Mentale Prozesse von nahezu unendlicher Komplexität waren wie durch einen Zauber auf einen winzigen Punkt komprimiert worden; es war, als hätte man einen der gigantischen Träumer genommen und ihn auf die Größe einer Amöbe zusammengepresst. Und diese Beschränkung auf allerkleinstem Raum hinderte den digitalisierten Händler daran, Bedauern zu empfinden, dass seiner Existenz notgedrungen ein rasches Ende beschieden war.
Wenn er versucht hätte, das Wrack und den Transluminal-Antrieb mit konventionellen Mitteln zu zerstören, wäre er unweigerlich entdeckt worden; denn die Kontroll- und Überwachungsnetzwerke, die die Shoal im Transluminalraum betrieben, waren eigens zu dem Zweck dort installiert worden, um die bei solchen Aktionen freigesetzte Strahlung aufzuspüren.
Doch genau das musste um jeden Preis verhindert werden. Sollte man ihn enttarnen, gäbe es eine Untersuchung; dabei würden überraschende und höchst peinliche Umtriebe innerhalb der Hegemonie zutage gefördert werden. Denn seit Langem gab es innerhalb des Verbundes Gruppierungen und Strömungen, von denen kein Uneingeweihter etwas ahnte und für die der Händler die schmutzige Arbeit erledigte, wenn es sein musste.
Auf gar keinen Fall durfte es so weit kommen.
Es wäre in jeder Hinsicht das Beste, wenn die große Masse der Shoal, die sich über die gesamte Galaxis verteilte, niemals die Wahrheit erführe, die sich in dem Wrack verbarg – niemals von dem ungeheuerlichen Verbrechen Kenntnis erlangte, das vor« ehr langer Zeit begangen worden war, diesem kriminellen Akt, der an Abgefeimtheit nicht mehr zu überbieten war, auch wenn ihm damals die edelsten und lautersten Motive zugrunde gelegen hatten. Die Vernichtung der letzten Überlebenden einer ganzen
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