Shoal 01 - Lichtkrieg
mit weit aufgerissenen Augen an, stumm vor Verblüffung. Der Boden beruhigte sich wieder und wurde stabil, aber nur für einen kurzen Moment. Dann kippte er, krängte wie ein Schiff in schwerer See.
Corsos erster Gedanke war, dass das Wrack endgültig in den Abgrund hineinrutschte. Seine Angst vor dieser bodenlosen Tiefe erzeugte in ihm eine Panikattacke, und er stöhnte vor Entsetzen. Haltsuchend tastete er nach einem Bein des Interface-Sessels.
Das Schiff legte sich immer stärker auf die Seite. Kieran fiel auf die Knie und rutschte hilflos in eine Ecke des Raums, zusammen mit mehreren Ausrüstungsteilen und Geräten, die Corso rings um sich verteilt hatte, während er an dem Interface arbeitete. Der Sessel selbst war zum Glück mit Nieten am Boden befestigt.
Verzweifelt versuchte Corso, sich an einem der Sesselbeine festzuklammern; er bekam auch eines zu fassen, doch er verlor den Griff, schlitterte die Schräge hinunter und prallte direkt neben Kieran gegen die Wand.
Dann erkannte er, dass die Bodenaktivität sich auf den Raum beschränkte, in dem sie sich aufhielten. Sowohl Corso als auch Kieran starrten bass vor Staunen auf den Eingang.
Beide hatten ihre Gel-Anzüge draußen im Korridor zurückgelassen. Diese Anzüge nun, und auch die Stapel von Hardcopy-Daten, die das technische Team der Bodenstation dort aufbewahrte, rührten sich keinen Millimeter weit vom Fleck. Nichts schwankte oder bewegte sich auch nur andeutungsweise.
Das allein hätte schon Anlass zur Sorge gegeben, aber es sollte noch schlimmer kommen – als nämlich Ungeheuer aus den Wanden krochen.
Ein Alarmsignal über den Bodenlink der Hyperion machte sich als ein Kribbeln in Dakotas Mundhöhle bemerkbar.
Seit über einer Stunde schwebte sie in der Dunkelheit und Stille ihres eigenen Schiffs; der Liebhaber, in den die Piri Reis sich verwandeln konnte, war wieder in seiner Wandnische verschwunden. Zuerst hatte sie an nichts anderes als an Rache denken können, doch dann waren die Gewaltfantasien einer eisigen Entschlossenheit gewichen.
Sie vergegenwärtigte sich, dass man sie in dieser aggressiven Art und Weise behandelte, weil man sie im Grunde fürchtete. Und es war gut so, dass die Leute Angst vor ihr hatten.
Nach einer Weile versank sie in eine durch ihren Ghost erzeugte mechanische Meditation; sie befand sich in einem fast vegetativen Zustand, ihr Bewusstsein trieb ziellos umher, und nur am Rande nahm sie den konstanten Strom an Betriebsroutinen wahr, der von der Hyperion ausging.
Während sie halb in Träumen gefangen war, huschten an ihrem inneren Auge Bilder vorbei, von denen sie die meisten nicht verstand. Sie erinnerte sich an den kurzen Moment, als sie gespürt hatte, dass sie mit einer Präsenz, die tief im Inneren der Datenspeicher des Wracks hauste, in Kontakt getreten war. Selbst ihr Ghost hatte Mühe, diese überwältigende Flut an sensorischen Daten zu assimilieren oder gar zu deuten. Nichtsdestotrotz dämmerte ein Verständnis herauf, wenn auch nur sehr, sehr langsam.
Sie wurde gänzlich in die Gegenwart zurückgerissen, als das Alarmsignal dringender wurde und sie reagieren musste. Verstandesmäßig blieb sie auf Distanz und ließ ihren Ghost mit der Situation fertig werden; mit maschineller Geschwindigkeit führten ihre Implantate die Checks durch, und gelegentlich mutete es geradezu unheimlich an, wie sie ihre eigenen Gedanken und Aktionen vorwegnahmen.
Irgendetwas Brisantes passierte an Bord des Wracks; der Energieausstoß der Systeme steigerte sich exponentiell. Erstaunt stellte Dakota fest, dass durch die Außenhülle des fremden Schiffs Energieentladungen stattfanden, und das in einer Größenordnung, wie sie eher für Sonneneruptionen typisch waren.
Sehr schnell bemerkte sie, dass zu den Menschen, die sich im Inneren des Wracks aufhielten, keine Verbindung mehr bestand. Ein paar Sekunden lang zögerte Dakota. Wahrscheinlich wusste Arbenz, was sich da unten abspielte, doch falls nicht, dann würde er sie dafür bestrafen, dass sie die Informationen, die ihre maschinellen Sinne ihr eingaben, nicht an ihn weitergeleitet hatte.
Was sollte sie tun?
Bereits im nächsten Augenblick wurde ihr die Entscheidung aus der Hand genommen. Automatische Warnsysteme verbreiteten das Alarmsignal in der Bodenstation und auch auf der Agartha.
‹Unter dem Eis vollziehen sich ungewöhnliche Graviton-Fluktuationen›, erklärte ihr Piri Alpha.‹Ausgehend vom Inneren des Wracks … ›
Als Nächstes merkte sie, dass an Bord
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