Shoal 01 - Lichtkrieg

strömten hindurch, und trotzdem antwortete es nur zögernd auf ihre mentalen Anfragen.
    Wenn ich es nicht besser wüsste, teilte sie Corso mit, dann würde ich glatt sagen, dass irgendetwas absichtlich versucht, meine Kontrolle über das Wrack zu blockieren.
    Corso gab einen knurrenden, frustrierten Laut von sich.‹Beeil dich, Dakota. Unterdessen werde ich so viele Daten von dem Wrack einsammeln wie nur möglich, falls der Link zusammenbricht. Mir scheint, wir haben deinen Freund, diesen Alien, unterschätzt. Für dich wird es ohnehin höchste Zeit, zur Piri zurückzukehren, ehe die Leute in dem gleich eintreffenden Shuttle auf dich aufmerksam werden.›
    Corso beobachtete, wie sich tief unter dem Eispanzer des Mondes ein regelrechter Tsunami an Informationen auftürmte und in die Datenspeicher der Piri Reis ergoss. Eigentlich hätte ihn angesichts dieses Erfolges eine Hochstimmung erfassen müssen, doch er fühlte sich bloß ausgelaugt und erschöpft. Die wenigen Stunden, die er eng umschlungen mit Dakota gedöst hatte, hatten bei Weitem nicht ausgereicht, um ihn zu erfrischen. Außerdem spürte er immer intensiver, wie sehr ihn die Ereignisse der letzten Tage angegriffen hatten. Eines kam zum anderen; um ein Haar wäre er an Bord des Wracks gestorben, und außerdem war er Zeuge geworden, wie Dakota gequält und zusammengeschlagen worden war. Seine Fähigkeit, sich zu konzentrieren, schwächte sich immer mehr ab.
    Er rief das Autodoc-Menü der Piri auf und stellte sich einen Cocktail aus Amphetaminen zusammen, in der Hoffnung, sich dadurch ein bisschen aufzuputschen. Dakotas Schiff konnte verdammt viel in eigener Regie durchfuhren, aber es gab für alles eine Grenze. Er musste hellwach sein, um den Uplink zu beaufsichtigen, solange er existierte.
    Eine Minute später erhielt er von der Piri ein Signal. Er hatte das Schiff darauf programmiert, ihm Bescheid zu geben, wenn es aus der Datenfülle, die aus dem Wrack hereinkam, irgendeinen besonders interessanten Aspekt herausfilterte. Er tippte auf den Schirm und scannte die darauf erscheinende Information. Aha!
    Die Piri hatte etwas entdeckt, was auf den ersten Blick eine Erzählung zu sein schien, vielleicht ein Zyklus von Mythen oder auch nur die simple Schilderung bestimmter Ereignisse. Gewisse Hinweise sprachen dafür, dass es sich um eine Mythensammlung handelte, doch die kurzen, in einer Synopse zusammengefassten Fakten deuteten auf eine präzise Dokumentation hin.
    Nach näherer Prüfung gelangte er zu dem Schluss, dass er es wirklich mit einem Tatsachenbericht zu tun hatte; noch interessanter war, dass diese Daten seine eigene Hypothese offenbar bestätigten. Wie er bereits vermutet hatte, stammten die sogenannten »Weisen« aus einem bestimmten Sektor der Großen Magellanschen Wolke.
    Komm schon, komm schon. Ungeduldig fuhr er sich mit allen zehn Fingern durchs Haar, während er auf weitere Informationen wartete. Immer wieder traten sekundenlange Lücken auf, in denen der Datenstrom anhielt, während die Piri von einem eingehenden Datenset zum nächsten sprang.
    Corso merkte nun immer deutlicher, dass das wie auch immer geartete Phänomen, welches sich tief in den Datenspeichern der Hyperion versteckte, äußerst robust und agil war. Nie im Leben hätte er gedacht, dass es den totalen Systemausfall so schnell kompensieren würde. Unterdessen hockte er vor einer Konsole, führte gemurmelte Selbstgespräche und bemühte sich, die Notsysteme der Hyperion dahingehend zu manipulieren, dass sie seine Überbrückungsbefehle akzeptierten. Irgendwie musste es ihm gelingen, diese fremdartige Intelligenz innerhalb der Datenspeicher auszumerzen oder sie zumindest zu behindern …
    Die Piri fing an, sich wie in Krämpfen zu winden. Ein sekundenlanges statisches Kreischen explodierte durch die Lautsprecher, und der Hauptschirm verdunkelte sich für ein paar Augenblicke, ehe er sich wieder einschaltete.
    »Piri! Statusbericht!«
    »Sämtliche Systeme funktionieren einwandfrei«, lautete die verbal geäußerte Antwort.
    »Was ist gerade passiert? Für einen kurzen Moment spielten die kompletten Systeme verrückt.«
    »Sämtliche Systeme funktionieren einwandfrei«, wiederholte die Piri. »Die Menge der Daten, die derzeit in meine Speicher einfließen, ist so groß, dass es zu Staus kommt. Die Folge sind periodisch wiederkehrende Systemausfälle.«
    Auf Corsos Haut bildeten sich Schweißperlen. Die Primärsysteme der Piri waren der auf Redstone verfugbaren Technologie um