Shoal 01 - Lichtkrieg
bitte mein Gedächtnis auf.«
»Ein Mitglied der Spezies der Shoal machte ihr das Objekt zum Geschenk.«
Corso blies langsam den Atem aus. »Wurde diese Interaktion vielleicht in irgendeiner Weise aufgezeichnet – mit Bild und Ton oder rein visuell?«
»Ja«, erwiderte das Schiff mit der für Maschinen typischen Pedanterie.
»Kann ich diesen Mitschnitt sehen?«
»Nein«, kam die mechanische Erwiderung. »Dazu ist Dakotas direkte Erlaubnis erforderlich.«
Das kann ich also abhaken, dachte er. Bis jetzt hatte die Piri Reis sich immer strikt an Dakotas Anweisungen gehalten.
Lass mich nachdenken. Lass mich nachdenken … Belle war unfreiwillig zur Märtyrerin geworden, denn sie hatte sich ihren Glauben nicht ausgesucht. Man hatte ihn ihr aufgezwungen, wie eine mentale Vergewaltigung.
»Port Gabriel«, sprach Corso in die leere Luft hinein. »Dakota befand sich in Port Gabriel, ist das korrekt?«
»Ja.«
»Dort gab es ein Massaker.«
»Korrekt.«
Ohne auf ein konkretes Ergebnis zu hoffen, und weil ihm nichts Besseres einfiel, handelte Corso aus einem Instinkt heraus. »Piri, existiert zwischen diesem Blutvergießen und Belle Trevois irgendeine Verbindung? Taucht dieser Name im Zusammenhang mit Port Gabriel auf?«
»Ein uchidanischer Militärtransporter namens Belle Trevois stürzte dort während des ersten Kriegs mit den Freistaatlern ab, doch das geschah ein paar Jahre vor dem fraglichen Zwischenfall.«
Corso nickte, denn plötzlich fielen ihm Einzelheiten aus halb vergessenen Geschichtsstunden ein. Vor langer Zeit hatten die Uchidaner eine kleine Statue von Belle Trevois an exakt dem Ort aufgestellt, an dem ihr Transporter zerschellt war. Dieses Denkmal stand dort immer noch, selbst in der jetzigen Situation, denn nach dem Massaker hatte sie eine traurige Berühmtheit erlangt. Selbst viele Jahre nach dem »Zwischenfall«, wie das grausige Blutbad euphemistisch bezeichnet wurde, tauchte die Statue der kleinen Märtyrerin in regelmäßigen Abständen in Nachrichtensendungen und Artikeln über das Gemetzel in Port Gabriel auf.
»Gibt es Aufzeichnungen davon, wie Dakota diese Figur auf die Imager-Scheibe stellte, die sich an Bord der Hyperion befindet?«
»Es gab einen Mitschnitt, aber der wurde gelöscht.«
Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. »Wer hat ihn gelöscht?«, erkundigte er sich verdutzt.
»Dakota.«
»Findest du es nicht merkwürdig, dass ein Alien ausgerechnet eine Nachbildung von Belle Trevois an eine Frau verschenkt, deren Implantate gewaltsam von der uchidanischen Ideologie manipuliert wurden? Warum sollte dieses Shoal-Mitglied so etwas tun?«
»Ich verstehe die Frage nicht.«
Corso hatte vergesse, dass er nicht mit einer echten Intelligenz sprach, sondern lediglich mit einer Maschine. Trotzdem fuhr er fort: »Das alles wird noch getoppt von dem, was Dakota mir erzählte. Sie behauptet, sie wisse nicht, wen diese Figur darstellt oder woher sie stammt. Wie kann es sein, dass sie so ahnungslos ist? Meiner Meinung nach ist das gar nicht möglich.«
Wenn es ein Bild gab, das man mit dem Massaker von Port Gabriel assoziierte, dann war es diese Statue von Belle Trevois.
»Piri, könnte man ein Kontaktvirus in leblose Materie hineinpflanzen, etwas, das sich automatisch in die Ghost-Schaltkreise eines Maschinenkopfs überträgt, wenn er mit diesem Objekt in Berührung kommt? In der Art, wie man Informationen mithilfe einer aktivierten Imager-Scheibe erhält?«
»In meinen Datenbänken befinden sich Berichte über Forschungsarbeiten, die sich mit einer solchen spekulativen Technologie befassen. Aber sämtliche Versuche, eine zuverlässige Übertragungsmethode zu entwickeln, die auf eine Imager-Scheibe verzichten kann, sind bis jetzt gescheitert.«
Corso wurde den Verdacht nicht los, dass irgendetwas sich auf demselben Weg in Dakota eingenistet hatte, auf dem es in die Bordsysteme der Hyperion eingedrungen war. Es war eine reine Mutmaßung, die sich weder auf Logik noch aufhieb- und stichfeste Indizien gründete, aber ihm erschien sie als die plausibelste Erklärung für Dakotas äußerst merkwürdiges Verhalten.
Corso zog wieder seinen Druckanzug an und steuerte schleunigst die Brücke an.
Er passte gut auf, doch in seiner Eile schätzte er die Winkel in der Null- g -Zone falsch ein und knallte gegen ein Schott, nachdem er sich in einen Fallschacht hineingestürzt hatte. Der Aufprall war so heftig, dass er beinahe das Bewusstsein verlor. Jetzt rächte es sich, dass er sich viel zu
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