Shoal 01 - Lichtkrieg
bereit.
Allerdings hatte niemand im Ernst angenommen, dass die Shoal sich jemals tatsächlich auf diese Klausel berufen würden, und im Lauf der Jahrhunderte war es immer unwahrscheinlicher geworden, dass es wirklich einmal dazu kommen könnte.
Aber wie es sich dann herausstellte, hatten sich alle geirrt.
In dem darauffolgenden Chaos brach unter den Beamten und Politikern bis hin zu den höchsten Rängen des Konsortiums hektische Betriebsamkeit aus. Junge Kolonien innerhalb eines dreihundert Lichtjahre messenden Radius von der Erde prüften in panischer Hast ihre Verträge.
Während der nächsten Jahre holte man die Uchidaner aus ihrer gescheiterten Kolonie heraus und verfrachtete sie nach Redstone. Aber dieser Planet war bereits die Heimat der Freien Demokratischen Gemeinschaft, und die Freistaatler galten nicht gerade als friedliebend. Seinerzeit war das Konsortium überglücklich gewesen, diesen Freiheitsfanatikern mit einem entschiedenen Hang zur Gewalttätigkeit ihren eigenen unwirtlichen Dreckklumpen irgendwo fernab vom Zentrum menschlicher Aktivitäten zuweisen zu können.
Auf Redstone hatten die Uchidaner den unbesiedelten Kontinent Agrona besetzt. Eine minimale Militäreinheit des Konsortiums blieb ein paar Jahrzehnte lang im Orbit, um dafür zu sorgen, dass die beiden Gruppen, die nun auf dem Planeten lebten, friedlich miteinander umgingen.
Schließlich zog sich das Militär zurück, und letzten Endes hätten sich diese unterschiedlichen Gemeinschaften sogar in einer Art Koexistenz arrangieren können; doch dann fingen die Uchidaner an, Redstones Biosphäre zu verändern – mit möglicherweise katastrophalen Folgen für die Kolonie der Freistaatler.
Jahrzehntelang blieb der daraufhin ausgebrochene Krieg wegen der annähernd gleichen Kräfteverhältnisse relativ harmlos und erschöpfte sich in unbedeutenden Scharmützeln über Grenzziehungen. Bis das Konsortium herausfand, dass die Uchidaner in der Zwischenzeit Howard Banville an Bord eines der Kernschiffe der Shoal nach Redstone geschmuggelt hatten. Und als Folge davon gewährte das Konsortium den Freistaatlern plötzlich militärische Unterstützung.
Das war der Grund, weshalb sich Dakota, Severn und die anderen Maschinenköpfe hier auf dieser öden Welt aufhielten, weit weg von zu Hause.
Der Freistaatler unten auf der Straße, dem sein Gegenüber die Atemmaske abgerissen hatte, setzte sie wieder auf und zog dann irgendeine Waffe. Es war eine kurze, gefährlich aussehende Klinge, mit der er vor dem Gesicht seines Gegners herumfuchtelte, der sich daraufhin schleunigst zurückzog. Sämtliche Bewegungen wirkten irgendwie theatralisch – als wolle der Mann ein Publikum beeindrucken, und Dakota merkte, dass sie Zeugin eines heimlichen Rituals wurde.
»Weißt du, die meisten Freistaatler wollen am liebsten hier bleiben«, erklärte Severn. »Redstone liegt ziemlich weitab von den üblichen Routen der Kernschiffe, deshalb laufen die Shoal diesen Planeten höchstens ein- oder zweimal im Jahr an. Aber ab und zu mischen sich diese Leute unter die Menschen auf den Kernschiffen und ziehen dort eine Show ab. Gegen Bezahlung kämpfen sie vor Publikum bis zum Tod. Nach dem, was man so hört, kann man auf diese Weise gutes Geld verdienen – sofern man der Überlebende ist, natürlich.«
»Scheiße! Stimmt das wirklich?« Dakota fröstelte wieder, aber dieses Mal nicht vor Kälte.
»O ja, aber sie halten sich dabei streng an ihre selbstauferlegten Regeln. Der Sieger erhält hier seinen sozialen Status, und gleichzeitig heimst er ein Vermögen ein.«
Dakota drehte sich um und sah Severn an. »Du hast bei einem solchen Kampf schon einmal zugesehen, hab ich recht? Ich hör’s an deiner Stimme.«
»Ein einziges Mal«, räumte er ein. »Damals war ich fast noch ein Kind. Eine hässliche Angelegenheit. Ich würde nie, nie wieder zuschauen.«
Nun wurde der Kampf abgebrochen. Die Militärpolizei der Freien Demokratischen Gemeinschaft rückte in ihren dunklen Uniformen an; Taschenlampen blitzten auf, Knüppel wurden geschwungen, und bald waren die Kontrahenten getrennt. Doch zurück blieb das Gefühl, dass man sie – Severn, sie selbst und das Konsortium – absichtlich zu Zuschauern eines Aspekts des hiesigen Lebens gemacht hatte, den Außenseiter sonst nur selten zu sehen bekamen. Als sollte dies zur Warnung dienen, dass die Freistaatler nicht mit sich spaßen ließen.
»Warum hast du mir verschwiegen, dass du früher mal mit Marados zusammen warst?«, fragte
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