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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ihm, über den Schmerz in seinem Inneren hinwegzukommen. »Wenn es jedoch zwei christliche Religionen gibt, die sich gegenseitig hassen, und wenn die Portugiesen Teil der größeren spanischen Nation sind und wenn das Land dieses neuen Barbaren – mag es heißen, wie es wolle – Krieg gegen beide führt und sie schlägt, dieses Land, das ein Inselreich ist wie unseres, und wenn er die Wahrheit gesprochen und der Priester genau wiederholt hat, was der Barbar sagte … Nun, Ihr könnt alle diese ›Wenns‹ zusammennehmen und versuchen, schlau daraus zu werden. Ich kann das nicht. Ich weiß nur, was ich in Anjiro und an Bord des Schiffes gesehen habe: Daß dieser Anjin-san sehr stark ist in seinem Kopf – schwach im Körper für den Augenblick, aber das rührt vermutlich von der langen Reise her – und auf See jedem überlegen. Mir ist er völlig unbegreiflich. Mir schwirrt der Kopf vor so vielen Fragen, als ob ich zuviel Saké getrunken hätte. Allerdings meine ich, wir sollten ihn an Land behalten und ihn, genauso wie alle anderen, die vielleicht noch nach ihm kommen, rasch beseitigen.«
    »Und was ist mit Yabu?«
    »Befehlt ihm noch heute nacht, Seppuku zu begehen.«
    »Warum?«
    »Er hat keine Manieren. Ihr habt vorausgesagt, was er tun würde in Anjiro. Er war dabei, Euer Eigentum zu stehlen. Außerdem ist er ein Lügner. Erspart Euch die Mühe, mit ihm zu reden. Laßt mich ihm Euren Befehl übermitteln. Früher oder später müßt Ihr ihn doch umbringen. Besser jetzt, wo wir ihn in der Hand haben und keiner von seinen Gefolgsleuten um ihn ist. Ich rate Euch, nicht lange zu fackeln.«
    Behutsam wurde an die innere Tür gepocht.
    »Tora-chan?«
    Toranaga lächelte, wie er es stets tat, wenn er diese ganz besondere Stimme ihn mit seinem Kosenamen anreden hörte. »Ja, Kiri-san?«
    »Ich habe mir erlaubt, Euch und Eurem Gast Cha zu bringen, Herr! Darf ich bitte eintreten?«
    »Ja.«
    Beide Männer erwiderten ihre Verneigung. Kiri schloß die Tür und schenkte Tee ein. Sie war dreiundfünfzig und dick, die älteste von Toranagas Nebenfrauen, Kiritsubo-noh-Toshiko, Kiri gerufen. Ihr Haar wies graue Strähnen auf, in der Taille war sie dick, aber ihr Gesicht strahlte stets vor Munterkeit. »Ihr solltet nicht mehr wach sein, nein, nicht um diese Zeit, Tora-chan! Bald graut der Morgen, und ich nehme an, dann werdet Ihr mit Euren Falken zur Beize in die Berge ziehen, neh? Ihr braucht Schlaf.«
    »Ja, Kiri-chan!« Toranaga klopfte ihr liebevoll auf das ausladende Hinterteil.
    »Bitte, nennt mich nicht Kiri-chan!« Kiri lachte. »Ich bin eine alte Frau, und ich brauche Berge von Respekt. Eure anderen Damen bereiten mir schon Ungelegenheiten genug. Kiritsubo-Toshiko-san, wenn ich bitten darf, mein Herr Yoshi Toranaga-noh-Chikitada!«
    »Da habt Ihr's, Hiro-matsu. Nach zwanzig Jahren versucht sie immer noch, mich unterm Daumen zu halten!«
    »Verzeiht, aber es sind über dreißig Jahre, Tora-sama«, sagte sie stolz. »Und Ihr wart damals schon genauso leicht zu gängeln, wie Ihr es heute seid.«
    Mitte zwanzig war auch Toranaga einmal Geisel gewesen, und zwar am Hof des despotischen Ikawa Tadazuki, des Herrn von Suruga und Totomi, dem Vater von Ikawa Jikkyu, Yabus Feind. Der für Toranagas Wohlverhalten zuständige Samurai hatte damals gerade Kiritsubo zu seiner zweiten Gattin gemacht. Siebzehn war sie damals gewesen. Dieser Samurai und Kiri hatten Toranaga in allen Ehren behandelt, ihn weise beraten und waren dann, als Toranaga sich gegen Tadazuki aufgelehnt und Goroda angeschlossen hatte, mit vielen Kriegern zu ihm gestoßen und hatten tapfer an seiner Seite gekämpft. Später, beim Kampf um die Hauptstadt, war Kiris Mann gefallen. Toranaga hatte sie gebeten, eine seiner Nebenfrauen zu werden, und sie hatte froh zugestimmt. Neunzehn war sie gewesen, er vierundzwanzig, und seither bildete sie den Mittelpunkt seines Haushalts. Kiri war sehr schlau und äußerst fähig. Jahrelang hatte sie seinem Haushalt vorgestanden und allen Streit daraus ferngehalten.
    »Du wirst fett«, sagte er, obgleich er im Grunde gar nichts dagegen hatte, daß sie fett war.
    »Herr Toranaga! Und das vor Herrn Toda! Ach, tut mir leid, ich werde Selbstmord verüben müssen – oder mir zumindest den Kopf scheren und Nonne werden, hab' ich doch gedacht, ich wäre jung und schlank!« Sie brach in Lachen aus. »Im Ernst, Ihr habt recht. Ich hab' ein fettes Hinterteil, aber was soll ich machen? Ich esse nun mal gern, und das ist Buddhas Problem

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