Shogun
und mein Karma, neh?« Sie reichte ihnen den Cha. »So. Ich gehe jetzt. Gute Nacht, Tora-sama. Süße Traumlosigkeit!« Sie verneigte sich vor ihm und Hiro-matsu, und dann war sie verschwunden.
Dankbar schlürften sie ihren Tee.
Toranaga sagte: »Ich habe es immer bedauert, daß wir nie einen Sohn bekommen haben, Kiri-san und ich. Einmal hatte sie empfangen, aber dann ist es leider zu einer Fehlgeburt gekommen. Das war, als wir in der Schlacht bei Nagakudé waren.«
Das war kurz nach der Ermordung Gorodas gewesen, als General Nakamura – der künftige Taikō – versuchte, alle Macht in seiner Hand zu vereinen. Damals war noch nicht sicher gewesen, wie alles ausgehen würde, denn Toranaga hatte einen von Gorodas Söhnen, den gesetzlichen Erben, unterstützt. Nakamura kämpfte, ging bei dem kleinen Dorf Nagakudé gegen Toranaga vor, und seine Truppen mußten tüchtige Prügel einstecken und wurden zerschlagen. Klugerweise zog Toranaga sich zurück, verfolgt von einer neuen Armee Nakamuras unter dem Befehl von Hiro-matsu. Aber Toranaga ging nicht in die Falle, sondern entkam in seine eigenen Provinzen, seine ganze Streitmacht intakt und bereit, sich wieder zu schlagen. Fünfzigtausend fielen bei Nagakudé, und nur wenige davon waren Toranagas Männer. In seiner Weisheit brach der künftige Taikō den Krieg gegen Toranaga ab, obgleich er ihn gewonnen hätte. Nagakudé war die einzige Schlacht, die der Taikō jemals verlor, und Toranaga war der einzige Heerführer, der ihn jemals geschlagen hatte.
»Ich bin froh, daß wir nie gegeneinander gekämpft haben, Euer Gnaden«, sagte Hiro-matsu. »Ihr hättet gewonnen.«
»Nein. Der Taikō war der größte Heerführer und der klügste und weiseste Mann, den es je gegeben hat.«
Hiro-matsu lächelte. »Außer Euch.«
»Nein. Da irrt Ihr Euch. Deshalb bin ich ja sein Vasall geworden.«
»Es ist ein Jammer, daß er tot ist! Und Goroda – das war auch ein prachtvoller Mann, neh? So viele prachtvolle Männer sind tot!« Unbewußt spielte Hiro-matsu mit seiner arg mitgenommenen Schwertscheide. »Ihr werdet gegen Ishido vorgehen müssen. Dann ist jeder Daimyo gezwungen, Farbe zu bekennen, ein für allemal! Letzten Endes werden wir den Krieg gewinnen. Dann könnt Ihr den Regentschaftsrat auflösen und Shōgun werden.«
»Diese Ehre suche ich nicht«, versetzte Toranaga scharf. »Wie oft muß ich Euch das noch sagen?«
»Verzeihung, Euer Gnaden. Aber ich finde, es wäre das beste für Japan.«
»Das ist Hochverrat!«
»An wem, Euer Gnaden? Am Taikō? Der ist tot. An seinem Vermächtnis und Testament? Das ist nichts als ein Stück Papier. An dem Knaben Yaemon? Yaemon ist der Sohn eines Bauern, der die Macht und das Erbe eines Heerführers angetreten hat, dessen Erben er ausgelöscht hat. Wir waren Gorodas Verbündete, dann die Vasallen des Taikō. Gewiß. Aber sie sind beide sehr, sehr tot …«
»Würdet Ihr dazu auch raten, wenn Ihr einer der Regenten wäret?«
»Nein. Aber schließlich bin ich kein Regent, und darüber bin ich heilfroh. Ich bin nur Euer Vasall. Vor einem Jahr habe ich mich entschieden, auf wessen Seite ich mich stellen wollte. Ich habe das aus freien Stücken getan.«
»Warum?« Toranaga hatte ihn das noch nie zuvor gefragt.
»Weil Ihr ein Mann seid, ein Minowara, und weil Ihr das Richtige tun und weise handeln werdet. Was Ihr zu Ishido gesagt habt, war richtig: Wir sind kein Volk, das von mehreren regiert werden kann. Wir brauchen einen Führer! Wen von den fünf Regenten hätte ich wählen sollen, um ihm zu dienen? Herrn Onoshi? Gewiß, er ist ein sehr kluger Mann und ein fähiger General. Aber er ist Christ und ein Krüppel, und sein Fleisch ist so von der Lepra zerfressen, daß er aus fünfzig Schritt Entfernung stinkt! Herrn Sugiyama? Er ist der reichste Daimyo im Land, seine Familie so alt wie die Eure. Aber er hängt sein Mäntelchen nach dem Wind und hat keinen Mumm – Ihr und ich, wir kennen ihn doch zur Genüge! Herrn Kiyama? Klug, tapfer, ein großer General und ein alter Waffengefährte. Aber auch er ist Christ, und ich glaube nun mal, daß wir in diesem Land schon Götter genug haben. Ishido? Diesen verräterischen Bauernlümmel habe ich von jeher verachtet, und der einzige Grund, warum ich ihn nie umgebracht habe, ist, daß er dem Taikō blind ergeben war.« Sein ledernes Gesicht zersprang in tausend Lachfältchen. »Ihr seht also, Yoshi Toranaga-noh-Minowara, Ihr habt mir keine andere Wahl gelassen.«
»Und wenn ich gegen Euren
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