Shogun
nicht glücklich?«
»Ich bin nichts als ein Instrument meines Herrn Buntaro, wenn er darauf zu spielen beliebt. Wenn der Herr, mein Gatte, glücklich ist, bin selbstverständlich auch ich glücklich. Seine Freude ist meine Freude. Darin bin ich genauso wie Ihr«, erklärte Mariko.
»Gewiß. Aber es ist trotzdem etwas anderes.« Kiri betätigte ihren Fächer, und die Nachmittagssonne schimmerte auf der goldenen Seide. – Ich bin ja so froh, daß ich nicht in deiner Haut stecke, Mariko, trotz all deiner Schönheit, deinem Witz, deinem Mut und deiner Gelehrsamkeit. Nein! Es wäre mir unerträglich, auch nur einen Tag mit diesem häßlichen und gewalttätigen Mann verheiratet zu sein – geschweige denn seit siebzehn Jahren! Er ist das genaue Gegenteil von seinem Vater, Herrn Hiro-matsu. Buntaro? Wie kommen Väter zu so schrecklichen Söhnen? Es scheint unmöglich, daß nicht ein Schatten von all diesem Leid in deinen Zügen oder in deiner Seele zurückgeblieben sein soll! »Ihr seid eine erstaunliche Frau, Toda Buntaro Mariko-san.«
»Verbindlichen Dank, Kiritsubo Toshiko-san. Ach, Kiri-san, es tut wohl, Euch zu sehen.«
»Und Euch! Wie geht es Eurem Sohn?«
»Wunderbar – wunderbar! Saruji ist jetzt schon fünfzehn, könnt Ihr Euch das vorstellen? Groß und stark, genauso wie sein Vater. Und Herr Hiro-matsu hat Saruji ein eigenes Lehen gegeben und – er wird bald heiraten, wußtet Ihr das?«
»Nein, wen denn?«
»Sie ist eine Enkelin von Herrn Kiyama. Herr Toranaga hat alles so trefflich eingefädelt. Eine sehr gute Partie. Ich wünschte nur, das Mädchen wäre – wäre aufmerksamer meinem Sohn gegenüber, wäre seiner würdiger. Wißt Ihr, daß sie …« Mariko kicherte ein wenig verlegen. »Seht, ich bin doch schon die Schwiegermutter, wie sie im Buche steht. Aber ich glaube, Ihr würdet mir zustimmen. Sie ist wirklich noch nicht richtig erzogen.«
»Ihr habt Zeit, das zu tun.«
Regungslos lagen Marikos Hände in ihrem Schoß. Sie schaute einer Libelle zu, die sich darauf niederließ und gleich darauf wieder davonschwirrte. »Mein Gatte hat mich herbefohlen. Herr Toranaga wünscht, mich zu sehen?«
»Jawohl. Er möchte, daß Ihr für ihn dolmetscht.«
Mariko erschrak. »Für wen?«
»Den neuen Barbaren.«
»Ach! Und was ist mit Pater Tsukku-san? Ist er krank?«
»Nein.« Kiri fingerte an ihrem Fächer herum. »Ich nehme an, es bleibt uns überlassen, darüber nachzudenken, warum Herr Toranaga Euch hier wünscht und nicht den Priester. Ich denke, daß es sich hier um eine höchst geheime Angelegenheit handelt, die niemand etwas angeht. Deshalb müßt Ihr bei Eurem christlichen Gott schwören, niemandem etwas von dieser Unterhaltung zu erzählen. Keinem Menschen!«
Der Tag schien seine Wärme zu verlieren.
»Selbstverständlich«, sagte Mariko voller Unbehagen. Sie hatte klar verstanden, was Kiri meinte: daß sie weder ihrem Mann, noch seinem Vater, noch ihrem Beichtvater ein Sterbenswörtchen sagen dürfe. Und warum sollte sie dolmetschen und nicht Pater Tsukku-san? Sie spürte, daß sie wieder einmal gegen ihren Willen in jene Art von politischem Ränkespiel hineingezogen wurde, das ihr das Leben immer wieder zur Hölle machte, und abermals wünschte sie, sie gehörte keiner alten Familie an, wäre keine Fujimoto und niemals mit der Gabe der Zungen geboren worden.
Es ist dein Karma, Mariko, sagte sie sich traurig, nichts als dein Karma ! »Sehr wohl, Kiri-san.« Und voller böser Ahnungen fügte sie dann noch hinzu: »Ich schwöre beim Herrn, meinem Gott, daß ich nie ein Sterbenswörtchen über die Lippen bringen werde, was heute hier gesagt wird, noch zu irgendeiner Zeit, da ich für meinen Lehnsherrn dolmetsche.«
»Ich könnte mir im übrigen vorstellen, daß Ihr einen Teil Eurer Gefühle nicht werdet hochkommen lassen dürfen, sondern genau das dolmetscht, was gesagt wird. Dieser neue Barbar ist sehr merkwürdig und sagt sonderbare Dinge.«
»Ich stehe ganz zu Diensten von Herrn Toranaga. Er hätte sich meiner Loyalität wegen nie Gedanken zu machen brauchen.«
»Eure Treue hat nie in Frage gestanden! Ich habe Euch nicht kränken wollen.« Ein Frühlingsregen setzte ein und netzte Blüten, Moos und Blätter – und hinterher prangte alles in noch größerer Schönheit.
»Ich möchte Euch um einen Gefallen bitten, Mariko-san. Würdet Ihr bitte Euer Kruzifix unter Euren Kimono stecken?«
Wie um es zu beschützen fuhren Marikos Finger nach dem Kreuz. »Warum? Herr Toranaga hat
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