Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
tun. Ihr könnt Euer feierliches Wort als Regent nicht brechen.«
    »Ihr habt recht.«
    Das Schweigen lastete auf ihnen. Hiro-matsu wartete, und seine Besorgnis wuchs. »Was wollt Ihr nun unternehmen?«
    »Zunächst einmal werde ich schwimmen«, sagte Toranaga mit überraschender Unbekümmertheit. »Und dann werde ich mit dem Barbaren reden.«
    Still durchquerte die Frau Toranagas Privatgarten in der Burg von Osaka und strebte der kleinen strohgedeckten Hütte in einem Ahornhain zu. Ihr seidener Kimono und der Obi waren bei aller Schlichtheit so elegant, wie einzig die berühmtesten Handwerker in China sie weben und nähen konnten. Das Haar trug sie nach der letzten Kyotoer Mode hoch aufgesteckt, und es wurde mit langen Silbernadeln festgehalten. Ein farbenfroher Sonnenschirm schützte ihre auffallend helle Haut. Sie war ausgesprochen klein, maß kaum einsfünfzig, war jedoch von makellosem Wuchs. Um den Hals trug sie eine dünne goldene Kette mit einem kleinen goldenen Kruzifix daran.
    Kiri wartete bereits auf der Veranda der Hütte. Plump saß sie im Schatten, und ihr ausladendes Gesäß quoll über den Rand ihres Sitzkissens. Sie sah die Frau über die Trittsteine näher kommen, die so sorgsam ins Moos gebettet waren, daß es schien, als wären sie dort gewachsen.
    »Ihr seht schöner und jünger aus denn je, Toda Mariko-san«, sagte Kiri neidlos, als sie ihre Verneigung erwiderte.
    »Ich wünschte, Ihr hättet recht, Kiritsubo-san«, entgegnete Mariko lächelnd. Sie kniete auf einem Kissen und ordnete wie abwesend die Falten ihrer Röcke.
    »Es stimmt aber! Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen? Vor zwei, drei Jahren? Ihr habt Euch in den letzten zwanzig Jahren nicht verändert. Es muß fast zwanzig Jahre her sein, daß wir uns kennenlernten. Wißt Ihr noch? Es war bei einem Festmahl, das Herr Goroda gab. Ihr wart damals vierzehn, erst seit kurzem verheiratet und ausnehmend schön!«
    »Und hatte schreckliche Angst.«
    »Nein, Ihr nicht! Keine Angst!«
    »Es war vor sechzehn Jahren, Kiritsubo-san, nicht vor zwanzig. Gewiß, ich erinnere mich noch sehr gut.« – Allzu gut, dachte sie, und das Herz wurde ihr schwer. Es war der Tag gewesen, an dem ihr Bruder ihr ins Ohr geflüstert, er glaube, daß ihr verehrter Vater an seinem Lehnsherrn, dem Diktator Goroda, Rache üben und ihn umbringen werde. Seinen Lehnsherrn!
    O ja, Kiri-san, ich erinnere mich sehr wohl an jenen Tag und jenes Jahr und jene Stunde. Damals fing der ganze Schrecken an. Nie habe ich auch nur einem einzigen Menschen gestanden, daß ich wußte, was geschehen würde, ehe es geschehen war. Ich habe weder meinen Gatten gewarnt noch Hiro-matsu, seinen Vater, die beide treue Vasallen des Diktators waren – sie nicht gewarnt, daß einer seiner bedeutendsten Generäle auf Verrat sinne. Ja, noch schlimmer, ich habe auch Goroda, meinen Lehnsherrn, nicht gewarnt. Also vergaß ich meine Pflicht meinem Lehnsherrn, meinem Gatten und seiner Familie gegenüber, die aufgrund meiner Heirat die einzige Familie war, die für mich zu zählen hatte. Ach, Madonna, vergib mir meine Sünden, hilf mir, mich reinzuwaschen! Ich schwieg, um meinen geliebten Vater nicht in Gefahr zu bringen, ihn, der die Ehre von tausend Jahren verriet. Ach, mein Gott, o Herr Jesus von Nazareth, bewahre diesen Sünder vor der ewigen Verdammnis …
    »Es war vor sechzehn Jahren«, sagte Mariko ernst.
    »Ich trug damals gerade Herrn Toranagas Kind«, sagte Kiri und dachte, wenn Herr Goroda nicht von deinem Vater hintergangen und hinterrücks ermordet worden wäre – vielleicht hätte Herr Toranaga dann nie die Schlacht bei Nagakudé schlagen müssen, ich mich nicht erkältet und möglicherweise mein Kind austragen können. Vielleicht, sagte sie sich. Vielleicht aber auch nicht. Es war eben Karma, mein Karma, was auch geschehen ist, neh? »Ach, Mariko-san«, sagte sie, und es lag nicht die Spur von Groll in ihrer Stimme, »das ist jetzt schon so lange her – es kommt einem fast vor wie in einem anderen Leben. An Euch aber geht die Zeit vorbei. Warum kann ich nicht Eure Figur und Euer bezauberndes Haar und Euren zierlichen Gang haben?« Kiri lachte.
    »Was spielt das für eine Rolle? Ihr genießt die Gunst des Herrn Toranaga, neh? Was also begehrt Ihr mehr? Ihr seid klug und gütig und ruht heil und glücklich in Euch selbst.«
    »Mir wäre es freilich lieber, ich wäre schlank, könnte trotzdem nach Herzenslust essen und mich seiner Gunst erfreuen«, sagte Kiri. »Aber seid Ihr denn

Weitere Kostenlose Bücher