Shogun
zu haben.
Aber er ließ das Schwert nicht herniedersausen. »Ich … ich habe Euer … ich habe Euer Versprechen bei Eurem Gott … in Osaka. Ehe wir … ehe wir in den Tod gehen … ich habe Euer Versprechen und … ich werde Euch nicht davon entbinden.«
Ihr aufreizendes Lachen klang schrill und bösartig. »O ja, mächtiger Herr, ich werde noch einmal, ein einziges Mal Euer Kissen sein, aber das Willkommen, das Euch erwartet, wird trocken, bitter und ranzig sein.«
Blind hieb er mit all seiner Kraft das Langschwert in den Eckpfosten, und die Klinge hätte ums Haar den fußdicken Balken durchschlagen. Er riß daran, doch das Schwert wollte sich nicht lockern. Wie ein Wahnsinniger riß und zerrte er daran, und dann brach die Klinge durch. Mit einem letzten Fluch schleuderte er den Schwertstumpf durch die Wand aus Papier und wankte dann wie ein Betrunkener auf die Tür zu. Die entgeisterte Zofe stand zitternd mit dem Tablett und dem Saké-Kännchen da. Buntaro schlug es ihr aus der Hand. Augenblicklich fiel die Zofe auf die Knie, beugte den Kopf auf die Tatamis und erstarrte.
Buntaro lehnte sich an den zerschmetterten Türrahmen. »Wartet … wartet bis Osaka.«
Mühselig schleppte er sich aus dem Haus.
Eine Weile blieb Mariko regungslos und, wie es schien, wie verzückt sitzen. Dann kehrte die Farbe in ihr Gesicht zurück. Ihre Augen stellten sich wieder auf den richtigen Fokus ein. Schweigend wandte sie sich wieder ihrem Spiegel zu und betrachtete einen Moment ihr Spiegelbild. Dann schminkte sie sich ganz ruhig zu Ende.
Blackthorne eilte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Eine Wache begleitete ihn. Sie befanden sich im Hauptstiegenhaus des Bergfrieds, und er war froh, daß seine Schwerter ihn nicht behinderten. Die hatte er den ersten Wachen unten im Hof in aller Form übergeben. Treppen und Treppenabsätze waren von Fackeln erhellt. Auf dem vierten Treppenabsatz blieb er stehen, platzte förmlich vor lang aufgestauter Erregung und rief zurück: »Mariko-san, alles in Ordnung mit Euch?«
»Ja, Anjin-san, mir geht es gut. Ja.«
Daraufhin stieg er weiter hinauf. Er fühlte sich schwerelos und bärenstark, bis er den letzten Treppenabsatz auf dem sechsten Stock erklomm. Der war genauso schwer bewacht wie alle anderen. Der Samurai, der ihn begleitet hatte, ging zu denen hinüber, die vor der letzten eisenbewehrten Tür standen, und verneigte sich. Sie erwiderten die Verneigung und gaben Blackthorne durch Zeichen zu verstehen, er solle warten.
Sämtliche Arbeiten aus Schmiedeeisen und Holz in der ganzen Burg waren von ausgezeichneter Qualität. Hier im Bergfried weiteten sich sämtliche Fenster, auch wenn sie zierlich und sehr hoch waren, nach innen, zu einer Nische, in der Bogenschützen stehen konnten. Außerdem waren eisenbewehrte Fensterläden davor angebracht, die man schließen konnte, um noch mehr Schutz zu haben.
Mariko kam um die letzte Windung der leicht zu verteidigenden Treppe herum und trat zu ihm.
»Alles in Ordnung?« fragte er.
»O ja, vielen Dank«, antwortete sie ein wenig außer Atem. Trotzdem besaß sie immer noch die gleiche merkwürdige Heiterkeit und jene Distanziertheit, die ihm sofort an ihr aufgefallen war, als er sie im Hof getroffen, und die er noch nie zuvor an ihr wahrgenommen.
Macht nichts, sagte er sich zuversichtlich, das liegt nur an der Burg und an Toranaga und Buntaro und daß wir hier in Yedo sind. Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe.
Von dem Augenblick an, da er die Erasmus erblickt, hatte eine unendliche Freude ihn erfüllt. Er hatte wirklich niemals geglaubt, sein Schiff in so ausgezeichnetem, sauberem und gepflegtem Zustand wiederzusehen – und bereit zum Auslaufen. Ich werde vorsichtshalber nur noch einen Blick in die Bilgen werfen und übers Schanzkleid hechten, um Rumpf und Kiel zu prüfen, und dann noch die Kanonen, die Pulverkammer, Kugeln und Musketenmunition und Segel begutachten.
»Anjin-san?« Der Samurai war wieder da.
Die gepanzerte Tür schwang lautlos auf. Toranaga saß am rückwärtigen Ende eines quadratischen Raums auf einem Podest mit Tatamis darauf. Allein.
Blackthorne kniete nieder und verneigte sich tief, die Hände flach auf dem Boden. »Konbanwa, Toranaga-sama. Ikaga desu ka?«
»Okagesama de genki desu. Anata wa ?«
Toranaga schien gealtert und erschöpft und ausgemergelter als zuvor. Shikata ga nai , sagte Blackthorne sich. Toranagas Karma berührt die Erasmus nicht … sie wird ihn retten, so wahr mir
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