Shogun
überlegen: Wenn ›Blutiger Himmel‹, selbe Zeit oder früher ich Nagasaki angreifen. Nagasaki jetzt Feind, neh? Ich nehme Schwarzes Schiff und greife Seewege zwischen Kyushu und Honshu an. Vielleicht Bedrohung genug, Feind zu Freund zu machen?«
»Nein. Die Priester werden den Handel unterbinden. Ich führe weder mit den Priestern noch mit Nagasaki Krieg. Ich gehe nach Osaka. Es wird nicht ›Blutiger Himmel‹ geben. Wakarimasu?«
»Hai.« Blackthorne blieb ungerührt. Er wußte, Toranaga hatte jetzt klar begriffen, daß dieses Vorgehen mit Sicherheit einen Großteil der Kiyama-Onoshi-Harima-Streitkräfte, die alle auf Kyushu standen, binden würde. Und die Erasmus konnte mit Sicherheit jeden größeren Truppentransport über See von einer Insel zum Festland zum Scheitern bringen. Üb dich in Geduld, sagte er sich. Laß Toranaga darüber nachdenken. Vielleicht kommt es doch so, wie Mariko sagt: Es ist noch eine lange Zeit zwischen heute und Osaka, und wer weiß, was noch alles geschieht?
»Anjin-san, warum sagt Ihr das nicht vor Mariko-san? Weil sie es den Priestern weitersagen würde? Glaubt Ihr das?«
»Nein, Euer Gnaden. Wollen nur direkt reden. Krieg nicht Frauensache. Eine letzte Frage, Toranaga-sama.« Blackthorne ging beherzt auf dem einmal eingeschlagenen Weg weiter voran. »Gepflogenheit, Hatamoto bittet um Gefallen, manchmal. Bitte, verzeiht, Euer Gnaden, darf ehrerbietig mögliche Bitte vortragen.«
Toranaga ließ den Fächer ruhen. »Was für eine Bitte?«
»Wissen, Scheidung leicht, wenn Herr sagen. Bitte Toda-Mariko-sama als Frau.«
Toranaga war wie vom Blitz getroffen, und Blackthorne fürchtete, diesmal zu weit gegangen zu sein. »Bitte, verzeiht meine Zudringlichkeit«, fügte er noch hinzu.
Toranaga faßte sich rasch wieder. »Ist Mariko-san einverstanden?«
»Nein, Toranaga-sama. Geheimnis, mein. Nie zu ihr gesagt, kein Mensch. Geheimnis mein nur. Kein Wort zu Toda Mariko-san. Nie. Aber wissen, Streit zwischen Mann und Frau. Scheidung leicht in Japan. Nur Herrn Toranaga fragen. Sehr Geheimnis. Niemals Mariko-san. Bitte verzeiht, wenn ich Euch verletzt habe.«
»Das ist eine vermessene Bitte für einen Fremden … Noch nie dagewesen! Weil Ihr jedoch Hatamoto seid, ist es meine Pflicht, darüber nachzudenken, obgleich ich Euch verbiete, es jemals zu erwähnen, weder ihr noch ihrem Mann gegenüber. Ist das klar?«
»Bitte?« fragte Blackthorne, der überhaupt nichts verstand, ja kaum fähig war zu denken.
»Sehr schlechte Bitte und schlechter Gedanke, Anjin-san. Versteht Ihr?«
»Ja, Euer Gnaden. Bitte, verzeiht mein schlechtes Japanisch, tut mir leid.«
»Nicht mit ihr darüber reden, Anjin-san, über Scheidung. Mariko-san oder Buntaro-san. Kinjiru, wakarimasu? «
»Jawohl, Euer Gnaden. Ich verstehe.« Blackthorne verneigte sich vollendet und marschierte hinaus. Die Tür schloß sich hinter ihm. Auf dem Treppenabsatz sahen ihn alle forschend an.
Es drängte ihn, seinen Sieg mit Mariko zu teilen, er fühlte sich jedoch durch ihre distanzierte Gelassenheit und die Anwesenheit der Wachen gehemmt. »Tut mir leid, daß ich Euch habe warten lassen«, war alles, was er sagte.
»Es war mir ein Vergnügen«, sagte sie nichtssagend.
Sie schickten sich an, die Treppe wieder hinunterzusteigen. Dann, nachdem sie die erste Treppe hinter sich hatten, sagte sie: »Eure schlichte Art, Euch auszudrücken, ist merkwürdig, aber durchaus verständlich, Anjin-san.«
»Ich war viel zu oft völlig verloren. Das Bewußtsein, daß Ihr da wart, hat mir gewaltig geholfen.«
»Ich habe nichts getan.«
Schweigend gingen sie weiter, Mariko, wie es sich geziemte, ein kleines Stück hinter ihm. Auf jedem Stockwerk mußten sie durch einen Samurai-Kordon. Dann, als sie um eine Ecke auf der Treppe bog, verfing ihr Kimono sich im Geländer, und sie stolperte. Er fing sie auf, hielt sie fest, und die unerwartete nahe Berührung gefiel ihnen beiden.
Sie gingen weiter, einander viel näher, als sie es sonst heute abend gewesen waren.
Draußen im fackelerleuchteten Vorhof wimmelte es von Samurai. Wieder wurden ihre Pässe kontrolliert, und jetzt wurden sie mit ihren Fackelträgern durch das Haupttor hinausgeleitet, durch einen gewundenen Gang wie durch einen Irrgarten zwischen hohen, zinnenbewehrten Mauern hindurch bis zum nächsten Tor, das zum Burggraben führte und zu der innersten Holzbrücke. Insgesamt waren es sieben Burggräben innerhalb des Gesamtkomplexes der Befestigungsanlagen. Als sie auf das
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