Shogun
erbaut innerhalb des letzten Befestigungsrings und des breiten Burggrabens, wo es nur den vertrauenswürdigsten Hatamoto gestattet war zu leben. Umgeben war das Haus von einem Garten, durch den ein winziger Bach floß.
Sie vernahm Schritte. Dann das Geräusch von Dienern, die herbeigelaufen kamen, um ihren Herrn zu begrüßen. Hastig steckte sie ihr Stilett wieder in den Obi und trocknete ihre Tränen. Die Schritte kamen näher, sie schob ihre Shop- Tür auf und verneigte sich höflich.
Mürrisch berichtete Buntaro ihr, Toranaga habe es sich wieder anders überlegt, und er habe Befehl, vorübergehend nach Mishima zu gehen. »Ich werde in aller Frühe aufbrechen.« Er hielt inne und sah sie genauer an. »Warum weint Ihr?«
»Bitte, verzeiht, Euer Gnaden. Es ist nur, daß ich eine Frau bin und mir das Leben so unendlich schwer vorkommt. Und wegen Toranaga-sama.«
»Er ist wie ein gebrochenes Schilfrohr, sosehr ich mich schäme, das zu sagen. Schrecklich, aber das ist nun aus ihm geworden. Wir sollten in den Krieg ziehen. Es wäre wirklich besser, als zu wissen, daß die Zukunft für mich aus nichts anderem besteht als daraus, mitansehen zu müssen, wie dieser Ishido mit seinem dreckigen Gesicht über mein Karma lacht.«
»Ja. Ich wünschte, es gäbe etwas, womit ich helfen könnte. Möchtet Ihr Saké oder Cha?«
Buntaro drehte sich um und bellte eine Zofe an, die draußen wartete. »Holt Saké! Beeilt Euch!«
Buntaro betrat ihr Zimmer. Mariko schloß die Tür. Jetzt stand er am Fenster, das auf den Burgwall und den dahinter gelegenen Bergfried hinausging. »Er sollte zugunsten von Herrn Sudara abdanken, wenn er nicht mehr den Mumm hat, selbst die Führung zu übernehmen. Herr Sudara ist sein Sohn und sein rechtlicher Erbe, neh? Neh?«
»Ja, Euer Gnaden.«
»Ja. Oder noch besser, er täte, was Zataki ihm vorgeschlagen hat. Er sollte Seppuku begehen. Dann hätten wir Zataki und seine Armeen auf unserer Seite. Gemeinsam mit ihnen und mit den Musketen könnten wir in einem einzigen Durchstoß bis Kyoto vordringen. Selbst wenn wir es nicht schafften, so wäre das immer noch besser, als aufzugeben wie dreckige feige Knoblauchfresser! Unser Gebieter hat sich aller Rechte begeben! Neh?« Er fuhr zu ihr herum. »Bitte, verzeiht mir, aber es steht mir nicht zu, so etwas zu sagen. Er ist unser Lehnsfürst.«
Buntaro wandte sich wieder ab und starrte mit umdüsterter Stirn zum Bergfried hinüber. Auf allen Stockwerken flackerten Lichter. »Mein Ratschlag an den Regentschaftsrat wäre, ihn aufzufordern, aus dem Leben zu scheiden, und wenn er nicht will … nachzuhelfen. Es sind ihrer viele, die meine Meinung teilen. Bis auf Herrn Sudara – noch nicht. Vielleicht tut er es insgeheim, wer weiß schon, was er wirklich denkt? Wenn Ihr seine Gemahlin seht, die Dame Genjiko, redet mit ihr, überredet sie! Dann überredet sie vielleicht ihn … sie hat ihn doch ohnehin am Gängelband, neh? Ihr seid Freundinnen, auf Euch wird sie hören.«
»Ich hielte es für sehr schlecht, das zu tun, Euer Gnaden. Das ist Hochverrat.«
»Ich befehle Euch, mit ihr zu reden!«
»Ich werde gehorchen!«
»Jawohl, einem Befehl widersetzt Ihr Euch nicht, nicht wahr?« knurrte er. »Gehorchen? Warum seid Ihr immer so kalt und so verbittert? Eh?« Er nahm ihren Spiegel und hielt ihn ihr heftig vors Gesicht. »Seht Euch doch selbst an!«
»Bitte, verzeiht, wenn ich Euer Mißfallen errege, Euer Gnaden.« Ihre Stimme blieb gelassen, und am Spiegel vorbei starrte sie ihm ins Gesicht. »Ich möchte nicht Euren Zorn erregen.«
Er beobachtete sie einen Augenblick, dann warf er den Spiegel mißmutig zurück auf das Lacktischchen. »Ich habe Euch nicht beschuldigt. Wenn ich das dächte, würde ich … ich würde nicht zögern.«
Mariko hörte, wie sie etwas Unverzeihliches tat, sie zischte: »Würdet nicht zögern, was zu tun? Mich umzubringen, Euer Gnaden? Oder mich weiter am Leben zu lassen und noch größerer Schande preiszugeben?«
»Ich habe nicht Euch beschuldigt, sondern ihn!« bellte Buntaro.
»Aber ich beschuldige Euch!« kreischte sie zurück. »Ihr habt mich doch beschuldigt!«
»Hütet Eure Zunge!«
»Ihr habt mich vor unserem Gebieter mit Schande überhäuft. Ihr habt mich beschuldigt, und jetzt wollt Ihr nicht Eure Pflicht tun. Ihr habt Angst. Ihr seid ein Feigling! Ein dreckiger, knoblauchfressender Feigling!«
Sein Schwert kam aus der Scheide, und sie sonnte sich in dem Bewußtsein, ihn endlich, endlich über den Rand gestoßen
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