Shogun
gerben Felle«, er versuchte, ganz normal weiterzusprechen, »und töten all die alten Pferde und Ochsen und gehen mit Leichen um.«
»Ja, aber was macht das, Pilot? Ihr habt doch selbst ein Dutzend begraben, sie gewaschen und in Leichentücher eingewickelt … das haben wir doch alle. Wir schlachten unsere eigenen Tiere, wie wir das immer getan haben. Ginsel hier ist Henker gewesen … Was soll denn da Schlimmes dran sein?«
»Nichts«, sagte Blackthorne. Er wußte, daß sie recht hatten, aber trotzdem fühlte er sich irgendwie besudelt.
Vinck schnaubte: »Diese Eta sind die besten Heiden, die wir hier erlebt haben. Die sind viel mehr so wie wir und nicht so wie die anderen Affen. Wir können von Glück sagen, daß wir hier sind, Pilot. Frisches Fleisch? Kein Problem. Und jede Menge Talg. Die machen uns keine Schwierigkeiten.«
»Himmel, der Pilot hat die ganze Zeit über mit den anderen Affen leben müssen! Wie wär's, wenn wir jetzt Riesenarsch-Mary holten, Sonk?«
»Oder Wackelarsch!«
»Ach, Scheiße, doch nicht die. Der Pilot braucht etwas Besonderes! Fragen wir die Mama-san.«
»Ich wette, er ist ausgehungert nach einem richtigen Stück Fleisch. Säbel ihm doch mal 'ne tüchtige Scheibe ab, Sonk!«
»Noch was zu trinken, Pilot?«
»Dreimal hoch! Es lebe der Pilot …«
Inmitten des glücklichen Durcheinanders schlug van Nekk Blackthorne auf die Schulter. »Ihr seid wieder daheim, alter Freund. Jetzt seid Ihr wieder da, alles ist in Butter! Ihr seid wieder da, alter Freund. Hört zu, nehmt meine Koje. Ich bestehe darauf.«
Fröhlich winkte Blackthorne ein letztes Mal. Von der anderen Seite der kleinen Brücke kam ein Abschiedsruf. Dann drehte er sich um, seine aufgesetzte Herzlichkeit verflüchtigte sich. Seine Samurai um sich, bog er um die Ecke.
Auf dem Rückweg zur Burg war er in größter Verwirrung. An sich war das mit den Eta nichts Schlimmes, und doch war alles schlimm. Die Burschen da, das ist meine Mannschaft, das sind meine Leute, und dies hier sind Feinde …
Straßen, Gassen und Brücken, alles ging wie in einem Nebel an ihm vorüber. Er bemerkte, daß er mit der Hand unter den Kimono gefahren war und sich kratzte. Unvermittelt blieb er stehen.
»Diese gottverdammten dreckigen …« Er knotete seine Schärpe auf, riß sich den verschwitzten Kimono vom Leib und schleuderte ihn in einen Graben, als wäre der Aussatz daran.
»Dozo, nan desu ka, Anjin-san?« fragte einer der Samurai.
»Nani mo! – Nichts, bei Gott!« Blackthorne marschierte weiter, die Schwerter in der Hand.
»Ah! Eta! Wakarimasu. Gomen nasai!« Die Samurai redeten untereinander, doch er achtete nicht darauf.
So ist es besser, dachte er unendlich erleichtert und merkte kaum, daß er so gut wie nackt war.
Herrgott! Ein Bad wär' jetzt recht!
Er hatte seiner Mannschaft von seinen Abenteuern erzählt, jedoch nichts davon gesagt, daß er Samurai und Hatamoto und einer von Toranagas Günstlingen war; nichts von Fujiko – ganz zu schweigen von Mariko. Und er hatte ihnen auch nicht gesagt, daß sie mit Gewalt in Nagasaki landen und das Schwarze Schiff im Sturm nehmen wollten, oder daß er an der Spitze einer Gruppe von Samurai das Schiff entern würde. Das hat Zeit, dachte er müde. Und alles andere auch.
Seine Holzschuhe klapperten über die Erste Brücke. Samurai-Wachen rekelten sich, bis sie ihn erkannten. Daraufhin verneigten sie sich höflich, während er vorüberging, und musterten ihn aufmerksam, denn das war ja der unglaubliche Barbar, der in Herrn Toranagas Gunst stand: Er hatte ihn zum Samurai und Hatamoto gemacht.
Am südlichen Haupttor der Burg erwartete ihn eine andere Wache. Er sollte in sein Quartier innerhalb der inneren Befestigungsanlagen gebracht werden. »Erst Bad, bitte«, sagte er dem Samurai.
»Ah, ich verstehe. Das ist sehr rücksichtsvoll von Euch! Zum Badehaus geht es hier entlang, Anjin-san. Ja, eine sehr heiße Nacht heute, neh? Wie ich höre, seid Ihr unten bei den Dreckigen gewesen. Die anderen Gäste im Haus werden Euch Eure Rücksichtnahme danken. Ich danke Euch in ihrem Namen.«
Blackthorne verstand zwar nicht die einzelnen Wörter, begriff jedoch, was sie ausdrücken sollten. ›Die Dreckigen‹. Das paßt auf meine Leute und mich … auf uns, nicht auf sie!
»Guten Abend, Anjin-san«, sagte der Oberbademeister, ein mächtiger Mann mittleren Alters mit einem enormen Bauch. Eine Zofe hatte ihn gerade geweckt, um ihm zu sagen, daß zu so später Stunde noch ein. Gast gekommen
Weitere Kostenlose Bücher