Shogun
uns dann irgendwo unterhalten?«
»Das dürfte schwierig sein«, sagte sie unbestimmt, was ihm seltsam vorkam. »Bitte, verzeiht, Anjin-san, aber im Moment sind die Dinge für mich schwierig, und ich habe soviel zu tun.« Sie blieb stehen, nahm den Schirm in die andere Hand und raffte ihren Kimono. »Wie war es gestern abend? Wie geht es Euren Freunden, Eurer Mannschaft?«
»Gut. Es war alles gut«, sagte er.
»Aber doch nicht ›wirklich gut‹?« fragte sie.
»Doch, gut, wenn auch merkwürdig.« Er blickte sich nach ihr um. »Es entgeht Euch aber auch nichts, nicht wahr?«
»Doch, Anjin-san. Aber Ihr habt sie nicht erwähnt, und dabei habt Ihr in der letzten Zeit ziemlich viel über sie nachgedacht. Ich bin keine Zauberin. Tut mir leid.«
Nach einer Pause sagte er: »Ist auch wirklich alles in Ordnung? Ihr habt doch hoffentlich kein Problem mit Buntaro-san, oder?«
Seit Yokosé hatten sie nicht mehr über Buntaro gesprochen, ja, nicht einmal seinen Namen erwähnt. »Das ist meine einzige Bitte, Anjin-san«, hatte sie in jener ersten Nacht geflüstert. »Was auch auf unserer Reise nach Mishima geschieht, oder, wenn die Madonna will, bis nach Yedo – das hat nichts mit uns zu tun, neh? Wir wollen beide über nichts sprechen, was wirklich ist, neh? Kein Wort. Bitte!«
»Einverstanden. Ich schwöre es.«
»Und ich desgleichen. Endgültig – unsere Reise endet an der Ersten Brücke von Yedo.«
»Nein.«
»Irgendwo muß sie ein Ende haben, mein Geliebter. An der Ersten Brücke ist unsere Reise zu Ende. Bitte, sonst sterbe ich vor Schmerz oder aus Angst vor der Gefahr, in die ich Euch gebracht habe …«
Gestern morgen nun hatte er vor der Ersten Brücke gestanden, und das hatte ihn trotz seiner Erleichterung, was die Erasmus betraf, sehr niedergedrückt.
»Wir sollten jetzt über die Brücke hinübergehen, Anjin-san«, hatte sie gesagt.
»Ja, aber es ist nur eine Brücke. Eine von vielen. Kommt, Mariko-san. Geht neben mir über diese Brücke. An meiner Seite, bitte! Laßt uns gemeinsam hinübergehen«, um dann noch auf lateinisch hinzuzufügen: »Und glaube Sie, Sie würde getragen, und daß wir Hand in Hand einen neuen Anfang machen!«
Sie war aus ihrer Sänfte ausgestiegen und neben ihm hergegangen, bis sie die andere Seite erreicht hatten. Dort stieg sie wieder in die verhangene Sänfte, und dann war es die leichte Anhöhe hinaufgegangen. Am letzten Burgtor hatte Buntaro sie erwartet.
Blackthorne erinnerte sich, wie er gebetet hatte, daß ein Blitz auf ihn herniederfahren möge.
»Ihr habt doch hoffentlich kein Problem mit ihm?« fragte er, als sie den letzten Treppenabsatz erreichten.
Sie schüttelte den Kopf.
Toranaga sagte: »Schiff sehr bereit, Anjin-san? Irrtum ausgeschlossen?«
»Irrtum ausgeschlossen, Euer Gnaden. Schiff tadellos in Schuß.«
»Wie viele Leute außerdem … wie viele Männer braucht Ihr für das Schiff …?« Toranaga blickte zu Mariko hinüber. »Bitte, fragt ihn, wie viele Leute er außerdem noch braucht, um das Schiff richtig segeln zu können.«
»Der Anjin-san sagt, um die Erasmus richtig zu segeln, brauche er mindestens dreißig Seeleute und zwanzig Kanoniere. Ursprünglich habe seine Mannschaft aus einhundertundsieben Mann bestanden, Köche und Kaufleute mitgerechnet. Um in diesen Gewässern voll manövrierfähig zu sein und mit ihr zu kämpfen, müsse die Besatzung auf zweihundert Samurai aufgestockt werden, das jedoch würde reichen.«
»Und er glaubt, die anderen Leute, die er braucht, könnte er in Nagasaki anheuern?«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
Verächtlich sagte Toranaga: »Ich würde Söldnern nie trauen.«
Toranaga stand auf und sah zum Fenster hinaus. Von der Stadt war vor lauter Regen nichts zu sehen. Möchten die Götter doch dafür sorgen, daß es bis zum Neujahrsfest so weiterregnet. Wann wird Buntaro mit meinem Bruder sprechen? »Sagt dem Anjin-san, ich werde ihm morgen seine Vasallen geben. Heute wird es den ganzen Tag so weiterregnen.«
»Jawohl, Euer Gnaden«, hörte er sie sagen und lächelte ironisch vor sich hin. In seinem Leben hatte das Wetter ihn noch nie von irgend etwas abhalten können. Damit müßte jetzt auch sie überzeugt sein, daß es endgültig mit mir bergab gegangen ist. Er wußte, daß er es sich noch nicht erlauben konnte, von dem einmal eingeschlagenen Kurs abzuweichen. »Morgen oder übermorgen – was spielt es schon für eine Rolle? Sagt ihm, wenn ich bereit sei, würde ich ihn rufen lassen. Und bis dahin solle er
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