Shogun
Ganz gewiß stand Toda Mariko-noh-Buntaro-noh-Jinsai vom ersten Augenblick, da sie Herrn Toranagas Grenzen überschritt, unter starker Bewachung. Neh?«
»Können wir herausbekommen, ob der Pater Visitator zur Burg geht?«
»Ja. Das ist leicht.«
»Und wie erfahren wir, was gesprochen wurde … oder was getan wird?«
»Das ist außerordentlich schwer. Tut mir sehr leid, aber sie würden portugiesisch oder lateinisch sprechen, neh? Und wer spricht beide Sprachen außer Euch und mir? Mich würden beide erkennen.« Uraga zeigte zur Burg und zur Stadt hinüber. »Es gibt viele Christen dort. Jeder von ihnen würde sich außerordentlich beliebt machen, wenn er Euch oder mich umbrächte … neh?«
Blackthorne antwortete ihm nicht. Es bedurfte auch keiner Antwort. Er sah ja den mächtigen Umriß des Bergfrieds und erinnerte sich an alles, was Uraga ihm über die sagenhaften Schätze erzählt hatte, die er beschützte: die Beute und die Steuern, die der Taikō zusammengerafft und aus dem Reich herausgepreßt hatte. Jetzt jedoch überlegte er, was Toranaga wohl denken und planen mochte, wo genau Mariko sein mochte und was für einen Sinn es hatte, nach Nagasaki zu gehen. »Dann meint Ihr also, daß der neunzehnte Tag der letzte Tag ist, ein Todestag, Yabu-san?« hatte er wiederholt gefragt, nahezu krank von dem Bewußtsein, daß Toranaga jetzt endgültig in die Falle gegangen zu sein schien … und damit sein und der Erasmus Schicksal besiegelt war.
»Shikata ga nai ! Wir fahren schnell nach Nagasaki und kommen rasch wieder zurück. Schnell, versteht Ihr? Uns bleiben nur vier Tage, um die Männer zu holen. Dann zurückkommen.«
»Aber wozu? Wenn Toranaga hier, alle sterben, neh?« hatte er geantwortet, doch Yabu war an Land gegangen und hatte ihm nur gesagt, daß sie übermorgen abfahren würden. Er hatte gewünscht, er wäre mit der Erasmus und nicht mit der Galeere hergekommen. Dann hätten sie Osaka irgendwie links liegenlassen und wären direkt nach Nagasaki gesegelt.
Du bist ein Narr, geißelte er sich selbst. Mit den wenigen Leuten, die du hast, hättest du nicht einmal hier unbeschadet festmachen können, ganz zu schweigen einen Hafen finden, in dem du diesen Teufelsorkan hättest abwarten können. Dann wärest du längst tot.
»Keine Sorge, Euer Gnaden. Karma«, sagte Uraga.
»Aye, Karma.« Dann spürte Blackthorne Gefahr vom Wasser her, und sein Körper reagierte, noch ehe sein Geist es befahl. Er duckte sich, als ein Pfeil vorbeipfiff, ihn ums Haar verfehlte und sich in die Aufbauten bohrte. Er sprang auf Uraga zu, um ihn zu Boden zu reißen, doch da traf ein anderer Pfeil diesen hinterm Schanzkleid. Uraga schrie und kreischte, und die Samurai schrien und spähten auf die See hinaus. Graue kamen von Land an Bord gestürmt. Eine zweite Salve kam aus der Nacht, und alles spritzte auseinander, um Deckung zu suchen. Blackthorne kroch das Schanzkleid entlang und spähte durch ein Speigatt. Er sah gerade noch, wie ein Fischerboot in der Nähe seine Fackeln löschte und in der Dunkelheit verschwand. Alle Boote folgten seinem Beispiel, und für den Bruchteil einer Sekunde sah er Ruderer, die sich in die Riemen legten: Licht schimmerte auf ihren Schwertgriffen und Bogen.
Uragas Kreischen versiegte und ging unter in einem gurgelnden Todesschrei, der einem die Eingeweide zusammenzog. Das ganze Schiff war in Aufruhr.
Vinck kam an Deck, die Pistole schußbereit in der Hand; gebückt kam er herbeigelaufen. »Himmel, was ist denn bloß los … alles in Ordnung mit Euch, Pilot?«
»Ja. Paß auf! Sie sitzen in den Fischerbooten!« Blackthorne kroch wieder zurück zu der Stelle, wo Uraga lag und am Pfeilschaft zerrte. Blut kam ihm aus Nase, Mund und Ohren.
»Himmelherrgott!« Vinck war fassungslos.
Blackthorne packte das gefiederte Ende des Pfeils mit einer Hand, legte die andere auf das warme, pulsierende Fleisch und riß mit aller Kraft. Der Pfeil kam zwar sauber heraus, aber jetzt spritzte das Blut stoßweise, und Uraga begann zu ersticken.
Mittlerweile hatten Graue und seine eigenen Samurai einen Kreis um sie gebildet. Einige hatten Schilde mitgebracht und hielten sie schützend über Blackthorne, ohne der eigenen Gefahr zu achten. Andere hielten sich weiterhin in Deckung, wiewohl die Gefahr vorüber war. Wieder andere brüllten ihren Zorn in die Nacht hinaus, schossen Pfeile ab und befahlen, daß die entschwindenden Boote zurückkämen.
Blackthorne hielt Uraga in den Armen. Der übelmachende,
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