Shogun
sich hinzusetzen, und er legte sich für einen Moment wieder hin. Er bemerkte nicht, daß die Sonne sich von dem Augenblick, da er sich auf den Rücken legte, bis zu dem Moment, da er die Augen wieder aufschlug, um einen Viertelkreis gedreht hatte.
Jemand berührte ihn, und er sah auf. Yabu blickte auf ihn hernieder und sagte etwas.
»Tut mir leid«, sagte Blackthorne schleppend. Yabu und der Arzt redeten miteinander, und dann machte Yabu Blackthorne durch Zeichen begreiflich, er werde bald wiederkommen, und er solle bis dahin nur schlafen. Dann verließ er ihn.
»Bad, bitte, und Massage«, sagte Blackthorne.
Hände hoben ihn hoch und trugen ihn. Unter den beruhigend knetenden Fingern schlief er ein, und sein Körper genoß die Herrlichkeit der Wärme, der zartfühlenden Behandlung und der süß duftenden Öle, die ihm in die Haut gerieben wurden.
Während er schlief, kamen Graue, hoben das Tragebett hoch und schafften ihn in die inneren Gemächer des Bergfrieds, doch er wachte nicht auf. Die Erschöpfung sowie ein schlaffördernder Heiltrank taten ihre Wirkung.
»Jetzt ist er sicher, Dame«, sagte Ishido.
»Vor Kiyama?« fragte Ochiba.
»Vor allen Christen.« Ishido gab den Wachen zu verstehen, sie sollten ganz besonders auf ihn achtgeben, und ging durch den breiten Gang in den sonnenüberfluteten Garten hinaus.
»Ist das der Grund, warum die Dame Achiko getötet wurde? Weil sie Christin war?«
Ishido hatte ihren Tod befohlen, da sie von ihrem Großvater in Blackthornes Nähe geschleust sein konnte, um ihm ans Leben zu gehen. »Ich habe keine Ahnung«, sagte Ishido. »Aber sie werden bald alle hinweggefegt werden.«
»Wie, Herr General? Wie wollt Ihr das anstellen, wo doch so viel von ihrem guten Willen abhängt?«
»Durch Versprechungen … bis Toranaga tot ist. Dann werden sie übereinander herfallen. Wir teilen und herrschen. Ist das nicht, was Toranaga tut und was auch der Herr Taikō getan hat? Kiyama begehrt den Kwanto, neh? Um des Kwanto willen wird er gehorchen. Onoshi? Wer weiß, was dieser Wahnsinnige will …«
»Und was ist, wenn Kiyama dahinterkommt, was Ihr Onoshi versprochen habt … daß sämtliche Besitztümer von Kiyama an ihn fallen sollen … oder daß Ihr vorhabt, Euer Versprechen Zataki gegenüber zu halten und nicht ihm gegenüber?«
»Lügen, Dame, lauter Lügen, die der Feind ausgestreut hat.« Ishido sah sie an. »Onoshi will Kiyamas Kopf. Kiyama will den Kwanto. Und dasselbe will auch Zataki.«
»Und Ihr, General? Was wollt Ihr?«
»Dafür sorgen, daß der Erbe unbeschadet fünfzehn wird und danach Herrscher über das Reich. Und ihn und Euch bis dahin beschützen. Weiter nichts.«
Lügner, dachte Ochiba. Sie brach eine duftende Blüte ab, schnupperte daran, fand den Duft angenehm und reichte sie ihm. »Bezaubernd, neh?«
»Ja, bezaubernd«, sagte Ishido, als er sie entgegennahm. »Ich danke Euch. Vielen Dank.«
»Das Leichenbegängnis für Yodoko-sama war wunderbar. Dazu muß man Euch beglückwünschen, Herr General.«
»Es tut mir leid, daß sie tot ist«, sagte Ishido. »Ihr Rat war immer wertvoll.«
Sie schlenderten eine Weile nebeneinander dahin. »Sind sie schon abgereist? Kiritsubo-san und die Dame Sazuko und ihr Sohn?« erkundigte Ochiba sich.
»Nein. Sie reisen morgen ab. Nach dem Leichenbegängnis für die Dame Toda. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig. Wir müssen bis zum zweiundzwanzigsten Tag warten. Dann marschieren wir los.«
»Warum warten? Könnt Ihr nicht schon jetzt losmarschieren?«
»Es braucht seine Zeit, unsere Heerscharen zusammenzuziehen.«
»Wie viele werden gegen Toranaga stehen?«
»Dreihunderttausend Mann. Toranaga hat höchstens hunderttausend.«
»Und meine Garnison?«
»Ich werde achtzigtausend innerhalb der Mauern zurücklassen und weitere fünfzigtausend an den Pässen.«
»Und Zataki?«
»Wird Toranaga in den Rücken fallen. Zuletzt wird er ihn verraten.«
»Findet Ihr es nicht merkwürdig, daß der Herr Sudara, meine Schwester und alle ihre Kinder nach Takato gereist sind?«
»Nein. Selbstverständlich tut Zataki so, als hätte er ein Geheimabkommen mit seinem Halbbruder getroffen. Aber das ist nur eine List, weiter nichts. Er wird ihn verraten.«
»Eigentlich müßte er es … schließlich fließt in seinen Adern dasselbe verräterische Blut«, sagte sie voller Abscheu. »Aber ich wüßte nicht, was ich täte, wenn meiner Schwester und ihren Kindern etwas zustieße.«
»Es wird ihnen nichts zustoßen, Dame. Da bin
Weitere Kostenlose Bücher