Shogun
ich ganz sicher.«
»Wenn Zataki bereit war, seine eigene Mutter umzubringen … neh? Seid Ihr ganz sicher, daß er kein doppeltes Spiel mit Euch treibt?«
»Ja. Er wird es letzten Endes nicht tun. Und zwar deshalb, weil er Toranaga noch mehr haßt als mich, Dame. Außerdem verehrt er Euch und begehrt den Kwanto mehr als alles andere.« Ishido lächelte angesichts des Bergfrieds, der über ihnen in den Himmel ragte. »Solange die Burg unser ist und es den Kwanto gibt, den wir zu vergeben haben, haben wir nichts zu befürchten.«
»Heute morgen packte mich die Angst«, sagte sie und hielt eine Blüte an ihre Nase, sog den Wohlgeruch in sich hinein und wartete, daß er den Nachgeschmack der Angst vertrieb. »Ich wollte einfach davoneilen, doch dann erinnerte ich mich an den Wahrsager.«
»Eh? Ach den. Den hatte ich schon ganz vergessen«, sagte Ishido voll hämischen Ingrimms. Es war jener Wahrsager, der vorausgesagt hatte, daß der Taikō in seinem Bett sterben und einen gesunden Sohn hinterlassen werde, daß Toranaga in mittleren Jahren durch das Schwert umkommen werde und daß er, Ishido, als berühmtester Herrscher im ganzen Reich, während er die Füße fest auf die Erde gepflanzt hätte, in hohem Alter sterben werde. Und daß die Dame Ochiba ihr Leben in der Burg von Osaka beschließen werde.
»Ja«, wiederholte Ishido. »Den hatte ich ganz vergessen. Toranaga steht jetzt in seinen mittleren Jahren, neh?«
»Ja.« Abermals empfand Ochiba das Durchdringende seines Blicks, und ihre Lenden wurden feucht bei dem Gedanken, daß ein echter Mann über und in ihr sei, sie umfing, sie nahm und ihr ein neues Leben in den Leib pflanzte. Diesmal, um ehrenhaft zu gebären, nicht wie beim letzten Mal, wo sie sich voller Entsetzen gefragt, wie diese Frucht ihres Leibes wohl sein und wie sie wohl aussehen mochte.
Wie töricht du bist, Ochiba, dachte sie, als sie die schattigen und duftenden Pfade entlanggingen. Schüttle diese dummen Alpträume doch einfach ab …
Unvermittelt wünschte Ochiba, es wäre Toranaga, der hier neben ihr dahinging, und nicht Ishido; daß Toranaga Herr der Burg von Osaka und Hüter des Schatzes des Taikō, Beschützer des Erben und Oberster Heerführer der Armeen des Westens sei – und nicht Ishido. Dann würde es keine Probleme geben. Gemeinsam würden sie das Reich besitzen, ungeteilt, und jetzt, heute, in diesem Augenblick, würde sie ihn auffordern, das Kopfkissen mit ihr zu teilen oder einen schattigen Hain mit ihr aufzusuchen, und morgen oder am Tag danach würden sie heiraten.
Sie streckte die Hand aus, zog einen kleinen Ast zu sich heran und sog den süßen, schweren Duft der Gardenien ein.
Schieb die Träume beiseite, Ochiba, sagte sie sich. Sei Realist, wie der Taikō Realist gewesen ist … oder Toranaga.
»Was habt Ihr jetzt mit dem Anjin-san vor?« fragte sie.
Ishido lachte. »Ihn in sicherem Gewahrsam halten … ihn vielleicht das Schwarze Schiff kapern lassen … oder ihn als Bedrohung gegen Kiyama und Onoshi einsetzen. O ja, er ist wie ein Dolch, der ihnen an der Kehle sitzt … und an der ihrer dreckigen Kirche.«
»In dem Schachspiel des Erben gegen Toranaga, wie würdet Ihr da den Wert des Anjin-san einschätzen, Herr General? Als Bauern oder gar als Springer?«
»Ah, im königlichen Spiel wohl nicht einmal als Bauer«, sagte Ishido sogleich. »Aber in dem Spiel des Erben gegen die Christen ohne weiteres als Turm, vielleicht sogar als zwei Türme.«
»Und Ihr meint nicht, daß die beiden Spiele unlösbar miteinander verbunden sind?«
»Sie haben schon miteinander zu tun, aber im königlichen Spiel wird Daimyo gegen Daimyo entscheiden, Samurai gegen Samurai und Schwert gegen Schwert. Und selbstverständlich seid in beiden Spielen Ihr die Königin.«
»Nein, Herr General, bitte, verzeiht, nicht die Königin«, sagte sie, froh darüber, daß er es erkannt hatte. Dann, um sich nicht weiter aufs Glatteis zu begeben, wechselte sie das Thema. »Es gehen Gerüchte um, daß der Anjin-san und Mariko-san das Kopfkissen miteinander geteilt haben.«
»Ja, ja. Davon habe ich auch schon gehört. Ist Euch daran gelegen, die Wahrheit darüber zu erfahren?«
Ochiba schüttelte den Kopf. »Es wäre undenkbar, daß das geschehen sein soll.«
Lauernd sah Ishido sie an. »Seht Ihr irgendeinen Vorteil darin, ihre Ehre zu besudeln? Jetzt? Und damit auch die Ehre Buntaro-sans?«
»Ich habe gar nichts damit gemeint, nichts dergleichen. Ich habe mich nur gefragt … nur töricht
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