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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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unwillkürlich: Ob es wohl mein Karma ist, heute unter diesem Schutt begraben zu werden? Sie klammerte sich an den zitternden Boden und wartete wie jeder in der Burg, wie jeder in der Stadt und auf den Schiffen im Hafen, ob das große, das eigentliche Beben kommen würde.
    Aber es blieb aus. Der Erdstoß endete. Das Leben nahm seinen Fortgang, die Lebensfreude kehrte wieder in sie zurück, und ihr Lachen hallte in der Burg wider. Jeder schien zu wissen, daß das Unglück für diese Stunde, für diesen Tag noch einmal an ihnen vorübergegangen war.
    »Shikata ga nai «, sagte Ishido, der sich immer noch wand. »Neh?«
    »Ja«, sagte Ochiba strahlend.
    »Stimmen wir ab!« sagte Ishido, über die Maßen glücklich, noch einmal davongekommen zu sein. »Ich bin für Krieg!«
    »Ich auch!«
    Als Blackthorne wieder zu sich kam, wußte er nicht nur, daß Mariko tot war, sondern er wußte auch, wie und warum sie gestorben war. Er lag auf Futons. Graue bewachten ihn. Über ihm dehnte sich eine sparrenbedeckte Decke, blendender Sonnenschein tat seinen Augen weh, und das Schweigen war unheimlich. Ein Arzt untersuchte ihn. Seine größte Befürchtung fiel von ihm ab.
    Ich kann sehen.
    Der Arzt lächelte und sagte etwas, aber Blackthorne konnte nichts hören. Er schickte sich an, sich zu erheben, doch ein wilder Schmerz löste ein ungeheures Sausen in seinen Ohren aus. Der bittere Geschmack von Pulver war immer noch in seinem Mund, und sein ganzer Körper schmerzte ihn.
    Für einen Moment verlor er abermals das Bewußtsein. Unter großen Anstrengungen machte er die Augen wieder auf. Der Arzt sagte etwas, auch jetzt konnte er nichts hören, und wieder begann Entsetzen in ihm hochzukommen, doch gebot er ihm Einhalt. Er erinnerte sich an die Explosion und wie sie leblos vor ihm gelegen, und daran, wie er ihr die Absolution erteilt, die zu erteilen er überhaupt nicht berufen gewesen war.
    Er erkannte die Länge der Schatten und die Tönung des Lichts. Es ist also kurz nach Sonnenaufgang, sagte er sich und dankte Gott nochmals, daß er mit heiler Haut davongekommen war. Kein Grund zur Sorge, sagte er sich. Noch nicht. Vorsichtig betastete er Gesicht, Mund und Kiefer. Kein Schmerz dort und keine Wunden. Dann seinen Hals, die Arme und die Brust. Auch dort noch keine Wunden. Jetzt zwang er seine Hände tiefer, über seine Lenden und sein Geschlecht. Er war auch dort nicht verstümmelt.
    Er ruhte sich aus. Sein Kopf schmerzte ihn furchtbar. Dann tastete er auch noch seine Beine und Füße ab. Alles schien in Ordnung. Vorsichtig legte er die Hände über die Ohren und drückte, öffnete dann halb den Mund, schluckte und versuchte zu gähnen in dem Versuch, seine Ohren freizumachen, doch das vergrößerte nur den Schmerz.
    Du wirst einen Tag und einen halben Tag warten, befahl er sich, und dann noch einen Tag und noch einen, wenn es nötig ist – und bis dahin wirst du keine Angst haben!
    Der Arzt berührte ihn. Seine Lippen bewegten sich.
    »Kann nicht hören, tut mir leid«, sagte Blackthorne ruhig, hörte aber seine Worte nur im Geiste.
    Der Arzt nickte und sprach wieder. Jetzt versuchte Blackthorne, die Lippenbewegungen des Mannes zu lesen. Ich verstehe. Bitte, schlaft jetzt.
    Aber Blackthorne mußte Pläne schmieden. Er mußte aufstehen und Osaka verlassen und nach Nagasaki gehen … um dort Kanoniere und Matrosen anzuheuern, um das Schwarze Schiff kapern zu können. Es gab nichts anderes, über das er nachzudenken, nichts anderes, an das er sich zu erinnern hätte. Es war kein Grund mehr vorhanden, Samurai zu spielen oder so zu tun, als wäre er Japaner. Er war jetzt von allem entbunden, alle Schulden und alle Freundschaften waren nichtig; denn sie war nicht mehr.
    Abermals hob er den Kopf, und abermals dieser rasende Schmerz. Er biß die Zähne zusammen und setzte sich auf. Er zwang seine Augen zu sehen. Der Raum hörte auf zu kreisen und die Übelkeit schwand. »Cha, dozo«, sagte er. Der Geschmack nach Schießpulver war widerlich. Hände halfen ihm zu trinken, und dann streckte er die Arme aus, und sie halfen ihm aufzustehen. Ohne sie wäre er hingeschlagen. Sein ganzer Körper war ein einziger großer Schmerz, aber jetzt war er sicher, daß er sich nichts gebrochen und auch keine inneren Verletzungen davongetragen hatte – bis auf seine Ohren, doch das würde sich vielleicht mit der Zeit und mit Hilfe von Massage und viel Ruhe wieder geben. Nochmals dankte er Gott, daß er mit dem Leben davongekommen. Die Grauen halfen ihm,

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