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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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seine Hand an den zerspellten Griff seines Schwertes, stellte sich breitbeinig und herausfordernd hin und wußte, daß sein Schicksal feststand, sein Karma unabänderlich war, und, wenn er schon sterben mußte, daß er es vorzog, jetzt mit Stolz zu sterben als später in Schande.
    »Ich bin John Blackthorne, Anjin-san«, sagte er, und seine Entschlossenheit verlieh ihm merkwürdige Kraft und genau das richtige Maß an Rüdheit. »General der Schiffe von Herrn Toranaga – aller Schiffe. Samurai und Hatamoto! Wer seid Ihr?«
    Dem Hauptmann schoß die Röte ins Gesicht. »Saigo Masakatsu aus Kaga, Hauptmann der Garnison von Herrn Ishido.«
    »Ich bin Hatamoto … seid Ihr Hatamoto?« fragte Blackthorne, noch rüder, denn er nahm nicht einmal den Namen seines Widersachers zur Kenntnis, sondern sah ihn nur mit einer ungeheuren, unwirklichen Klarheit vor sich – sah jede einzelne Pore, jeden Bartstoppel, jeden Farbfleck in den feindseligen braunen Augen, jedes Härchen auf dem Rücken der Hand, mit der er sein Schwert gepackt hatte.
    »Nein, ich bin kein Hatamoto.«
    »Seid Ihr Samurai … oder Ronin?« Das letzte Wort kam herausgezischt, und Blackthorne wußte, daß Männer in seinem Rücken standen, doch das war ihm gleichgültig. Er beobachtete nur den Hauptmann, wartete auf den plötzlichen Todeshieb, hinter dem alle Hara-gei stand, die innerste Quelle der Energie, und er war gewärtig, diesen Hieb mit einer ebenso unerhörten Kraft zurückzugeben und zusammen mit seinem Feind einen ehrenhaften Tod zu finden und ihn auf diese Weise zu besiegen.
    Zu seiner Überraschung sah er, wie die Augen des Hauptmanns sich veränderten, der Mann sichtlich zusammenschrumpfte und sich tief und ehrerbietig verneigte. Der Mann hielt den Oberkörper gesenkt, bot sich Blackthorne wehrlos dar. »Bitte … bitte, verzeiht meine schlechten Manieren. Ich … ich war Ronin, aber der Herr General hat mir noch einmal eine Chance gegeben. Bitte, verzeiht meine schlechten Manieren, Anjin-san.« Seine Stimme verriet, wie beschämt er war.
    Blackthorne sah die anderen Samurai an. Wie ein Mann verneigten sie sich und hielten gemeinsam mit ihrem Hauptmann den Oberkörper geneigt und ließen ihm den Sieg.
    Nach einem Augenblick verneigte Blackthorne sich steif. Aber nicht wie ein Gleicher vor Gleichen. Sie hielten den Rücken gebeugt, bis er sich umdrehte, und, Michael hinter sich, durch den Korridor auf die Haupttreppe hinaustrat und bis zum Vorhof hinunterschritt. Er verspürte jetzt keinen Schmerz mehr, sondern war nur von einem ungeheuren Glühen erfüllt. Graue sahen ihm nach, und die Gruppe von Samurai, die ihn und Michael bis zum ersten Kontrollposten begleitete, hielt sich sorgfältig außer Reichweite seines Schwertes. Ein Mann wurde ausgeschickt vorauszueilen.
    Beim nächsten Kontrollposten verneigte der neue Offizier sich höflich wie ein Ebenbürtiger, und er erwiderte die Verneigung. Der Paß wurde eingehend, aber nicht über Gebühr lange geprüft. Eine neue Eskorte brachte sie zum nächsten Kontrollposten. Niemand stellte sich ihnen in den Weg. Kaum einer der Samurai achtete überhaupt auf ihn.
    Allmählich ging ihm auf, daß sein Kopf ihn weniger schmerzte. Sein Schweiß war getrocknet. Er lockerte den Griff am Schwertgriff, nahm die Hand ganz fort und öffnete und schloß sie eine Weile. An einem Brunnen an einer der Mauern blieb er stehen, trank und spritzte sich Wasser über den Kopf.
    Die ihn begleitenden Grauen blieben gleichfalls stehen und warteten höflich, während er die ganze Zeit über angestrengt darüber nachdachte, warum er die Gunst von Ishido und der Dame Ochiba verloren haben mochte. Nichts hat sich geändert, dachte er nervös. Er blickte auf und sah, daß Michael ihn anstarrte. »Was wollt Ihr?«
    »Nichts, Senhor«, sagte Michael höflich. Dann ging ein Lächeln über sein Gesicht – ein warmherziges Lächeln. »Ah, Senhor, Ihr habt mir vorhin einen großen Dienst erwiesen, indem ihr diesen Cabrón mit seinen schlechten Manieren zwangt, seinen eigenen Urin zu trinken. Ach, hat es gutgetan, das mitanzusehen! – Er«, setzte er noch auf lateinisch hinzu, »ich danke Ihm!«
    »Ich habe es nicht für Euch getan«, sagte Blackthorne auf portugiesisch, denn alles in ihm wehrte sich, lateinisch zu sprechen.
    »Gewiß. Aber Friede sei mit Euch, Senhor. Wisset, daß Gott wundersame Wege geht! Das war ein Dienst, den Ihr allen Männern erwiesen habt. Dieser Ronin ist beschämt worden, und er hat es verdient. Es

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