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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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daß sie nicht ganz so tief ausfiel wie die seine, aber für den Augenblick genügte es.
    »Konnichi wa , Anjin«, sagte Omi.
    Das klang zwar höflich, aber nicht höflich genug.
    »Anjin-san!« Blackthorne sah ihm direkt in die Augen. Beider Wille rang mit dem anderen.
    »Konnichi wa , Anjin-san«, sagte Omi schließlich und lächelte kurz.
    Blackthorne beeilte sich mit dem Ankleiden. Er trug weite Hosen mit Hosenlatz, Strümpfe, Hemd und Rock, das lange Haar zu einem säuberlichen Schwanz zusammengenommen; den Bart hatte er sich mit der Schere gestutzt, die der Barbier ihm geliehen hatte.
    »Hai, Omi-san?« fragte Blackthorne, nachdem er fertig war.
    »Bitte, Hand«, sagte Mura.
    Blackthorne begriff nicht und gab das durch Zeichen zu verstehen. Mura streckte die eigenen Hände vor und vollführte eine Parodie des Händefesselns. »Hand, bitte.«
    »Nein«, sagte Blackthorne direkt an ihn gewandt und schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig«, sagte er auf englisch, »überhaupt nicht nötig. Ich habe mein Wort gegeben.« Er achtete darauf, daß seine Stimme nicht laut wurde, sondern vernünftig klang, und dann fügte er betont hinzu, wobei er Omi nachmachte: » Wakarimasu ka, Omi-san? – Versteht Ihr?«
    Omi lachte. Dann sagte er: »Hai, Anjin-san. Wakarimasu .« Damit drehte er sich um und ging.
    Fassungslos sahen Mura und die anderen ihnen nach. Blackthorne folgte Omi in die Sonne hinaus. Seine Stiefel waren gereinigt worden. Bevor er hineinschlüpfen konnte, war die Magd ›Onna‹ schon auf den Knien und half ihm, sie anzuziehen.
    »Ich danke Euch, Haku-san«, sagte er, da ihm ihr richtiger Name wieder einfiel. Wie mag wohl ›Danke schön‹ heißen? überlegte er.
    Er schritt durchs Tor, Omi voran.
    Ich will dir an den Kragen, du gottverfluchter … Augenblick! Was hast du dir geschworen? Und warum ihn verfluchen? Fluchen, das ist etwas für Schwächlinge und Narren. Eins zur Zeit. Es reicht, daß ich ihm an den Kragen will. Du weißt es genau, und er weiß es auch genau.
    Die vier Samurai gingen ihm zur Seite, als er den Hügel hinunterschritt. Der Hafen war seinen Blicken noch entzogen. Mura blieb höflich zehn Schritt hinter ihnen, Omi ging voraus.
    Ob sie mich wieder in die Grube werfen wollen? überlegte er. Warum haben sie mir wohl die Hände fesseln wollen? Hat Omi gestern nicht gesagt: »Wenn Ihr Euch benehmt, braucht Ihr nicht wieder in die Grube! Wenn Ihr Euch morgen benehmt, darf einer von den Männern aus der Grube heraus. Vielleicht. Und noch mehr, vielleicht.« Hat er das nicht gesagt? Habe ich mich ›benommen‹? Wie es Croocq wohl geht? Der Junge lebte noch, als sie ihn forttrugen.
    Blackthorne ging es heute wesentlich besser. Das Bad und der Schlaf und das frische Gemüse hatten ihn wieder aufleben lassen. Er wußte, wenn er vorsichtig war und ruhen und essen und schlafen konnte, dann würde er binnen einem Monat wieder soweit sein, daß er eine ganze Meile laufen und schwimmen, ein Kriegsschiff befehligen und es um die Erde herumführen konnte.
    Der Gang den Hügel hinunter und durch das Dorf ermüdete ihn. Du bist doch schwächer, als du gedacht hast … Nein, du bist stärker, als du gedacht hast, redete er sich selbst ein.
    Die Masten der Erasmus reckten sich über die ziegelgedeckten Dächer, und sein Herz schlug rascher. Die Straße vor ihm machte, dem Lauf des Hügels folgend, eine Biegung und senkte sich zum Dorfplatz, wo sie auch endete. Eine mit Vorhängen versehene Sänfte stand in der Sonne. Vier Träger in kurzen Lendentüchern hockten daneben und stocherten in ihren Zähnen. Kaum daß sie Omis ansichtig wurden, warfen sie sich auf die Knie und verneigten sich tief.
    Omi nickte ihnen flüchtig zu, als er an ihnen vorüberging, doch dann kam eine Dame aus einem schönen Tor, um auf die Sänfte zuzugehen, und er blieb stehen. Blackthorne hielt den Atem an und blieb gleichfalls stehen.
    Ein junges Mädchen lief mit einem grünen Sonnenschirm herbei, um die Dame zu beschatten. Omi verneigte sich, und die Dame verneigte sich, dann plauderten sie unbeschwert miteinander, und alle großspurige Arroganz fiel von Omi ab.
    Die Dame trug einen pfirsichfarbenen Kimono und eine breite Schärpe aus goldener Seide sowie Sandalen mit goldenen Riemen. Blackthorne bemerkte, daß sie zu ihm herübersah. Offensichtlich redeten Omi und sie über ihn. Er wußte nicht, wie er reagieren oder was er tun sollte, und tat deshalb gar nichts, sondern wartete geduldig und genoß ihren Anblick, die

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